Brennende Hunde
ihm standen die Baumkronen und starrten
schweigend auf ihn herab. Jetzt gleich also ist es vorbei, dachte er und schloß
seine Augen. Kurze Zeit später spürte er, wie sich der Schlamm über ihm schloß,
die Welt löste sich auf. Einzig seine ausgestreckten Arme, in den Händen der
Zierstock, schauten heraus.
***
Irgend etwas lief falsch. Mächtig falsch, wenn man ihn
fragte. Erst war ihm dieser andere, wer auch immer es war, bei Puff Doggy Dog
zuvorgekommen, dann mußte er aus dem Fernsehen erfahren, daß Buster McCullum
getötet worden war. James Peterson Floyd raste vor Wut. Und was Manson Monroe
anbelangte – er hatte das Konzert überlebt, war untergetaucht und befand sich
vermutlich nicht mehr in der Stadt. Gott, so schien es, hatte ihm seine Hilfe
entzogen.
„Warum, o Herr, quältst Du mich?“ schrie Floyd seine
maßlose Enttäuschung hinaus.
Auch was aus Riley geworden war, wußte er nicht. Am Tag
nach dem Manson-Konzert war er hinaus in die Wüste gefahren, um ihn zu suchen. Er
kontrollierte ein weites Gebiet, fand jedoch außer einigen Blutspuren in der
Nähe des Lagers, wo er Riley angekettet hatte, keine verwertbare Spur. Wenn es
sie gegeben hatte, so hatte der Wind sie verweht.
Eine Nachrichtensperre sorgte dafür, daß Floyd nichts von
Rileys Aufenthalt im Krankenhaus und von seiner Flucht daraus erfuhr. Floyd war
irritiert. Er wußte nicht mehr, was zu tun war. Zum ersten Mal seit Wochen besaß
er kein Ziel, keine Aufgabe mehr. Die Tage verstrichen in Untätigkeit. Er
besuchte Gottesdienste und betete, der Herr möge sein Licht wieder auf ihn niederscheinen
lassen. Was er brauchte, war ein neuer Plan.
Etwa zur selben Zeit, da Floyds ursprüngliche Pläne sich
in Luft auflösten, betrat eine Frau mit rabenschwarz gefärbtem Haar das Sadie’s.
Phil, der Barkeeper, erkannte sie wieder. Sie bestellte einen Sex On The Beach
und wandte sich plötzlich ganz offen an ihn.
„Ich sehe, Sie erinnern sich an mich. Und ich weiß, Sie
überlegen bereits, wie Sie Dess am unauffälligsten Bescheid geben können. Gut. Ich
muß mit ihm Kontakt aufnehmen, denn ich brauche seine Hilfe.“
„Ich habe Mr. Dess schon eine längere Weile nicht mehr
gesehen“, erklärte Phil der Lady in Schwarz. „Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht
helfen.“
„Es ist wirklich dringend. Sonst wär’ ich nicht hier. Und
ich weiß, daß er nach mir suchen läßt. Drei Freaks laufen überall herum und
fragen nach mir.“
„Wie ich schon sagte: Ich habe Mr. Dess schön längere
Zeit nicht mehr gesehen. Und ich sehe auch keine Möglichkeit, wie ich ihn
benachrichtigen könnte.“
„Wenn er kommt, sagen Sie ihm, daß er mich bitte anrufen
soll. Hier ist die Nummer“, sagte die Gothic-Lady und legte eine Karte auf die
Theke.
***
Dr. Chairman hastete durch den Wald, strauchelte über
knorrige Wurzeln, die wie Fallschlingen aus dem Waldboden ragten, fing sich,
hastete weiter. In den Zweigen der Bäume summte leise der Tod. Wenn sie nicht
bald auf die Blockhütte stieß, würde Dess bei ihrer Rückkehr nicht mehr leben.
Dubois fiel ihr ein. Wieso hatten sie nicht auf ihn gehört? Die Gesetze hier im
Norden waren andere als die in L.A. Die Natur war gleichgültig gegenüber ihren
Geschöpfen, darin ähnelte sie Gott.
Zweige schlugen ihr in das Gesicht, doch ihr massiger
Körper wogte keuchend und schwitzend voran. Dess war ein Mann nach ihrem
Geschmack. Schroff, eigenwillig, stark und auf eine seltsame Art elegant.
Einer, der sich nicht an andere klammerte. Jemand, der bereits wußte, daß das
Leben ein Teig war, der nicht aufgehen würde. Der die Schrecken, die ihn
plagten, auszuhalten bereit war, ohne zu murren. Erst einmal war ihr ein
solcher Mann in ihrem Leben begegnet. Auch seinen Tod hatte sie nicht zu
verhindern vermocht. Sein Name war Sterling Kowacz gewesen, Schriftsteller und Sitcom-Autor.
Sie hatte ihn auf einer Lesung in Boston kennengelernt. Ein hochgewachsener
Mann mit blauen Augen und einer Seele in derselben Farbe. Er starb, während er
vor ihrer Haustür auf sie wartete, weil sie, schon an der Wohnungstür, im
letzten Augenblick entschied, das Kostüm, das sie trug, gegen ein anderes zu
tauschen. Als sie endlich auf die Straße trat, lag Kowacz sterbend am Boden.
Ein Mann hatte ihn niedergestochen und seine Brieftasche geraubt. Als der
Krankenwagen eintraf, hielt sie bereits einen Toten in den Armen. Der Wunsch,
vorteilhaft auszusehen, hatte ihn das Leben gekostet. Seitdem waren ihr
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