Brennende Fesseln
nicht tun.«
Er lehnt sich zu mir herüber und streichelt meine Wange. »Es wäre aber besser für dich, wenn du es tätest.«
Ich schiebe seine Hand weg. Im Gegensatz zu Franny lasse ich mich durch seine Zärtlichkeit nicht zum Narren halten. Eines weiß ich sicher: Es ist ihm völlig egal, was gut für mich ist. Seine Warnungen sind Teil seines Plans.
»Hast du das mit mir auch vor?« frage ich ihn. Meine Frage klingt herausfordernd. »Einen Besuch im Schweinestall?«
Er zieht die Augenbraue hoch. Ein Mundwinkel folgt.
»Möchtest du das denn?«
Als ich ihm keine Antwort gebe, steht er auf und geht zur Kommode zurück. Er steckt seine Brieftasche ein und dreht sich zu mir um, lehnt sich rücklings an die Kommode. »Für Franny hatte Sex immer mit Romantik zu tun. Sie wünschte sich Blumen, Zärtlichkeiten und Koseworte. Anfangs gab ich ihr, was sie wollte. Aber dann, als sie mir vertraute, habe ich die Regeln geändert. Von da an hatten wir Sex zu meinen Bedingungen. Jedesmal, wenn wir es trieben, nannte ich sie
meine Schlampe, meine Fotze und stellte ihr in Aussicht, was ich alles mit ihr anstellen würde. Ich riß sie aus der romantischen Idylle, die sie sich geschaffen hatte, und schleuderte sie in meine Realität, meine Welt.« M. sieht mich mit dem Anflug eines Lächelns an. »Letzte Nacht habe ich dich meine Hure genannt, und es hat dich erregt – das kannst du nicht abstreiten.« Er zögert einen Augenblick, wartet, ob ich ihm widerspreche, aber ich tue es nicht. Ich weiß, daß er recht hat.
In nüchternem Ton, als würde er seinen Studenten eine Vorlesung halten, fährt er fort. »Franny dagegen zuckte jedesmal zusammen, wenn ich sie meine Hure oder meine Schlampe nannte.« Er blickt zu mir herüber, sieht mich gleichmütig an. »Sie haßte diese Worte. Selbst wenn ich sie nur beim Sex benutzte – in einem anderen Zusammenhang benutzte ich sie sowieso nicht –, selbst dann haßte sie sie. Sie wollte blumige Worte. Als ich das erste Schweinchen an ihre Brust legte und sie dabei küßte, festhielt und ihr sagte, daß nichts dabei sei, da gefiel es ihr. Anfangs fühlte sie sich ein bißchen unbehaglich, aber sie gab zu, daß es sie erregte. Erst als ich ihr befahl, auf allen vieren in der Box herumzukriechen, während ich als Beobachter daneben stand, begehrte sie auf.«
»Ganz abgesehen von der Tatsache, daß es ihr weh tat.«
Er tut meinen Einwand mit einer wegwerfenden Handbewegung ab, als ginge ihr Schmerz ihn nichts an.
»Sie hatte keinen Spaß daran«, fahre ich fort. »Sie empfand es als demütigend.«
Er reibt sich über die Nase und verschränkt die Arme vor der Brust. »Und trotzdem hat sie es getan«, sagt er. Dann sagt er es noch einmal, diesmal mit leiserer Stimme: »Und trotzdem hat sie es getan.« Im Raum herrscht Stille. Sein letzter Satz hängt zwischen uns in der Luft, ein schicksalhaftes Band, das uns aneinanderkettet, jedes Wort wiegt schwer wie das Glied einer Kette. Er wirft einen Blick auf die Uhr und kommt zu mir herüber. »Und du wirst es auch tun.«
Ich sehe zu ihm auf und sage: »Darauf würde ich mich nicht verlassen«, aber er ignoriert meinen Einwand. Nachdenklich blickt er auf mich herab, legt seine Hände auf meine Schultern. Es ist eine subtile Demonstration seiner Macht, ein taktischer Schachzug, der mir zeigen soll, daß er alles unter Kontrolle hat. Er beugt sich zu mir herunter, legt eine Hand um meinen Hals, zwingt mich, zu ihm aufzusehen. Sein Griff ist fest, aber er tut mir nicht weh. Er küßt mich leicht auf die Lippen. Ich bewege mich nicht. Ich erwidere seinen Kuß nicht. Ich tue ihm nicht den Gefallen, mich zu wehren.
»Ich frage mich, ob du es auch als demütigend empfinden wirst«, sagt er. Dann sieht er mir direkt in die Augen und fügt hinzu: »Ich glaube nicht.«
Er läßt mich los und richtet sich auf. Er geht zur Tür, bleibt dann aber noch einmal stehen und dreht sich zu mir um. Mit einer ausladenden Armbewegung, die den ganzen Raum einschließt, sagt er: »Fühl dich wie zu Hause, und bleib, solange du willst.« Der perfekte Gastgeber. »Ich nehme an, du wirst mein Haus nach irgendwelchen Beweisen durchsuchen – tu, was du nicht lassen kannst. Aber sei bitte so gut und hinterlaß alles in ordentlichem Zustand.« Er wirkt amüsiert, und sein Entgegenkommen überrascht mich. Ich hatte nicht geglaubt, daß er mir sein Haus so einfach überlassen würde. Er wendet sich erneut der Tür zu, bleibt aber noch einmal stehen.
»Die Fotos,
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