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Brennende Kälte

Brennende Kälte

Titel: Brennende Kälte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Mann schlagen, dachte er.
    Sie hielt seinem Blick stand.
    Dann nickte sie.
    »Ja, das tat er ...«
    Sie schüttelte den Kopf, griff nach den Zigaretten, und Dengler wechselte rasch das Thema.
    »Haben Sie seine Kontounterlagen? Ich brauche möglichst alle ...« Doch sie hatte das Zimmer schon verlassen. Nach einigen Minuten kam sie mit fünf Ordnern zurück.
    »Da ist alles drin«, sagte sie.
    Er stellte weitere Fragen, und sein Notizbuch füllte sich.

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    Beste Sicht
    Er hatte den Wagen unter dem Schatten der alten Linde geparkt. Bis hierhin reichte das schwankende Licht der Straßenbeleuchtung nicht. Den Fahrersitz drehte er weit herunter, sodass man von Weitem nicht sehen konnte, dass jemand hinter dem Steuer saß. Trotzdem konnte er so den Eingang von Sarahs Haus gut beobachten. Vor der Tür stand noch immer der lächerliche rote Kleinwagen des Stuttgarter Carsharing, angestrahlt von der Außenleuchte über der Eingangstür.
    Beste Sicht also.
    Als der Typ das Haus verließ und zu dem Stadtauto ging, schraubte er den Sitz wieder hoch und startete den Motor. Die Nutte hatte es sich von dem Kerl wieder richtig lange besorgen lassen.
    Sie würden es beide büßen.

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    Tunnelblick
    Am nächsten Tag frühstückte Dengler mit Martin Klein und Olga in Herbertz Espressobar. Die Toten in dem Luftschutzbunker waren immer noch das große Thema. Martin Klein erzählte, dass man keine Spur habe und die Polizei offensichtlich nicht wüsste, wo die Männer verbrannt und wie die Leichen wieder in den Keller zurückgebracht worden seien. Alle Bunker der Stadt seien geschlossen worden. »Wenn ich dieses Geheimnis lüften könnte«, sagte er, »dann könnte ich endlich mal den Kriminalroman schreiben, der mir schon so lange vorschwebt.«
    Olga lachte. Und Georg grinste. Sie wussten, dass es Kleins großer Traum war, einmal einen Kriminalroman zu schreiben. Einen mit festem Einband. Mit seinem Bild auf dem Klappentext und einem Zitat aus der Süddeutschen Zeitung, dass man diesen Roman unbedingt gelesen haben sollte. Dann könnte er endlich seinen Job als Horoskopschreiber für die wichtigsten deutschen Frauenzeitschriften aufgeben. Nach dem Frühstück ging Dengler in sein Büro. Er nahm sich ein weißes Blatt aus dem Schacht des Druckers und legte es vor sich auf den Tisch. Wie sollte er in dem Fall Singer weiter vorgehen?
    Er schrieb:
    Kontakt mit seiner Einheit aufnehmen.
    Mit Klaus Holzer sprechen.
    Mit dem Hamburger Krankenhaus sprechen.
    Er überlegte weiter: Wenn Florian Singer aus dem Hamburger Krankenhaus verschwunden war, galt er als fahnenflüchtig, zumindest als eigenmächtig von der Truppe abwesend?
    Suchen die Feldjäger bereits nach der Zielperson?
    Die Ordner mit den Kontoauszügen durcharbeiten.
    Im Internet fand er die Telefonnummer der Graf-Zeppelin-Kaserne in Calw. Er wählte.
    »Graf-Zeppelin-Kaserne«, meldete sich eine männliche Stimme.
    »Mein Name ist Georg Dengler. Ich ermittle in der Sache des verschwundenen Soldaten Florian Singer. Bitte verbinden Sie mich mit seinem Bataillonstab.«
    »Moment«, sagte die Stimme. »Bleiben Sie am Apparat.«
    Dengler wartete.
    Ein Minute.
    Zwei Minuten.
    »Bitte geben Sie mir Ihre Adresse und die Telefonnummer. Wir rufen Sie zurück.«
    Nach kurzem Überlegen nannte Dengler beides.
    Dann wählte er die Nummer des Hamburger Krankenhauses. Er ließ sich mit Professor Bartsch verbinden, dem Arzt, der Singer zuletzt behandelt hatte.
    »Ich spreche mit niemandem, schon gar nicht am Telefon, über meine Patienten«, sagte dieser.
    »Florian ist ein enger Freund. Ich weiß Bescheid über seinen Zustand. Ich würde nur gern etwas über das allgemeine Krankheitsbild erfahren.«
    »Ich kann Ihnen dazu nicht viel sagen. Nur so viel: Es könnte sich um ein Posttraumatisches Belastungssyndrom handeln.«
    »Was heißt das?«
    »Stellen Sie sich einfach einen Tunnelblick vor.«
    * * *
    Als Dengler den Hörer aufgelegt hatte, blieb das Wort Tunnelblick in seinem Gedächtnis haften.
    Tunnelblick. Er versuchte, das Wort aus seinem Kopf zu verdrängen. Es gelang ihm nicht. Tunnelblick hatte sich festgesetzt wie ein Song, den man beim Aufstehen hört und der einem den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf geht.
    Er saß still und dachte an nichts anderes.
    Tunnelblick.
    Plötzlich sah er den Tunnel vor sich. Den gemauerten Eingang der Röhre, die vom Feldsee zum Windgfällweiher führt. Und er sah sich. Auf dem neuen Fahrrad. Dem grünen. Er sah, was er damals nicht beachtet

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