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Brennende Hunde

Brennende Hunde

Titel: Brennende Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Kowalski
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zufolge haben Sie früher in Japan als
Sumotori gekämpft.“
    „Reiner Zufall. Wie alles andere, das im Leben wichtig
ist, ist es ohne Absicht passiert. Der Bruder eines guten Freundes war eines
Tages verschwunden, und mein Freund bat mich, ihm bei der Suche zu helfen. Ich
war gerade aus Japan zurück in die Staaten gekommen, und hatte nicht wirklich
etwas zu tun, außer vielleicht Koi-Karpfen zu züchten. Aber um ehrlich zu sein,
hab’ ich für Kois nicht allzu viel übrig.“
    „Haben Sie eine Lizenz?“
    „Eine Lizenz?“ Dess schaute von seinem Teller auf und
blickte Dr. Chairman direkt in die Augen. „Nein. Seit wann braucht man, um
Fragen zu stellen, eine Lizenz? Was man braucht, ist etwas anderes.“
    „Beobachtungsgabe?“
    „Vielleicht. Aber was man wirklich benötigt, ist
Illusionslosigkeit. Die Fähigkeit, sich aller Erwartungen entledigt zu haben.“
    „Klingt nach Verbitterung, wenn Sie mich fragen“,
entgegnete Dr. Chairman und führte die Gabel zum Mund.
    „Nur eine ganz natürliche Folge aufgrund zuviel Kontakt
mit der Realität.“
    „Oh, Gott, Dess, mir kommen die Tränen! Sonst noch ein
paar Storys auf Lager, die an mein Mitleid appellieren?“
    „Ja. Als ich sechs war, ist über Nacht mein Sittich
gestorben.“
    „Auch an Illusionslosigkeit?“
    „Weiß nicht. Er schwamm einfach nur in seinem Glas und
bewegte sich nicht.“
     
    ***
     
    Auch den ganzen nächsten Tag hatten Dess und Dr. Chairman
in der Stadt an der Küste verbracht. Da es keinen Sinn gemacht hätte, ohne
jeden Anhaltspunkt weiterzureisen, war ihnen nichts anderes übriggeblieben, als
herumzugehen und den Leuten Fotos der Gesuchten unter die Nase zu halten, ein
langweiliger Job, bei dem sich jeder IQ, der größer als der eines Koma-Patienten
war, eher hinderlich erwies.
    Zwei weitere Tage vergingen, und Dess kam mehr und mehr
zu der Überzeugung, daß er seine Zeit verschwendete. Dann aber erhielt Dr.
Chairman einen Anruf von ihrer Zentrale. Es gab einen Hinweis, daß sich Riley
und Carry Meyers in Dawson City befanden. Ein Hotelbesitzer hatte in einem
seiner Gäste den Rockstar erkannt. Dr. Chairman charterte einen Flieger und
machte sich mit dem Detektiv auf den Weg.
    Dawson, das sich etwas großspurig Dawson City nannte und
Ende des 19. Jahrhunderts während des großen Goldrauschs gegründet worden war,
machte auf Dess den Eindruck einer billigen Westernkulisse. Es lag, überragt
vom Midnight Dome und den jenseitigen Bergen, auf einer Uferbank des Yukon,
dort, wo der Klondike in den Fluß einmündet, ungefähr hundert Kilometer von der
Grenze zu Alaska entfernt.
    Die Maschine wasserte, und Chairman und Dess liefen über
einen hölzernen Steg ans Ufer. Skeptische Blicke musterten sie, was nicht groß
verwunderlich war. In ihrer städtischen Kleidung fielen Chairman und Dess auf wie
ein Fuchs im Hühnerstall. Leute wie sie wurden von den Einwohnern Cheechakos
genannt, was im wesent-lichen dem Begriff Greenhorn entsprach.
    Obwohl sie erschöpft waren von der langen Reise in der
engen Kabine des Fliegers, die sie nahezu restlos ausgefüllt hatten,
beschlossen sie, als erstes den Hotelbesitzer aufzusuchen und ihn zu Riley zu
befragen. Es war früher Abend, die meisten Geschäfte in der Frontstreet hatten
schon geschlossen, und nur wenige Einheimische sowie hier und dort ein paar
Touristen waren zu sehen. Der Rest der zweitausend Bewohner saß vermutlich schon
am Abendbrottisch und fragte sich jammernd, was sie eigentlich hier hielt.
    Dess sprach einen Mann an, der, seiner Kleidung zufolge,
ebensogut zu Zeiten Jack Londons hätte gelebt haben können, und erkundigte sich
nach dem Weg zum Jubilee Hotel, das sich als ein hölzerner Kasten entpuppte,
innen aber recht gemütlich wirkte.
    Der Mann an der Rezeption bedachte die beiden mit einem
leicht befremdeten Blick, so als sähe er etwas Phänomenales und Widerwärtiges
zugleich, den Scheißhaufen eines Brontosaurus’ zum Beispiel. Auf Menschen, die
einen Körperumfang wie Dess aufwiesen, hatte ihn das Leben bislang noch nicht
vorbereitet, und was die Farbe des Kostüms der dicken Lady betraf, fragte sich
der Mann am Schalter, ob sie nicht den Tatbestand der Körperverletzung
erfüllte. Die Gefahr, spontan zu erblinden, schien ihm sehr groß.
    „Womit kann ich Ihnen dienen?“ fragte er, als Dess und
Dr. Chairmann den Schalter erreichten. „Nein, sagen Sie nichts: Sie suchen
einen Typberater, habe ich recht?“
    „Sehr gut“, erwiderte Dess. „Ich bin ein Mann,

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