Brennende Schuld
dafür nie ein besseres Bild gefunden als das einer Wohnungseinrichtung, bei der alles seinen festen Platz hatte, bis es plötzlich durch ein Erdbeben durcheinander flog. So sah er Marit Keulemans’ Inneres.
»Mein Leben ist jetzt sinnlos«, waren ihre letzten Worte gewesen.
Den Surfer hatte diese Story nicht interessiert, und er wies ungeduldig darauf hin, dass Juan Ortega, der Einsatzleiter der Feuerwehr, erwartet wurde.
Costa ärgerte sich. Das Schicksal Marit Keulemans’ hatte ihn berührt. »Wir wissen, dass Ortega kommt«, sagte er.
Aber so schnell gab das kleine Testosteronpaket nicht auf. »Ich meine, wir sollten uns vorher absprechen, ob wir die Katze mit dem Kerosin aus dem Sack lassen.« Er rollte seinen Bleistift ratternd ein Stück über die Tischplatte.
»Was meinst du?«, fragte der Bischof.
»Dass das mit der Kerosinbombe ein Mordanschlag auf Keulemans war, sollten wir für uns behalten.«
Costa musste zugeben, dass der Surfer Recht hatte. »Unser Phönix ist ein Spezialist. Vielleicht ist er bei der Feuerwehr? Wir sollten ihn nicht warnen. Ich denke, der Surfer hat Recht.«
»Wir sollten es nicht tun«, grinste der Surfer zufrieden.
Jetzt, wo klar war, dass Ruben Cepero der Seemann war, hatte Costa die Bestätigung der DNA-Untersuchung aus Barcelona bekommen.
»Wissen wir inzwischen, wie viele Menschenleben der Brand insgesamt gefordert hat?«, fragte er.
»Vierzehn Tote, Keulemans mit eingerechnet«, sagte Elena.
»Und seine Hunde. Waren angebunden«, ergänzte der Surfer.
»Die Personalien der anderen hat die Gerichtsmedizin feststellen können, die Liste habe ich hier.« Der Bischof reichte Costa ein Blatt mit den Namen und skizzierte knapp einige Vorfälle. Auto- und Fahrradfahrer, von den glühenden Rauchwolken, die an den vordersten Fronten emporwirbelten, gewarnt, waren in Panik umgekehrt, so dass es auf den Straßen zu zwei schweren Verkehrsunfällen gekommen war. Ein älteres Ehepaar wurde in seiner Finca eingeschlossen und war in die Zisterne gekrochen, doch als die Hitze sich mehrte und der Gluthauch sich über alles hinwegwälzte, waren beide erstickt. Es herrschte infolge des Brandes eine so furchtbare Hitze, dass vier ältere Menschen an Herzschlag starben.
»Unter den Trümmern von Keulemans’ Haus haben wir einen Safe gefunden«, sagte der Surfer.
Es klopfte an der Tür. Es war Juan Ortega. Er sah sich verwundert im kahlen Zimmer um.
»Bitte setzen Sie sich, wir haben Sie schon erwartet. Ich hoffe, Sie hatten keine allzu großen Schwierigkeiten, uns zu finden«, sagte Costa schmunzelnd, wies auf den Stuhl neben dem Surfer und bat um eine kurze Darstellung des Brandeinsatzes.
Ortega nahm Platz, nickte allen zu und räusperte sich. »Wachturm II in Sant Josep meldete um 20.20 Uhr Rauchentwicklung in Polygon 32. Er informierte sofort die Piloten der Löschflugzeuge. Um 20.25 Uhr rückten die Löschzüge von Ibiza-Stadt und Sant Josep aus, die in ständiger Alarmbereitschaft waren. Der Einsatzleiter vor Ort erkannte zunächst richtig auf Bodenbrand. Er befahl das Errichten von Brandschneisen. Durch den Wind gab es Funkenflug. Dadurch kam es zu einem Überspringen der Schneise. Das führte zu einem so genannten Vollbrand, das Feuer reichte bis in die Baumkronen. Das ansteigende Bodenrelief begünstigte die schnelle Ausbreitung. Um 20.45 Uhr forderte die Einsatzleitung die am Flughafen auf Startbefehl wartenden Löschflugzeuge an. Die Hitzeentwicklung zu diesem Zeitpunkt war enorm. Wind und Thermik trugen brennende Baumteile Hunderte von Metern durch die Luft, ein Löschzug war bereits eingeschlossen.«
Costa unterbrach: »Warum sind die Flugzeuge nicht sofort gestartet?«
»Das Risiko ist sehr groß, deshalb vermeiden wir es, wenn möglich. Vor zwei Jahren erst ist in Kalifornien ein Löschflugzeug während des Einsatzes abgestürzt. Es gab drei Tote. Stellen Sie sich das wie einen Blindflug durch schwere Gewitterwolken vor. Sie sind auf Sicht angewiesen, können die Maschine in der geringen Höhe nicht trimmen und haben obendrein eine tonnenschwere Ladung unter sich, die ständig hin- und herschwappt.
Insgesamt waren drei Flugzeuge, fünf Löschzüge und dreihundert Mann im Einsatz. Durch die massive Konzentration der Rettungskräfte auf die Wohnhäuser gelang es uns immerhin, zwei zu erhalten.« Er zog eine Karte mit Luftaufnahmen hervor, die nach dem Brand gemacht worden waren. »Sehen Sie hier: Wie mit einem Lineal sind die Brandgrenzen um die Häuser gezogen:
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