Brennende Fesseln
schwebt. Ich sehe jede bedrohliche Pore seiner Haut, jede schwarze Wimper an seinem Augenlid. Er starrt mich unverwandt an, während er seine freie Hand um mein Kinn legt. »Und Sie sind definitiv nicht so vorsichtig, wie Sie sein sollten. Ich habe Ihre Schwester umgebracht, haben Sie das vergessen? Zumindest glauben Sie das doch. Sie wären besser nicht hier.«
Ich erwidere seinen Blick, bemüht, meine Angst nicht zu zeigen. Vergeblich. Das ist das erste Mal, daß er mich berührt hat, und seine Hand glüht auf meinem Kinn, als wäre sie ein Brandeisen. »Ich habe keine Angst vor Ihnen«, sage ich.
»Das sollten Sie aber«, erwidert er. Er sieht mir lange in die Augen, ehe er hinzufügt: »Und Sie haben doch Angst.« Er läßt mich los und tritt grinsend einen Schritt zurück. Es ist ein spöttisches, selbstzufriedenes Grinsen. Ich setze mich auf, widerstehe aber der Versuchung, meine schmerzende Kopfhaut zu reiben.
Er geht zu seinem Sessel zurück und setzt sich wieder. »Verführen Sie mich«, sagt er. »Zeigen Sie mir, was Sie auf dem Kasten haben.«
Ich ignoriere ihn, mixe mir einen neuen Drink, um Zeit zu schinden. Er hat das Machtverhältnis zwischen uns umgekehrt, und ich brauche Zeit, um das rückgängig zu machen, wieder die Oberhand zu gewinnen. Erneut strecke ich mich auf der Couch aus, aber meine Lässigkeit ist nur gespielt. »Ziehen Sie mich nie wieder so an den Haaren«, sage ich zu ihm.
Ohne etwas zu sagen, nippt M. an seinem Martini.
Langsam reibe ich meine Beine aneinander. Dann wechsle ich die Stellung, räkle mich lässig, als hätte ich alle Zeit der
Welt. Ich warte darauf, daß M. zu mir kommt, den ersten Schritt macht. Minuten vergehen. Nur das Ticken der Uhr ist zu hören. M. stellt seinen Drink ab.
»Zieh dein Kleid aus«, befiehlt er.
Ich lächle. Ich habe nicht sehr lange warten müssen. Ich stehe auf und ziehe mit einem Ruck den Reißverschluß auf. Das Kleid gleitet mir von den Schultern. »Gefällt dir, was du siehst?« frage ich. Ich drehe mich langsam, so daß er mich von hinten sehen kann. Dann drehe ich mich wieder zu ihm um. Ich fasse nach hinten, um meinen BH aufzumachen, aber M. hebt die Hand.
»Noch nicht«, sagt er. »Setz dich hin.«
Ich bleibe stehen. M. beobachtet mich. Ein Anflug von Ärger zuckt über sein Gesicht.
»Es gibt etwas, das du genausogut jetzt gleich lernen kannst«, sagt er. »Wenn wir es miteinander treiben, dann auf meine Art. Wenn ich dir befehle, dich hinzuknien und meinen Schwanz zu lutschen, dann ist es am besten, du beeilst dich, auf den Boden zu kommen. Wenn ich dir einen Befehl erteile, erwarte ich, daß du gehorchst. Und jetzt setz dich.«
Sein Chauvinismus reizt mich zum Lachen. Noch nie habe ich von einem Mann Befehle entgegengenommen, weder im Bett noch sonstwo. Aber wenn das der einzige Weg ist, auf dem ich mein Ziel erreiche, werde ich mitspielen. Mit einem honigsüßen Lächeln setze ich mich hin und schlage die Beine übereinander.
»Schon besser«, sagt M. »Der Sarkasmus in deinem Lächeln gefällt mir weniger, aber daran arbeiten wir später.«
Er steht auf, geht zum Schreibtisch hinüber, stöbert in der obersten Schublade herum und schiebt etwas in die Brusttasche seines Hemds. Dann kommt er zu mir zurück. Er bewegt sich langsam und bewußt, ganz auf Wirkung bedacht. Geschmeidig kniet er vor mir nieder und berührt mit einer Hand mein Gesicht. Während er mit den Fingern meine Lippen
nachzeichnet, sagt er: »Ich werde dich brechen, Nora. Vielleicht dauert es einen Monat, vielleicht nur eine Woche – aber du wirst lernen zu gehorchen. Und weißt du was? Es wird dir leichtfallen, und du wirst es genießen.«
Seine Stimme hat einen düsteren Klang, sanft, aber doch drohend. Seine dunklen Augen starren in meine. Sie wirken kalt und selbstbewußt wie die Augen eines Raubtiers, das sich seiner Beute sicher ist. Er sagt: »Und jetzt spreiz die Beine.«
Wieder klingt seine Stimme ruhig, glatt und weich wie Seide, aber ich höre das Gewicht seiner Worte. Ich stelle meine Beine nebeneinander und öffne sie.
Er legt die Hände auf meine Oberschenkel, sagt: »Weiter«, und zieht sie auseinander. »Schon besser«, sagt er. Dann nimmt er meine Hände und legt sie mit den Handflächen nach oben auf meine Oberschenkel. »Jetzt schließ die Augen.«
Ich zögere. Mein Herz beginnt bei diesem ungewöhnlichen Ritual schneller zu schlagen. Ich werfe einen nervösen Blick auf seine Brusttasche. Was verbirgt sich darin?
»Mach die Augen
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