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Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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aus, und sie war nackt. Hände umfaßten sie von hinten, rauhe braune Hände, und sie wußte, daß es Ed war, obwohl sie sein Spiegelbild nicht im Glas des Fensters sehen konnte.
    Ed, versuchte sie zu sagen. Nicht jetzt. Es ist zu früh. Erst in neun Jahren.
    Aber seine Hände waren beharrlich, strichen über ihre Hüften, spielten mit ihrem Nabel, umfaßten wissend ihre Brüste.
    Sie versuchte ihm zu erklären, daß sie am Fenster stünden und daß jedermann sie von der Straße aus sehen könne, aber die Worte wollten nicht kommen. Und dann waren seine Lippen auf ihren Armen, auf ihrer Schulter, saugten sich mit lustvoller Beharrlichkeit an ihrem Hals fest. Sie spürte seine Zähne, spürte das Beißen und Saugen und versuchte wieder, zu protestieren.
    Mach mir keinen Fleck, Ralph würde es bemerken –
    Aber es war unmöglich, sich aufzulehnen, und sie wollte es auch gar nicht mehr. Es war ihr auch gleichgültig, wer sie so sah - nackt und schamlos.
    Ihr Blick wanderte träumerisch zu dem großen Feuer, während seine Zähne ihren Hals bearbeiteten, und der Rauch war sehr schwarz, so schwarz wie die Nacht. In der Dunkelheit schien sie ein Gesicht zu sehen - eine Adlernase, tiefliegende, brennende Augen, volle sinnliche Lippen. Schwarzes Haar, das nach hinten gekämmt war.
    »Die Kommode«, sagte eine Stimme von fern, und sie wußte, es war seine. »Die Kommode auf dem Dachboden. Die wird gut passen, glaube ich. Und dann werden wir die Treppe blockieren. Man soll auf alles vorbereitet sein.«
    Die Stimme verklang. Die Flammen verloschen.
    Dann wurde es Nacht, und die Stadt war verschwunden, aber noch immer tobte das Feuer. Vage dachte sie, daß dieser Traum süß und lang sei, aber auch bitter und ohne Licht, wie Lethe, der Fluß des Vergessens.
    Eds Stimme. »Komm, Liebling. Steh auf. Wir müssen tun, was er sagt.«
    »Ed? Ed?«
    Sein Gesicht war über ihr, seltsam leer und von furchtbarer Blässe. Doch sie liebte ihn ... liebte ihn mehr als je zuvor. Sie sehnte sich nach seinem Kuß.
    »Komm, Eva.«
    »Ist das ein Traum, Ed?«
    »Nein ... kein Traum.«
    Einen Augenblick lang fürchtete sie sich, dann verging die Angst. Statt dessen kam das Wissen. Und mit dem Wissen kam der Hunger.
    Sie schaute in den Spiegel und sah nur ihr Schlafzimmer, und das war still und leer. Die Tür zum Dachboden war verschlossen, aber das machte nichts aus. Jetzt brauchten sie keine Schlüssel mehr.
    Wie Schatten schlüpften sie zwischen der Tür und den Pfosten hindurch.
    Parkins Gillespie schlurfte von seinem Büroschreibtisch zur Kaffeemaschine; er sah aus wie ein sehr kranker, sehr abgemagerter Affe. Hinter ihm lag, wie ein Zifferblatt gelegt, eine Patience. Während der Nacht hatte er verschiedene Schreie gehört und einmal rasche Schritte. Er war nicht hinausgegangen, um nachzusehen. Der Gedanke an das, was dort draußen vor sich ging, hatte tiefe Spuren in seinem Gesicht hinterlassen. Um den Hals trug er ein Christusmonogramm und ein Christophorus-Medaillon. Warum Parkins diese Dinge trug, wußte er nicht genau, aber er empfand sie als tröstlich. Wenn er diese Nacht irgendwie überlebte, wollte er am Morgen seinen Sheriffstern mitsamt dem Schlüsselbund auf den Tisch legen und sehr weit fortgehen.
    Mabel Werts saß an ihrem Küchentisch; vor ihr stand eine Tasse mit kaltem Kaffee. Zum erstenmal seit Jahren waren die Jalousien heruntergelassen, und auf ihrem Fernglas steckten die Linsenkappen. Zum erstenmal seit sechzig Jahren wollte sie nichts sehen und nichts hören. Die Nacht war erfüllt mit tödlichem Geschwätz, von dem sie nichts wissen wollte.

    Bill Norton war auf dem Weg zum Cumberland-Spital; man hatte ihn angerufen, als seine Frau noch am Leben war. Sein Gesicht war unbeweglich, wie aus Holz geschnitzt. Die Scheibenwischer klickten hin und her; es regnete jetzt stärker. Bill versuchte, an nichts zu denken.
    Es gab andere in der Stadt, die schliefen und unberührt her-umgingen. Die meisten Unberührten waren Einzelpersonen oh-ne Verwandte oder engere Freunde in der Stadt. Viele der Unberührten ahnten nicht, daß etwas geschehen war.
    Diejenigen aber, die noch wach waren, hatten alle Lichter brennen, und wenn jemand durch die Stadt fuhr (und einige Autos fuhren hindurch, Richtung Portland, oder weiter nach Süden), so mochte er angesichts dieses kleinen Orts stutzig werden, daß in der Grabesstille des Morgens einige Wohnungen so hell erleuchtet waren. Ein solcher Autofahrer mochte vorn Gas steigen, um Ausschau nach

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