Brennende Hunde
anzusteuern. Als unvermittelt ein weißer
Cadillac neben ihr hielt.
„Da, das ist sie, die Schlampe!“ rief eine schrille,
weibliche Stimme.
Zwei Kerle sprangen heraus, und noch ehe Noona hatte
reagieren können, spürte sie bereits die Schläge im Gesicht. Sie sackte zu
Boden und versuchte, ihren Kopf mit den Armen zu schützen. Eine Hand riß ihn
jedoch an den Haaren in die Höhe, und dicht vor ihrem Blickfeld erschien das
Gesicht eines männlichen Weißen.
„Sag Chaco oder wie immer dein Lude sich nennt, wir
dulden es nicht, daß er seine Pferdchen in unserem Revier anschaffen schickt!“
Die Männer stiegen zurück in den Caddie, und als der
Wagen losfuhr, erkannte Noona im geöffneten hinteren Fenster die große Blonde,
mit der sie sich eine halbe Stunde zuvor angelegt hatte.
Sie rappelte sich auf, und ihr war zum Heulen zumute.
Später war es ihr gelungen, ein Taxi zu stoppen. Sie hatte dem Fahrer die
Adresse des Magic Ballroom genannt, einer Szene-Bar auf dem westlichen Sunset,
und dort ihr Elend in Cocktails ertränkt. Dann war sie zu Mark’s
hinübergewechselt.
Noona lief in die Küche, nahm ein Kühl-Pad aus dem
Gefrierschrank und drückte es auf das geschwollene Auge. Wieder im Wohnzimmer,
setzte sie sich aufs Sofa und wählte die Nummer von Jodie. Es war ausgemacht
gewesen, sich im Mark’s zu treffen. Doch die Freundin war nicht gekommen.
Noona wartete, daß Jodie rangehen würde, aber nur die
Mailbox sprang an. Noona wartete die Ansage ab, dann sagte sie: „Hi,
Schätzchen! Noona hier! Wo, zum Teufel, steckst du, Baby? Sobald du wach bist,
melde dich bitte. Ich mache mir Sorgen um dich.“
Nebenan legte das Pärchen mit einem handfesten Krach los.
Noona warf sich aufs Bett und zog sich fluchend das Kissen über den Kopf.
***
Bediente Gott sich noch anderer Werkzeuge? Hatte er sich
womöglich abgewandt, um einen anderen statt ihn auszuerwählen? In seinem
Motelzimmer blickte James Peterson Floyd auf den Fernseher und nahm fassungslos
wahr, daß man Speedmaster D tot in einem verlassenen Lagerhaus aufgefunden
hatte, fein säuberlich an ein Holzkreuz gepflockt.
„Warum?“ murmelte Floyd. „Wieso hast Du kein Vertrauen in
mich?“
Floyd fragte sich, wer der Mörder wohl war, und
gleichzeitig malträtierte ihn der Gedanke, daß eben jener andere ihm womöglich
ein weiteres Mal zuvorkommen könnte. Er ahnte, daß die Situation vermutlich
komplexer war, als er es sich vorzustellen vermochte, und eine unbestimmte Wut
keimte ihn ihm, weil er spürte, wie er die Kontrolle über die Geschehnisse zu
verlieren begann.
Zum selben Zeitpunkt, keine zwanzig Meilen Luftlinie
entfernt, verfolgte Mr. Love, ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen, ebenfalls
die Nachrichtensendung. Seine beringte rechte Hand streichelte unterdessen ein
flauschiges Etwas, das er Booze getauft hatte. Aus einem Impuls heraus hatte er
den Hund vor vier Wochen gekauft, ihn in Folge einer inneren Eingebung
geschoren und ihm eigenhändig einen Spruch in die nackte Haut tätowiert. Wie
sich zeigte, war dies ein ebenso vorausschauender wie nutzbringender Entschluß.
Jetzt, da das Fell des Hundes nachgewachsen war, konnte Love das Tier
vorzüglich gebrauchen. Die Zeit, es einzusetzen, war da.
Eine in Schwarz gekleidete, blasse junge Frau trat ins
Zimmer, warf einen kurzen Blick zum Fernseher hinüber und fragte: „Und? Wer ist
der nächste auf deiner Liste?“
„Puff Doggy Dog!“ antwortete Love und schaltete den
Fernseher aus.
Er nahm Booze vom Schoß und stellte ihn auf den Boden.
Dann blickte er ernst zum Fenster hinaus.
„Weißt du, ich frage mich, was da in Rileys Villa
abgelaufen ist. Ist doch merkwürdig, daß es geschieht, kaum daß mir Sealand den
Auftrag erteilt hat.“
„Meinst du, er hat noch einen anderen angeheuert?“ fragte
die Lady in Schwarz.
„Eben genau das möchte ich wissen. Wahrscheinlich werde
ich Sealand einen Besuch abstatten müssen. Ich mag es nicht, im Dunkeln zu
tappen.“
Damit war Love nicht allein. Auch ein anderer tappte
nicht gerne im Dunkeln. Er galt als der Beste in der Branche, hatte bislang aber
nicht die leiseste Spur. Zur Zeit wußte er nicht einmal, ob es zwischen den
Morden in Rileys Villa und der Hinrichtung von Speedmaster D einen Zusammenhang
gab. Was er als einziges wußte, war, daß er seinen Auftraggeber, den großen
McCullum, nicht mochte. Wieder einmal hockte er auf seinem Stammplatz im
Sadie’s, wo er Phil, den Barkeeper, um eine möglichst genaue
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