Brennende Finsternis - Carriger, G: Brennende Finsternis - Changeless
nach. »Also glaubst du, wir könnten es mit einer Epidemie zu tun haben? Einer Krankheit wie dieser Gottesbrecher-Plage?«
»Das wäre möglich.«
»Aber die Plage von London war plötzlich einfach weg.«
Conall rieb sich mit seiner großen, schwieligen Hand übers Gesicht. »Werwolflegenden werden mündlich überliefert, von Heuler zu Heuler. Wir schreiben sie nicht nieder. Deshalb verändern sich die Legenden mit der Zeit. Es ist möglich, dass diese Plage in der Vergangenheit nicht so schlimm war, wie wir sie in Erinnerung haben, oder dass man damals einfach nicht wusste, dass man das Gebiet verlassen konnte. Oder es besteht die Möglichkeit, dass wir es jetzt mit einer völlig neuen Form dieser Krankheit zu tun haben.«
Alexia zuckte mit den Schultern. »Das ist zumindest eine genauso gute Theorie wie unsere Waffenhypothese. Ich vermute, es gibt nur eine einzige Möglichkeit, das herauszufinden.«
»Dann hat dich die Königin also auf den Fall angesetzt?« Dem Earl gefiel die Vorstellung nie, dass Alexia Außeneinsätze unternahm. Als er sie damals für den Posten der Muhjah vorgeschlagen hatte, war er der Meinung gewesen, es handle sich um eine sichere politische Stellung, voller Papierkram und Debatten am Schreibtisch. Es war so lange her, dass England einen Muhjah gehabt hatte, dass sich nur noch wenige daran erinnerten, was der außernatürliche Ratgeber der Königin eigentlich genau machte. In der Tat war es ihre Aufgabe, für das legislative Gleichgewicht zwischen den Vampirintrigen des Wesirs und der militärischen Besessenheit des Diwans zu sorgen. Doch ihr kam auch die Rolle eines mobilen Informationssammlers zu, da Außernatürliche weder durch Orts- noch Rudelgebundenheit eingeschränkt waren. Lord Maccon war rasend vor Wut gewesen, als er dies erfuhr. Werwölfe verachteten Spionage weitgehend als etwas Unehrenhaftes, als Metier der Vampire. Er hatte Alexia sogar vorgeworfen, eine Art Drohne von Königin Victoria zu sein. Alexia hatte es ihm heimgezahlt, indem sie eine ganze Woche lang ihr voluminösestes Nachthemd trug.
»Fällt dir jemand ein, der besser dafür geeignet wäre?«
»Aber das könnte ziemlich gefährlich werden, wenn es sich um eine Waffe handelt, wenn also wirklich Absicht hinter dieser Sache steckt.«
Lady Maccon stieß ein abfälliges Schnauben aus. »Für jeden anderen außer für mich . Ich bin die Einzige, die davon nicht beeinflusst wird, soweit ich das beurteilen kann. Ich bleibe im Wesentlichen unverändert. Nun ja, ich und noch eine Art von Wesen. Denn mir fällt gerade ein, dass der Wesir heute Abend etwas sehr Interessantes gesagt hat.«
»Ach, wirklich? Was für ein erstaunliches Vorkommnis.«
»Er sagte, laut den Edikten existiert ein Geschöpf, das noch schlimmer sei als ein Seelensauger. Oder vielleicht existierte es früher einmal. Du weißt nicht zufällig etwas darüber, mein werter Gemahl, oder etwa doch?« Sie betrachtete Conalls Miene sehr aufmerksam.
In seinen goldbraunen Augen flackerte aufrichtige Überraschung auf. Darauf zumindest schien er keine vorbereitete Antwort zu haben.
»Von so etwas habe ich noch nie gehört. Andererseits sind wir auch recht unterschiedlich in unserer Wahrnehmung, die Vampire und wir Werwölfe. Wir betrachten dich als einen Fluchbrecher, nicht als Seelensauger, und halten dich deshalb nicht für schlimm. Also gibt es für Werwölfe viele schlimmere Dinge als dich. Für die Vampire? Da gibt es uralte Sagen, die von einem Schrecken berichten, der sowohl dem Tag als auch der Nacht angehört. Die Werwölfe nennen ihn den Hautstehler . Aber das ist nur ein Mythos.«
Alexia nickte.
Eine Hand strich wieder sanft ihre geschwungene Hüfte entlang.
»Sind wir jetzt fertig mit Reden?«, fragte der Earl in leidendem Tonfall.
Alexia ergab sich seinen fordernden Berührungen, aber natürlich nur, weil er sich so mitleiderregend anhörte. Es hatte überhaupt nichts damit zu tun, dass ihr eigenes Herz schneller schlug.
Sie vergaß völlig, Conall davon zu erzählen, dass der Alpha seines ehemaligen Rudels den Tod gefunden hatte.
Alexia erwachte ein wenig später als sonst, nur um festzustellen, dass ihr Ehemann bereits fort war. Sie erwartete, ihn am Abendbrottisch anzutreffen, deshalb war sie nicht übermäßig beunruhigt darüber. Da sie im Geiste bereits mit ihren Nachforschungen beschäftigt war, vergaß sie, gegen das Ensemble zu protestieren, das ihre Zofe für sie ausgewählt hatte, sondern sagte nur »Das dürfte ganz gut
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