Brennende Kontinente
bemerkt.«
»Ich habe nichts gegen Angorjaner. Nur etwas gegen ihren neuen Kaiser. Wie vermutlich alle Einwohner in der Stadt.«
»Du möchtest allen Ernstes über Politik sprechen?« Taltrin setzte sich auf die Stufe. »Damit habe ich nicht gerechnet.«
»O nein, nein. Ich will nicht. Ich möchte etwas anderes, Woge. Es waren lediglich meine Gedanken, die ich ungeschickterweise laut äußerte.« Fiorell legte viel Bedauern in seine Stimme, begab sich neben ihn und rutschte nahe heran. »Es ist eine leidige Angelegenheit, und ich fürchte mich vor den neuen Herren. Ich muss mich für meinen Herrn oft mit dem Kaiser beschäftigen, ich bekomme ihn kaum mehr aus dem Kopf. Verzeih, dass ich dir die Stimmung verdorben habe. «
»Ich war in keiner Stimmung, keine Sorge.« Er lächelte und prostete ihm zu. »Auf das, was heute Abend geschehen wird.«
»Auf uns.« Fiorell stieß an und nippte am Wein. Er durfte nicht betrunken sein, wenn er seine Aufgabe nicht gefährden wollte. Fingerfertigkeit und Verstand waren gefragt. »Dass ich viele Bälle besuchen darf und die Angorjaner verschwinden.«
»Darauf trinken wir.« Taltrin leerte seinen Pokal und stellte ihn hinter sich ab. »Aber von mir aus können die Angorjaner auch gern zu meinen Bällen kommen. Ich mag es, neue Dinge zu erleben.«
»Erleben ist gut. Ich hoffe, wir überleben sie.« Fiorell tat aufgeregt und ängstlich. »Verzeih, dass ich wieder anfange, aber ich muss tagtäglich auf die Galeeren schauen, und mein Herr ist der Meinung, dass die Soldaten nachts in die Straßen ausschwärmen und uns allen die Hälse durchschneiden.« Er nippte wieder an seinem Wein und legte eine Hand auf Taltrins Schulter, als suche er Halt. Woge fuhr beruhigend über Fiorells Finger, lächelte. »Nein, das wird nicht geschehen. Nech plant ganz anderes, wenn du mich fragst. Er wird sich Tersion aneignen und mit seinen neuen Freunden Größeres unternehmen.«
Fiorell horchte auf, rückte dichter heran, damit sich die Oberkörper berührten. »Denkst du? Er würde doch keinen Krieg wagen.«
»Er nicht. Das würden diese ...« »Nicti.«
»... diese Nicti für ihn besorgen. An seiner Stelle würde ich mich zurücklehnen und zusehen, wie mein ärgster Feind vernichtet wird.«
»Wegen des Krieges? «
»Sicher. Angorjaner sind nicht dafür bekannt, da vergeben und vergessen.« Taltrin schaute zu Fiorell.
»Jetzt
hast du es geschafft und wir reden doch von Politik.« Er nahm
seine Hände, rieb sie zärtlich. »Wenn wir schon dabei sind: Wie ist deine Meinung? Was soll Tersion tun?«
»Das Haus Iuwantor muss entscheiden, zusammen mit den anderen Häusern.« Er wich absichtlich aus, um eine Reaktion herauszufordern. »Das Volk wird ...«
»Caldüsin wäre ein vollkommener Idiot, den Forderungen der Einwohner nachzugeben«, kam es prompt über Taltrins Lippen. »Damit gäbe er Nech einen noch besseren Vorwand, um mit jener Härte in Baiuga und im Land vorzugehen, die er sich ersehnt. Er muss sich beugen und darf seinen Gefühlen nicht folgen. Alles würde untergehen.«
»Hast du es ihm schon gesagt?«, neckte Fiorell. »Du wärst ein guter Ratgeber.«
Taltrin lachte auf. »Sicherlich. Er bettelt um meine Ratschläge wie ich um den Tod.«
»Dann könnt ihr euch nicht besonders gut leiden?«
Das Lachen war echt, Taltrin amüsierte sich hervorragend. »Nein, Diamant. Das kann man wirklich nicht behaupten. Aber bevor ich mich mehr mit dem alten Mann beschäftige, als mir lieb ist, und ich zu gar nichts mehr Lust habe, lass uns mit der Politik aufhören.« Er schlug sich auf die Oberschenkel.
»Es ist dein erster Abend, und du hast noch nicht alles vom Haus gesehen. Ich zeige dir alle Gemächer, wenn du möchtest. Die Gesellschaft breitet sich bei meinen Festen über das gesamte Haus aus.«
Fiorell ahnte, was ihm, der Jungfrau, unter normalen Umständen blühte. Taltrin hatte angebissen und bereitete die Verführung vor. Bald würde er in den Kissen eines einsamen, ruhigen Bettes liegen, doch anstatt sanfte jungfräuliche Finger auf sich zu spüren, würde er unter dem Einfluss des Mittels alles sagen, wonach er gefragt wurde.
»Sehr gern, Woge.« Er verlieh seiner Stimme einen leicht hauchenden Schmelz, nicht zu aufdringlich, aber so deutlich, dass man erkennen konnte, dass er nicht abgeneigt war und es genug Politik gegeben hatte. »Finden wir da etwas zu trinken?«
»Sicherlich.« Taltrin erhob sich und reichte ihm eine hilfreiche Hand. Zusammen stiegen sie die Treppe
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