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Brennende Fesseln

Brennende Fesseln

Titel: Brennende Fesseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Reese
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gerade aus dem Schrank kommt und seine Jacke anzieht.
    »Was?« Ich richte mich auf. Mit einer Hand verstecke ich das Klebeband hinter meinem Rücken.
    Er geht zum Bett hinüber und greift nach einer schwarzen Peitsche, deren Griff unter der Decke hervorlugt – ich muß sie in der Eile übersehen haben. Er kommt zu mir und drückt mir die Peitsche in die freie Hand.
    »Leg sie dorthin zurück, wo du sie gefunden hast«, sagt er. »Hast du mich verstanden?« Er spricht mit leiser, beherrschter, bewußt emotionsloser Stimme. Es ist die Stimme eines Menschen, der es gewohnt ist, daß man ihm gehorcht.
    Ich nicke, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Die Luft zwischen uns prickelt, als wäre sie elektrisch geladen.
    »Gut«, sagt er. »Ich bin mir sicher, daß ich bald Gelegenheit haben werde, sie mal wieder zu benutzen.« Mit diesen Worten verläßt er den Raum.

12
    Sobald ich zu Hause bin, rufe ich bei der Polizei an. Ich habe das Klebeband in der Hand, das ich aus M.s Haus gestohlen habe. Eine Männerstimme sagt mir, daß Joe Harris, der für Frannys Fall zuständige Detective, noch nicht da ist. Ich hinterlasse meinen Namen, sage, daß ich später noch einmal anrufen werde, und lege auf.
    Auf dem Küchentisch liegt der Sacramento Bee . Ich schlage den Teil mit den Lokalnachrichten auf und lese einen Artikel über zwei junge Männer, die auf einem Basketball-Court in der T Street einen Streit hatten. Einer von den Männern ging zu seinem Wagen, holte eine Waffe, kehrte zurück und jagte dem anderen fünf Kugeln in den Körper. Streit beendet. Ich schneide den Artikel aus und hefte ihn in meinem Ordner ab, den ich mit »Tod und Gewalt in Sacramento« beschriftet habe. Obwohl ich das erst seit knapp einem Jahr mache, quillt der Ordner schon vor Artikeln über, und ich fühle mich förmlich zugeschüttet von all der Gewalt. Ich bin froh, nicht mehr in Sacramento zu wohnen, aber dann rufe ich mir ins Gedächtnis, daß es Franny auch nicht gerettet hat, daß sie in Davis wohnte.
    Wieder rufe ich bei der Polizei an. Eine ausdruckslose, gelangweilte Frauenstimme erklärt mir, daß Detective Harris erst in einer Stunde erwartet werde. Ich versuche, mir meine Verärgerung nicht anmerken zu lassen, als ich erneut meinen Namen durchgebe. Um mich zu beschäftigen und weil die Erinnerung jetzt noch frisch ist, mache ich mir ein paar Notizen zu meinem Treffen mit M., einschließlich seiner Geschichte über Franny im Schweinestall. Anschließend gehe ich unter die Dusche, weil ich mich von M.s Berührungen beschmutzt fühle. Das Duschgel reinigt meinen Körper, aber es wird mehr als Seife nötig sein, um meinen Geist zu reinigen. Was mich am
meisten beunruhigt, ist die Art, wie ich gestern nacht reagiert habe. Wie konnte ich trotz allem, was ich über M. weiß, sexuell auf ihn ansprechen? Ich hatte damit gerechnet, Widerwillen zu empfinden. Darauf war ich vorbereitet gewesen, aber statt dessen fühlte ich mich zu ihm hingezogen, von ihm erregt. Der Sex mit ihm war gut. Ich fühle mich betrogen, von meinen eigenen Gefühlen beschmutzt.
    Ich trockne mein Haar, lege blutroten Lippenstift und schwarze Wimperntusche auf. Ich beschließe, auf »schick, aber hart« zu machen, und schlüpfe in enge Jeans, ein schwarzes, mit Pailletten besetztes T-Shirt und eine schwarze Lederbomberjacke. Ich stecke das Klebeband in eine braune Papiertüte und fahre in die Stadt.
    Das Polizeirevier ist an der Ecke F und Third in einem alten Betongebäude untergebracht, das bis vor dreizehn Jahren die Stadtverwaltung beherbergte. Das Wort RATHAUS, eine Einlegearbeit aus dunkelblauen Keramikfliesen, ziert immer noch den Torbogen über dem Eingang. Es ist ein malerisches, im spanischen Stil gehaltenes Gebäude aus den dreißiger Jahren. In einem hellen Pfirsichton gestrichen, sieht es von außen eher aus wie ein Wohnhaus – mit Blumenbeeten, einem sich dahinschlängelnden Kiesweg, schattenspendenden Bäumen, einem sauber gemähten Rasen und sogar einer Bank zum Ausruhen. Kaum jemand würde hier einen Ort der Verbrechensbekämpfung vermuten. An der Ecke steht eine Bronzestatue von zwei Joggern. Die einzigen Dinge, die auf die wirkliche Funktion des Gebäudes hinweisen, sind das kleine, unauffällige Schild, das unter den ausladenden Ästen eines nahe stehenden Baumes noch kleiner wirkt, und – wesentlich auffälliger  – die Reihe blau-weißer Polizeiwagen, die an der Seite parken.
    Ich biege in den Parkplatz auf der anderen Straßenseite ein, nehme die

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