Brennende Sehnsucht
angeboten zu haben. Sie roch immer noch erstaunlich gut, sie passte noch immer neben ihn wie ein Puzzleteil ans andere, und er wollte sie immer noch – für immer – in seinen Armen halten.
Er war sein Leben lang ein schlechter Mensch gewesen, und offenbar sollte er jetzt dafür bezahlen, denn es gab sicherlich keine schlimmere Hölle auf Erden, als ständig mit dem konfrontiert zu werden, was er niemals haben konnte. Er schluckte schwer und zwang sich zu einem unbefangenen Lächeln. »So, womit fangen wir an?«
Sie beugte sich vor, um eine Liste auszuwählen, und er spürte, wie ihre aromatische Wärme von seiner Seite wich und ihm sofort kalt wurde. Sie war nur Zentimeter von ihm entfernt, und doch vermisste er sie bereits.
Dann richtete sie sich mit der Liste in der Hand wieder auf und wandte sich mit einem Lächeln an ihn. Ihre Lippen waren nur einen Atemzug von seinen entfernt, er konnte ihr direkt in den Ausschnitt schauen, und wieder tippte sie nervös mit dem Fuß.
Es gab keine Rettung für ihn. Er war ein toter Mann.
In den eleganten Kanzleiräumen von Stickley & Wolfe brodelte ein Streit.
»Du musst ihr von ihm erzählen. Sie ist nur ein armes Landei. Sie hat keine Ahnung, worauf sie sich mit so einem Mann einlässt.«
»Was für einem Mann?«
Wolfe schüttelte den Kopf. »Du solltest wirklich mehr
unter die Leute gehen, Stick. Brookhaven! Er sieht von außen ja ganz in Ordnung aus – ich wünschte, ich könnte mir seinen Schneider leisten -, aber nach allem, was man so hört, ist der Kerl ein Scheusal.«
Aus Wolfes Mund war dieses Beschreibung entweder amüsant oder Besorgnis erregend.
Da Mr Stickley keinen wie auch immer gearteten Sinn für Humor hatte, keuchte er auf. »Tatsächlich? Woher willst du das wissen?«
Wolfe spreizte die Hände. »Es gibt Leute, die glauben, er habe seine erste Frau umgebracht. Natürlich ist damals alles unter den Teppich gekehrt worden, aber ich habe es seinem Blick angesehen.«
Stickley schnaubte verärgert. »Man sollte ihn dafür einsperren!« Dann riss er die Augen auf. »Die arme Miss Millbury!«
Wolfe schüttelte traurig den Kopf. »Ja, die arme Miss Millbury. Siehst du also, Stick, es ist nicht nur zu unserem Nutzen, diese Hochzeit zu verhindern.«
Stickley versteifte sich. »Ich will nur das Pickering-Vermögen bewahren!«
Wolfe nickte. »Genau. Gott segne Sir Hamish.« Dann beugte er sich vor. »Dann verstehst du also jetzt, was zu tun ist, ja? Miss Millbury muss gesagt werden, in welch gefährliche Situation sie sich gebracht hat.«
Stickley stand auf und strich sich nicht vorhandene Staubkörner von seinem makellosen Anzug. »Ich werde mich sofort darum kümmern.«
»Gut. Viel Glück!« Wolfe schaute ihm nach, dann griff er in seine Schreibtischschublade und holte eine Flasche hervorragenden Whisky heraus. »Darauf trinke ich einen, Stick«, murmelte er. »Du nervender kleiner Pedant.«
Endlich war Ruhe in der Kanzlei eingekehrt. Wolfe lehnte
sich in seinem feinen Ledersessel zurück, legte die Füße auf den Schreibtisch und wiegte die Whiskyflasche im Arm. »Oh Gott, wie sehr ich diesen Kerl hasse.«
Die Sitzordnung war endlich fertig. Jeder Gast war seinem gesellschaftlichen Rang, seinem Vermögen, seinen Geheimnissen und seinen Vorlieben gemäß platziert worden. Phoebe schloss die Augen und ließ sich in die Sofakissen zurücksinken. »Oh, Gott sei Dank!«
Ein warmes Glucksen ertönte nahe an ihrem Ohr. »Gern geschehen!«
Phoebe wandte den Kopf und lächelte, noch immer mit geschlossenen Augen. »Also gut, dann Gott und Marbrook sei Dank!«
Er antwortete nicht. Die Stille dauerte ein bisschen zu lang. Phoebe öffnete die Augen und sah direkt in sein Gesicht, nur Zentimeter von ihrem entfernt. Er stützte das Kinn auf eine Faust, während sein Ellenbogen auf der Rückenlehne des Sofas ruhte.
Mit einem Mal fühlte sie sich an ihr erstes Treffen auf dem Ball erinnert. An seinem gequälten Gesichtsausdruck sah sie, dass er sich auch daran erinnerte.
Seine Augen... sie könnte ihr Leben damit verbringen, in diese Augen zu schauen und den Schmerz zu heilen, den sie ihm verursacht hatte. Die Dunkelheit, die sich hinter dem Strahlen, das alle anderen in ihnen sahen, verbarg – wie konnte die Welt nur so blind sein und den nachdenklichen und ehrenhaften Mann nicht sehen, der sich hinter dem Draufgänger versteckte?
Er hob die Hand, um eine Haarsträhne zu berühren, die sich bei ihren Bemühungen aus ihrer Frisur gelöst hatte.
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