Brennende Sehnsucht
der Vase passiert?« Ihre Stimme war der von Deirdre so ähnlich, dass Phoebe schon glaubte, ihre Cousine würde wieder sprechen.
Dann trat Deirdre einen Schritt vor. »Es tut mir so leid, Lady Tessa. Ich habe Sophie nur gezeigt, wie Ihr mir beigebracht habt, zu gehen und dabei etwas auf dem Kopf zu balancieren.«
Tessa strich ihre Röcke glatt und verdrehte die Augen. »Nun, das nächste Mal nimmst du dafür etwas Unwichtiges, ein Buch vielleicht. Nicht dass es Sophie irgendetwas nützen würde. Wenn man diese Dinge nicht frühzeitig gelernt hat, Sophie, dann sieht es nie natürlich aus.«
Sie machte eine unbestimmte Handbewegung in Richtung
der Scherben. »Sorg dafür, dass das jemand wegräumt, Deirdre.«
Sophie neigte den Kopf und raunte Deirdre überrascht zu: »Warum hast du gelogen?«
Deirdre lächelte. »Wie kannst du so etwas behaupten? Ich lüge niemals!«
Sophie schaute Phoebe an, die nur lachte und die Hände spreizte. »Siehst du, sie hat nicht wirklich gelogen«, flüsterte sie. »Sie hat dir gezeigt, wie man geht.«
Anstelle ihres vorherigen Schmollens hatte Tessa nun einen Ausdruck von Zufriedenheit auf ihrem hübschen Gesicht.
»Dank Brookhavens gesellschaftlichem Rang«, verkündete sie, »enthält die Gästeliste für die Hochzeit Mitglieder der allerbesten Gesellschaft. Der Glanz dieser Veranstaltung wird direkt auf mich fallen, deshalb werde ich nichts daran ändern. Ich habe natürlich die ermüdenden Einzelheiten dem Personal überlassen. Phoebe, du wirst mir helfen. Deirdre, du kümmerst dich um deine Garderobe, denn du wirst nie wieder eine solche Gelegenheit bekommen, die begehrtesten Junggesellen Londons kennenzulernen. Sophie...« Tessa zog eine Grimasse. »Mach einfach was mit deinem Haar und versuche, während der Zeremonie nicht über deine eigenen Füße zu stolpern.«
Sophie hatte ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Tisch voller Notizen zugewandt. »Hm. Ja, Tante.«
»Phoebe, komm jetzt mit. Wir haben viel zu tun.«
Zweiundzwanzigstes Kapitel
D ie Hochzeitsvorbereitungen würden leider eine Weile warten müssen. An diesem Nachmittag war das Empfangszimmer von Brook House bis an den Rand mit Besuchern gefüllt. Phoebes Verlobung hatte sie in eine vollkommen neue soziale Sphäre geschossen, und offenbar wollte niemand die Gelegenheit versäumen, sich an sie zu hängen.
Stundenlang kamen und gingen alle möglichen Leute, die den Cousinen während der knappen Woche, die sie in der Stadt verbracht hatten, vorgestellt worden waren, oder die gerne hätten, dass sie ihnen vorgestellt worden waren.
Sophie kam nicht gut damit zurecht, denn es war ihre persönliche Version der Hölle. Phoebe ging es einigermaßen gut, bis sie bemerkte, dass die jungen Damen, die ihr ihre Aufwartung machten, eine ärgerliche Vorliebe für unordentliche, leicht schiefe Haarknoten hatten.
Deirdre verdrehte nur die Augen, als Phoebe sie darauf ansprach. »Du solltest dich geehrt fühlen. Sie versuchen alle, herauszufinden, wie du es geschafft hast, damit sie es vielleicht auch schaffen.«
»Es« bedeutete so viel wie: »In weniger als sieben Tagen einen Marquis fangen«.
Phoebe runzelte die Stirn. »Mein Haar sieht doch von hinten nicht so schlimm aus, oder?«
Deirdre lächelte. »Red dir das ruhig weiterhin ein«, sagte sie, dann wandte sie sich wieder dem Schwarm junger Männer zu, die sie umgaben und von einem besonders feurigen jungen Poeten namens Baskin angeführt wurden,
der langatmige Verse auf Deirdres Augen und Haare fabrizierte. Der Nachmittag schien kein Ende nehmen zu wollen, sodass Phoebe sich bereits nach den noch anstehenden Hochzeitsvorbereitungen zu sehnen begann. Offenbar konnte Deirdre stundenlang Hof halten, wenn auch ihre Enttäuschung über den sozialen Status ihrer Bewunderer sie zu kleinen gehässigen Bemerkungen veranlasste, die von all jenen, die nicht davon betroffen waren, als Humor aufgefasst wurden.
Sophie tat ihre Pflicht und blieb in der hintersten Ecke sitzen, wo sie sich in ein Buch vertieft hatte. Phoebe gab sich große Mühe, interessiert und höflich zu tun, aber ihre Gedanken kreisten nur um einen Mann.
»Lord Raphael Marbrook.«
Rafe. Phoebe riss die Augen auf, ihre Laune verbesserte sich schlagartig, blähte sich wie ein Segel im Wind.
Er stand in der Tür, groß, dunkel, mit breiten Schultern... und schön. Der Raum wurde sofort kleiner und leerer, als wären die anderen Herren neben der intensiven Männlichkeit, die von ihm ausging, nichts als
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