Brennende Sehnsucht
einmal überdenken?«
Zu schnell? Phoebe konnte sich des geradezu hysterischen Lachens, das sich in ihrem Innern aufgestaut hatte, nicht mehr erwehren. Ihr war, als würde sich der Druck der letzten zehn Jahre mit dem Drehen einer einzelnen Schraube entladen. Sie warf den Kopf in den Nacken und jaulte auf, ließ sich in alberner Erleichterung rücklings fallen.
»Es sieht nicht danach aus«, kommentierte Sophie trocken.
Immer noch kichernd, schlang Phoebe die Arme um ihre Cousine, und Sophie erwiderte die Umarmung zögerlich. Man stelle sich vor: Die abtrünnige Tochter des Vikars heiratete einen Marquis! Er hatte letzte Nacht etwas in ihr zum Leben erweckt, etwas Übermütiges und Sorgloses, das sie das Kinn recken und ohne Angst der schrecklichen Tessa ins Gesicht sehen ließ.
»Sagt ihm, dass meine Antwort ja lautet.« Phoebe warf ihrer Tante und Deirdre einen tränenverschleierten, aber strahlenden Blick zu. »Oh, ist das nicht einfach unglaublich?«
»Ganz und gar.« Lady Tessa hob irritiert eine Braue. »Na gut. Dein Vater ist noch zu Besuch bei Freunden am Rande
von London. Er kann binnen weniger Stunden die Nachricht erhalten.«
Deirdre bedachte Phoebe nur mit einem kühlen Blick. »Du hast noch nicht gewonnen, Phoebe. Der Herzog von Brookmoor liegt schon lange im Sterben. Es kann noch Monate dauern.«
Phoebe grinste sie alle nur an. »Es würde mir nichts ausmachen, wenn mein Verlobter niemals Herzog würde, denn ich hätte ihn mir auch ohne Titel ausgesucht.«
Sophie sah sie an. »Dann liebst du ihn also?«
Lady Tessa schnaubte ungläubig. »Liebe? Nach nur einem Ball?«
Phoebe wollte den Zorn ihrer Tante nicht unnötig erregen, deshalb lächelte sie nur still vor sich hin.
Sechstes Kapitel
S ophie stürzte ins Schlafzimmer, ihr üblicherweise blasses Gesicht war vor Aufregung gerötet. »Er ist hier! Der Marquis von Brookhaven ist hier!«
Phoebe grinste ihre Cousine an. Sie stand am Schminktischchen, war perfekt gekleidet und bereit, mit ihrem Verlobten ihren ersten Ausflug zu machen.
Ihr eigener Herzschlag sprang vor Aufregung, ihn wiederzusehen. Alles, ja, absolut alles, war noch besser, als sie es je zu träumen gewagt hätte. Der Vikar war auf dem Rückweg nach London, aber er hatte eine Nachricht vorausgeschickt, in der er die Verbindung guthieß. Sie hatte eine Zeile beinhaltet, die sie so nie wieder von ihrem Vater erwartet hatte. »Du hast deiner Familie Ehre erwiesen, meine Liebe.«
Jetzt strich sie sich über die Vorderseite ihres Kleides und richtete die Aufschläge ihres himmelblauen Spenzers, den sie ausgewählt hatte, weil er ihre Augen so gut zur Geltung brachte. Sie lächelte. Irgendwie hatte sie es geschafft, es allen recht zu machen, anständig zu sein und trotzdem einen Mann zu finden, der ihr Blut in Wallung brachte. »Ich glaube, ich habe endlich alles zu meiner Zufriedenheit geregelt«, bekannte sie Sophie.
»Nun, ich wünschte sehr, du würdest mir dein Geheimnis verraten.«
Phoebe drehte sich um und schaute ihre Cousine an. Selbst Sophie schien überrascht vom scharfen Ton ihrer Stimme. »Sophie, bitte neide mir nicht mein Glück. Auch
du wirst hier in der Stadt einen Ehemann finden, da bin ich mir ganz sicher.«
Sophie zog den Kopf ein und ließ die Schultern hängen. Sie sah aus wie eine kauernde Giraffe. »Ich will keinen Mann. Ich bin nur wegen der Museen und Galerien in London.«
Phoebe stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihrer Cousine einen flüchtigen Kuss auf die Wange. »Dann geh heute zur Royal Academy. Kümmer dich nicht um Tessa, sondern geh einfach. Was kann sie schon tun? Dich nach Dartmoor zurückschicken? Sie braucht deinen Anteil, um das Haus zu bezahlen.«
Sophie blinzelte, und ein warmes Lächeln umspielte ihre Lippen. »Das stimmt.«
Phoebe drehte sich von ihr weg. Ihre Röcke schwangen dabei um ihre Knöchel. »Ich hätte Marb... den Marquis nie getroffen, wenn ich immer auf Tessa gehört hätte. Vielleicht ist es ein schändlicher Gedanke, aber manchmal frage ich mich, ob sie vielleicht nicht wirklich versucht, dass wir...« Sie zuckte die Achseln und sprach die Worte nicht aus. Selbst wenn sie direkte Konkurrenz für Deirdre waren, würde ihre Tante doch sicherlich nicht so weit gehen und gegen sie arbeiten oder doch?
Offenbar hatte Sophie dasselbe gedacht. »Manchmal frage ich mich das auch.« Sie schaute an sich herab. »Ich glaube nicht, dass ich sie auch nur noch ein weiteres Kleid für mich aussuchen lasse.«
Phoebe winkte ihr
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