Brennende Kontinente
wissen.
»Wenn alles gut geht, heute bei Einbruch der Dämmerung. Danach werdet Ihr einen Segler finden, der Euch nach Tarpol bringt.« Fabok ließ, angesteckt von Lorins Unruhe, die Galeere nicht mehr aus den Augen. »Es tut mir Leid, dass ich Euch nicht selbst dort absetzen kann, aber meine Route und meine Vorgaben erlauben es nicht, einen Umweg zu
fahren.«
»Dennoch meinen Dank.« Lorin nickte ihm zu. Gedanklich befasste er sich mit der Unterhaltung, die er mit Tokaro
zu führen hatte. Es würde nicht leicht werden, seinen Halbbruder davon zu überzeugen, nach Kalisstron zu kommen und gegen die Qwor anzutreten. Zumal er ihm keinerlei Gewähr geben konnte, dass die merkwürdige Form von gegenmagischer Begabung auch bei diesen Wesen griff. Das Einfachste würde sein, Tokaros ritterlichen Kampfsinn zu wecken und ihn mit der Aussicht zu locken, ein Held zu Ehren Angors zu sein.
Lorin hob die Augen und sah nach den Seeleuten, die über ihm in den Seilen turnten. Der Segler Braggand stammte aus Türis. Fabok Seilmeister, ein Gesandter im Namen von König Bristel, hatte Gespräche über den Handel mit Bardhasdronda geführt; sein Schiff kehrte zurück, um weitere Waren in Palestan zu laden, die für die kalisstronische Stadt von Bedeutung waren. Lorin war sofort mitgenommen worden, ohne auch nur eine einzige Münze auf den Tisch legen zu müssen. Im Frühjahr, wenn die Passage ein Leichtes war, würde Fabok zurückkehren. Die späte Überfahrt aber war hochgefährlich gewesen. Nicht nur wegen der Stürme. Eine harmlos aussehende Eisscholle hätte ihnen beinahe den Bug aufgerissen.
»Sie folgen uns«, rief der Ausguck. »Sie schwimmen in unserem Fahrwasser und holen auf.«
»Frag, was sie wollen!«, brüllte der Kapitän zurück.
Mit Wimpeln und Zeichen erkundigte sich der Mann im Krähennest mehrmals bei den Angorjanern.
»Sie antworten nicht.«
Fabok fluchte. »Weit und breit kein Schiff und kein Hafen. Das sieht übel für uns aus.«
»Falls sie uns wirklich aufbringen möchten.« Lorin fehlte das Wissen, um die Lage einordnen zu können.
»Ein riesiges Segel Steuerbord voraus«, schrie der Mann von oben erneut. »Es nähert sich schnell.«
Fabok befahl, genau darauf zuzuhalten. »Die Galeere wird uns zwar vorher erreichen, aber vielleicht genügt es, um sie von Dummheiten abzuschrecken. Ich überlasse ihnen sicherlich nicht meine wertvolle Ladung.«
Lorin sah nach dem zweiten Schiff. »Kensustrianer«, sagte er zum Kapitän. »Ich erkenne es an dem Segel.«
»Was? Die Grünhaare und die Angorjaner?« Fabok nahm das Fernrohr zur Hand, das an seinem Gürtel hing, und schaute hindurch. »Ihr habt Recht. Was ist in die ganzen Südländer gefahren, dass sie plötzlich alle nach Norden wollen?« Aber er sah schon ein wenig beruhigter aus als vorher, und Lorin wollte wissen, aus welchem Grund. »Die Kensustrianer und Tersioner führten einst Krieg gegeneinander. Soweit ich weiß, wurde er nur durch einen Kompromiss beigelegt, sonst wäre Alana die Zweite trotz der Macht ihres Schwiegervaters sang‐ und klanglos untergegangen. Also denke ich, dass sich die Angorjaner hübsch benehmen werden, wenn sie die Grünhaare sehen.«
Lorin bekam ein ungutes Gefühl. Er kam sich vor wie eine Robbe, die von einem Blutwal und einem Schneebären gejagt wurde. Es machte keinen Unterschied, welcher Gegner zuerst ankam. So oder so war die Robbe tot.
»Versuchen wir einen anderen Trick.« Fabok befahl, die tersionische Flagge setzen zu lassen.
»Vielleicht werden sie dadurch getäuscht und lassen uns in Ruhe.« Er schrie zum Ausguck hinauf, dass er etwas von einer geheimen Mission im Auftrag von Regentin Alana übermitteln solle. Das hatte zur Folge, dass die Riemen des verfolgenden Schiffes die Schlagzahl erhöhten. Der Rammsporn schnitt durch das Wasser und schwenkte auf das Heck des Seglers. Das Loch würde ausreichen, um sie auf den Grund des Meeres zu schicken.
»Ich fürchte, es war kein guter Gedanke.« Lorin fluchte. »Bleiche Göttin, steh mir bei! Ich muss Tokaro sprechen, oder dein Kontinent ist größter Gefahr«, bat er leise. »Sende einen Sturm oder ein Ungeheuer, um die Angorjaner zu vernichten.«
Kalisstra unternahm nichts. Angors Macht schien in den Gewässern vor Ulldart stärker zu sein.
»Schiff klar zum Gefecht!«, brüllte Fabok und zog seinen Säbel. »Steht Ihr uns bei, oder wollt Ihr Euch neutral verhalten, was ich verstehen könnte?«, rief er, an Lorin gewandt.
»Nein. Ich helfe Euch.« Er
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