Brennende Kontinente
zog ihn hinter der Säule hervor, ging mit ihm auf die Tanzfläche. »Du führst, und ich werde dir sagen, was du tun und lassen sollst.«
»Einverstanden.« Fiorell lauschte auf den Takt und setzte sich mit Nacht in Bewegung.
»Keine Namen, wen auch immer du hinter den Masken zu erkennen glaubst«, wisperte sie in sein Ohr; ihr Parfüm gefiel ihm sehr. »Egal, wonach dir der Sinn steht, du benötigst eine Einladung und eine Einwilligung. Sagt man >halt< zu dir, wirst du dich ohne Fragen zurückziehen. Du darfst mit jedem über alles sprechen, nur nicht über deine Herkunft. Politik, Geld, Macht, es sei dir gestattet, aber niemand möchte hinter die Maske schauen. Sie macht uns alle gleich, egal, wer wir sind.«
»Ich habe verstanden, Nacht.«
»Sehr schön, mein strahlender Diamant.« Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. »Wonach suchst du hier?« »Wie bitte?«
»Wonach du suchst.« Nacht lehnte den blonden Schopf an seine Brust. »Harmlose Zerstreuung von deinem langweiligen Zuhause mit Frau und Kindern, Glücksspiel anstatt deines soliden Handwerks, das du tagsüber ausübst? Völlerei statt Enthaltsamkeit?« Sie hob den Blick. »Oder die verborgene Lust?«
Der verlangende Ausdruck in den blauen Augen ließ Fiorell erkennen, aus welchem Grund sich Nacht in dem Haus befand. »Die Lust, teure Nacht«, antwortete er. »Doch leider wirst du mir dabei nicht helfen können. Mich zieht es zu meinesgleichen.«
»Oh, wie schade«, seufzte sie enttäuscht und strich über seine Brust. »Es hätte mich sehr gefreut, dir Dinge zu zeigen,
welche du noch nicht erlebt hast.«
»Da bin ich mir sicher. Und würde sich mein Herz nicht nach Männern sehnen, ich hätte nicht einen Lidschlag gezögert.«
Nacht lächelte bereits wieder. »Dennoch kann ich dir helfen. Wonach verlangt es dir?«
»Mir wurde von Woge nur Gutes berichtet.« Fiorell wusste, dass sich hinter Woge niemand Geringeres als Taltrin Malchios verbarg. »Wo kann ich ihn finden?«
Nacht grinste. »Ja, mir kam zu Ohren, dass er Qualitäten besitzt, die eine Frau auch gern zu spüren bekäme. Aber leider haben sich die Götter dafür entschieden, ihn auf anderen Pfaden wandeln zu lassen.« Sie schaute sich um. »Er steht da drüben, neben dem Spieltisch. Anscheinend soll er heute Abend jemandem Glück bei den Karten bringen.« Sie hörte auf zu tanzen, nahm wieder seine Hand und führte ihn quer durch den Saal zu den Tischen. »Ich stelle dich vor. Damit sollte es dir schneller gelingen zu bekommen, was du möchtest. Doch achte auf deine Worte. Er ist wählerisch und stellt hohe Ansprüche.«
»Ich auch.« Fiorell rieb sich innerlich die Hände. Dass er an Nacht geraten war, erwies sich als unschätzbarer Vorteil. Außerdem hatte sie seinen Ehrgeiz geweckt herauszufinden, wer sich hinter der schwarzen Maske verbarg.
Nacht näherte sich dem Mann in dem blauen Gewand, das die athletische Figur betonte. »Woge, darf ich dich stören?«
»Du darfst es jederzeit.« Taltrin wandte sich um, reichte ihr die Hand, dann fiel sein Blick auf Fiorell ‐
und er verharrte. Langsam streckte er ihm die Finger hin.
»Eine Jungfrau«, spöttelte der blonde Mann mit einer
Rabenmaske, hinter dem Taltrin gestanden hatte. Er trug nur ein Untergewand, das Oberteil lag als Einsatz auf dem Tisch. »Sie taucht auf, und schon wendet sich mein Glücksgott von mir ab.« Er warf die Karten auf den Tisch. »Verloren. Mein letztes Hemd verloren!«
»Dir bleibt noch mehr«, lachte Taltrin und deutete auf die Hose.
»Sicher. Das hätten die meisten gern.« Rabe warf sich theatralisch über die Lehne. »Wie stehe ich nun da? Wer gibt mir Trost?«
Taltrin winkte einen Bediensteten herbei und reichte dem Verlierer ein Glas Wein. »Versuche es mit Alkohol.« Rabe hob den Kopf. »Ich dachte mehr an dich.« »Heute nicht«, lehnte Taltrin ab. Rabe warf wütende Blicke gegen Fiorell. »Ich verstehe. Wegen der Jungfrau«, giftete er und sprang auf, schnappte nach dem Wein und eilte an einen anderen Spieltisch. Fiorell wunderte sich über das Verhalten, das einem Schauspieler gerecht wurde.
»Verzeiht Rabe das Benehmen. Er hat sich Dinge ausgemalt, die er nicht bekommen wird. Nicht heute. Und wenn ihn die Eifersucht packt, wird er unausstehlich.«
»Da ist er nicht anders als manche Frau«, lachte Nacht.
Taltrin verteilte die übrigen Gläser an sie und Fiorell. »Stoßen wir auf deinen ersten Besuch an. Ich hoffe, es wird dir gefallen.«
»Es gefällt mir, was ich sehe«,
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