Brennende Kontinente
hinauf, wanderten auf der Balustrade entlang, ehe sie in einen Seitengang abbogen. Das Licht war gedämpft, schimmerte golden und orangefarben aus den bemalten Lampen. Sie kamen an einer angelehnten Tür vorbei, und durch den Spalt sah Fiorell ein Bad, in dem sich drei Damen und zwei Herren im Wasser entspannten. Sie lachten leise, ein Mann und eine Frau tauschten zärtliche Küsse; dann waren sie auch schon vorbeigegangen.
Taltrin lächelte und öffnete eine Tür zu einer schmalen Kammer. »Nach dir.«
Verwundert betrat Fiorell das Räumchen, in dem sich nichts als ein paar Holzbänken und Haken an der Wand befand; Handtücher lagen griffbereit. Es war schwül warm, die Luftfeuchtigkeit und die Wärme brachten ihn auf der Stelle zum Schwitzen. Der Geruch von starker Minze schwebte umher. Taltrin schlüpfte aus seinem Gewand und öffnete den Durchgang zum Nachbarraum, aus dem dichte Dampfschwaden drangen. »Ein Dampfbad wird uns gut tun. Schwitzen wir uns den Dreck vom Leib und genießen danach eine Massage.« Er huschte in den Dunst. »Komm nach, wenn du so weit bist.«
Fiorell blieb wie angewurzelt stehen. Damit hatten weder
er noch Perdor gerechnet. Ein verdammtes Dampfbad! Das Pulver in seinem Ring würde verklumpen und unmöglich ohne aufzufallen in ein Getränk zu rühren sein. Zurücklassen wollte er den Ring aber auch nicht. Diebe gab es in den besten Häusern. Fluchend zog er sich aus und schlang ein Handtuch um die Hüfte.
»Ich komme, Woge.« Er trat in den Minznebel, der heiß in Nase und Lunge brannte. »Wo bist du?«
»Hier drüben«, kam es aus dem grauen Dunst. »Folge meiner Stimme.«
Fiorell stieß gegen ein Tischchen, auf dem Getränke standen, tastete sich weiter bis zu einer Lattenrostbank und bekam die Kante zu fassen. »Woge?« Der Schweiß rann unter seiner Maske ins Auge, es gab einen schmerzhaften Stich.
»Setz dich und entspann dich, Diamant.« Es zischte laut, die Schleier verdichteten sich, und die Hitze schnellte augenblicklich in die Höhe. »Oder soll ich dich lieber Fiorell nennen?«
Dass ihm heiß wurde, lag nicht allein am Dampf. »Wer?«, versuchte er zu lügen und musste stark husten. Jeder Atemzug bescherte seiner Lunge Minzfeuer. »Es ist gegen die Regel...«
»Ich weiß. Was hinter der Maske liegt, soll dahinter bleiben. In deinem Fall muss ich eine Ausnahme machen«, unterbrach ihn Taltrin. »Du weißt zudem, wer ich bin.« Wieder zischte es, wieder stieg die Temperatur. »Ich verbringe sehr viel Zeit im Dampfbad. Das bedeutet, ich werde die Kabine nass geschwitzt verlassen, aber du wirst vermutlich sterben. Dein Körper ist es nicht gewohnt.«
Fiorell riss sich die Maske vom Gesicht und verschaffte sich damit kurze Erleichterung. »Was möchtet Ihr wissen?«
Er bekam keine Antwort, sondern taumelte im Nebel umher, ohne Taltrin zu finden.
»Sagt etwas!« Er bekam schlecht Luft, setzte sich auf die Bank. »Lange halte ich es nicht aus, Malchios«, hustete er und wischte sich das Wasser von der Stirn. Fiorell wartete auf eine Reaktion, während die Zeit verging und ihm immer schwindliger wurde.
Die Schweißtropfen lösten sich von seiner Nase, fielen in die Nebelschwaden und verschwanden in dem Grau, bevor er sie auf dem Boden auftreffen hörte. Die Wirkung war geradezu hypnotisch.
»Warum hetzt mir der König der Spione seinen Hofnarren auf den Hals?«, hörte er es plötzlich. Er zuckte tatsächlich zusammen.
»Wir möchten herausfinden, was Ihr von den Anschlägen haltet, Malchios«, keuchte er und hechelte wie ein schwarzer Hund in praller Sonne. Trotz der Luftfeuchte hatte er das Gefühl zu verdursten; er war kurz davor, das Wasser von den Holzlatten zu lecken. Mühsam erhob er sich und versuchte, den Sprecher ausfindig zu machen.
»So? Vielleicht möchte dein König herausfinden, ob ich dahinter stecke? Ich bin der größte Gegner des Hauses Iuwantor und käme an die Macht, wenn man Caldüsin den Prozess machte«, drang die Stimme aus dem Nebel.
Fiorell schluckte, wankte auf den Schemen zu und spürte, wie die Kraft aus seinen Beinen floh und die Knie weich wie flüssiges Harz wurden. »Bitte, ich ...«
»Ich mag es nicht, unterschätzt zu werden, Fiorell. Aber genau das haben du und dein König getan.«
Taltrins Stimme war hart und bestrafend. »Es gibt noch andere Menschen in der Stadt, die sich Gedanken machen und denen an der Wahrheit. Ich habe mit dem Mord nichts zu schaffen. Eher würde ich Caldüsin umbringen als die Regentin.«
»Dann ...«
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