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Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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war. Nicht einmal Ruthie Crockett und ihre Freundinnen waren auf ein Glas Soda hereingekommen, nicht daß Miss Coogan diese Bande etwa vermißt hätte – und Loretta Starcher hatte die ›New York Times‹ nicht abgeholt. Loretta war der einzige Mensch in Salem's Lot, der die ›Times‹ regelmäßig las. Tags darauf pflegte sie das Blatt dann im Lesesaal aufzulegen.
    Mr. Labree war auch noch nicht zum Abendessen gekommen, aber das war nichts Ungewöhnliches. Mr. Labree war Witwer und besaß ein großes Haus bei der Schule, und Miss Coogan wußte sehr gut, daß er zum Abendessen nicht nach Hause ging. Er ging zu Dell's und aß Hamburger, zu denen er Bier trank. Wenn er bis dreiundzwanzig Uhr nicht zu Hause war (und jetzt war es schon ein Viertel nach), pflegte sie die Schlüssel aus der Kasse zu nehmen und abzusperren. Es wäre heute nicht das erste Mal gewesen.
    Manchmal vermißte sie das Gedränge, das es immer nach der Abendvorstellung um diese Zeit gegeben hatte, bevor man das alte Nordica-Kino abgerissen hatte. Da waren Leute gewesen, die Eiscreme-Soda-Frappes oder Malzbonbons wollten, Teenager, die sich ein Stelldichein gaben und Händchen haltend über ihre Hausaufgaben diskutierten. Es hatte viel Arbeit gegeben, war aber auch wohltuend gewesen. Diese Kinder hatten nichts gemein gehabt mit Ruthie Crockett und ihrer Bande, mit Wesen, die kichernd mit ihren Brüsten wippten und Jeans trugen, die eng genug waren, um die Umrisse ihrer Höschen hervortre-ten zu lassen – falls sie überhaupt Höschen anhatten. Miss Coogans wirkliche Gefühle gegenüber früheren Kunden (die sie, obwohl sie es vergessen hatte, nicht weniger gestört hatten) waren von Nostalgie umnebelt, und sie schaute neugierig auf, als die Tür aufging, als ob es ein Junge aus der Klasse von 1964
    gewesen wäre mit seinen Mädchen, die hereinkamen, um Schokoladebonbons mit Nüssen zu kaufen.
    Der Eintretende war ein Mann, den Miss Coogan kannte, aber im Augenblick wußte sie nicht, wer es war. Als er seinen Koffer zum Ladentisch trug, erkannte sie ihn an seinem Gang oder vielleicht an einer Kopfbewegung.
    »Pater Callahan!« rief sie und konnte ihre Überraschung nicht verbergen. Sie hatte ihn noch nie ohne Soutane gesehen.
    Jetzt trug er einfache dunkle Hosen und ein blaues Hemd, wie ein Arbeiter, der aus seinem Betrieb kam.
    Plötzlich packte Miss Coogan Angst. Die Kleider, die der Pater trug, waren sauber, und sein Haar war ordentlich ge-kämmt, aber etwas war in seinem Gesicht, etwas -
    Sie erinnerte sich plötzlich an den Tag, an dem sie aus dem Spital gekommen war, nachdem dort ihre Mutter an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben war. Als sie es ihrem Bruder er-zählte, hatte dieser ähnlich ausgesehen wie Pater Callahan jetzt.
    Callahans Gesicht hatte einen verstörten, umnachteten Ausdruck, und seine Augen waren glasig. Die Haut um seinen Mund war rot und entzündet, als hätte er sie lange mit einem rauhen Tuch gerieben.
    »Ich möchte eine Fahrkarte für den Autobus«, sagte er.
    Das ist es also, dachte Miss Coogan. Jemand ist gestorben, und man hat ihn soeben davon verständigt.
    »Natürlich«, sagte sie. »Wo -«
    »Welches ist der erste Bus?«
    »Wohin?«
    »Ganz gleich, wohin«, sagte er und warf ihre Theorie über den Haufen.
    »Nun, ja ... ich weiß nicht ... ich werde gleich nachsehen ...« Sie zog den Fahrplan heraus und begann ihn verwirrt zu studieren.
    »Es gibt einen Bus um elf Uhr zehn, der Verbindung nach Portland, Boston, Hartford und New York hat.«
    »Den nehme ich«, sagte er. »Was kostet es?«
    »Wie lang, ich meine wie weit?« Jetzt war sie völlig verstört.
    »Bis zum Ende«, sagte er hohl und lächelte. Noch nie hatte sie ein so furchtbares Lächeln gesehen, und sie schreckte davor zurück. Wenn er mich anrührt, dachte sie, dann schreie ich.
    »Das - das wäre bis New York«, sagte sie. »Neunundzwanzig Dollar und siebzig Cents.«
    Er hatte Schwierigkeiten, seine Brieftasche herauszuziehen, und sie sah, daß eine Hand bandagiert war. Er legte ihr zweiundzwanzig Dollar auf den Tisch, und sie stieß einen ganzen Stoß ungestempelter Fahrkarten auf den Boden, als sie eine davon nehmen wollte. Nachdem sie alle Fahrkarten wieder auf-gelesen hatte, legte Callahan noch fünf Dollar und einen ganzen Berg Kleingeld vor sie hin.
    Sie schrieb die Karte, so schnell sie konnte, aus, aber nichts konnte jetzt schnell genug geschehen. Sie fühlte seinen sterbenden Blick auf sich ruhen. Sie stempelte die Fahrkarte und schob

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