Brennende Schuld
purpose«, buchstabierte er.
»Das war der Sturm«, sagte Elena leise. »Hat hier drinnen ganz schön getobt.« Sie richtete ihre Lampe auf die Umgebung der Tür.
»Sieh dir das an!«
Die Stahltür war in einen weiß lackierten Holzrahmen gefasst. An vielen Stellen war der Lack zerkratzt, zerstört oder zerschlagen worden. Costa ging nahe heran und betrachtete die Beschädigungen genau. Es sah aus, als hätte jemand mit einem Stein versucht, in das Holz zu schneiden. Es war kein sehr hartes Holz, an manchen Stellen war der Betreffende drei oder vier Zentimeter tief eingedrungen, es war überall gesplittert. Auf einigen Lackpartien waren rostbraune Streifen. Der hier verzweifelt gegraben hatte, musste sich wie ein zu Tode geängstigtes Tier Finger und Hände blutig gerissen haben.
Er leuchtete nach unten. Dort lag ein spitz zulaufender, kleiner Felsbrocken. Costa bückte sich. Auch daran meinte er getrocknetes Blut erkennen zu können.
Er richtete sich auf. »Hat Torres an den Händen und Fingern unseres Seemanns nicht Holzsplitter festgestellt?«
»Ja.«
Er nahm ihren Arm und führte sie noch einmal durch dieses unheimliche Verlies. »Wenn hinter dieser Stahltür etwas besonders kalt aufbewahrt werden soll, braucht man Trockeneis, denn Stromkabel sind hier nirgends zu sehen. Und wenn dies das Lager für Trockeneisblöcke war? Und man aus irgendeinem Grund den Seemann hier eingesperrt hatte? Ich weiß nicht, wie lange, aber jedenfalls so lange, bis er an den Trockeneisgasen erstickt ist. Vorher aber hat er noch versucht, durch die einzige Öffnung hinauszukommen, und die Schwachstelle war das relativ weiche Holz des Türrahmens. Ich bin sicher, dass die Spurensicherung dort Blut von ihm finden wird. Was meinst du?«
Sie standen einen Moment ganz still, und er hörte ihren Atem, bevor sie fragte: »Wenn er hier eingesperrt war, wie ist er dann ins Meer gekommen?«
»Als der Sturm kam, schoss das Wasser in die Höhle. Wahrscheinlich war hier alles komplett überflutet. Gut möglich, dass die Tür dem Druck nicht standgehalten hat. Der Sog hat dann die Leiche mitgerissen und durch den Tunnel nach draußen gespült. Vielleicht ist der Mörder aber auch vom Sturm überrascht worden, musste fliehen und konnte deswegen die Tür nicht mehr schließen. Wie dem auch sei – als der Sturm nachließ, lag der Tote im flachen Uferwasser vor der Höhle und wurde von der Strömung zu unserem Fundort getragen.«
Langsam gingen sie in das Innere der Höhle, wobei sie mit ihren Lampen jeden Zentimeter der Wände und des Bodens absuchten.
Hinter zwei vorspringenden Felsen, die wie ein urzeitliches Portal wirkten, öffnete sich birnenförmig ein großer Raum. Einen Moment blieben sie stehen. Costa fühlte sich wie in dem Science-Fiction-Film, den er einmal mit seinem Sohn gesehen hatte: zwei Kinder, die ehrfürchtig die Höhle des Riesen Swop betreten. Er suchte mit seinem Scheinwerfer das Ende der Höhle, aber das Licht verlor sich im Dunkel. Elena leuchtete zur Decke und stieß ein erschrecktes Seufzen aus. Tausende von Stofflappen hingen an der Decke. »Fledermäuse«, flüsterte sie. »Sei leise.«
Elena machte ihm ein Zeichen, und sie gingen vorsichtig weiter. Etwas knackte unter seinem Fuß, und sie zischte: »Vorsichtig!«, aber es war zu spät, er verlor das Gleichgewicht und landete auf seinem Hintern. Er blickte sofort nach oben – Elenas Lichtkegel war auch schon da, aber bis auf ein paar kleine Bewegungen blieben die Fledermäuse ruhig. Er wollte sich aufrichten und fühlte ein Stück glattes Holz unter seiner Hand. Er hielt es in den Schein seiner Lampe und sah, dass es ein Oberschenkelknochen war.
Elenas Lichtstrahl tastete den Boden hinter ihm ab. »Oh Gott«, hörte er sie angewidert flüstern. Er wandte sich um. Leere Augenhöhlen starrten ihn an, der lippenlose Mund grinste. Ein Stück des Kiefers war verkohlt.
»Es sind noch mehr da«, hauchte sie.
Costa erkannte Rippen, den Teil eines zweiten Schädels, einen Ellbogen. Dazwischen lag ein angesengter Leinengürtel, der ihn sofort vermuten ließ, dass die Knochen zu Menschen gehörten, die vor gar nicht so langer Zeit hier verbrannt worden waren.
Was für ein Massaker hatte hier stattgefunden?
Elena hatte schon die nächste Entdeckung gemacht. Sie stand vor einem Steinblock, groß wie eine Badewanne, mit einer Einbuchtung in der Mitte. Ringsherum lief ein Vlies von Ornamenten. »Sieht aus wie ein phönizischer Opferstein«, raunte sie.
»Woher weißt
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