Brennende Sehnsucht
sowieso nicht an den Augen einer Frau interessiert, stimmt’s?«
Sophie drehte sich zu ihr um und blinzelte sie an. »Sondern?«
»Titten und Ärsche«, sagte Deirdre schnodderig.
Sophie keuchte bestürzt auf, aber Phoebe brach nur in entsetztes Kichern aus. »Sie hat recht.«
Sophie setzte ihre Brille wieder auf und schaute von einer zur anderen. »Wirklich?«
Sie nickten gleichzeitig. Sophie schüttelte den Kopf. »Dann ist es ja gut, dass ich nicht auf Männerfang bin, denn ich habe in dieser Hinsicht wirklich nicht viel zu bieten.«
»Du hast genug, um einen sehr schmächtigen, sehr armen Banktypen abzubekommen«, tröstete Deirdre sie. »Vielleicht jemanden, der gerne liest.«
Sophie blinzelte. »Jemand, der gerne liest, wäre nicht schlecht, nehme ich an.« Dann schüttelte sie den Kopf und bedeckte das Gesicht mit den Händen. »Aber ich bin so ein tollpatschiges Ding, wenn ich...« Sie hob den Kopf und sah sie beide niedergeschlagen an. »Ich kann nicht einmal mit einem Mann reden, ohne... ach, ihr habt ja keine Ahnung!«
Phoebe legte den Kopf schief. »Du redest doch die ganze Zeit mit Männern. Es gibt mehrere männliche Diener hier im Haus.«
Sophie schüttelte den Kopf. »Ich rede nicht mit ihnen.«
Deirdre beugte sich vor, als wäre sie fasziniert und abgestoßen zugleich. »Nie?«
»Das ist doch lächerlich«, sagte Phoebe. »Du musst doch mit den männlichen Dienern in Acton reden...«
Wieder schüttelte Sophie den Kopf. »Wir haben keine. Mama sagt, dass tiefe Stimmen ihr Kopfschmerzen bereiten.«
»Aber euer Vikar.«
»Wir haben nur einen Küster. Und der besucht Mama, aber er glaubt wahrscheinlich, dass ich stumm bin.«
Phoebe gestikulierte wild. »Aber der... der Schlachter? Der Hufschmied? Kleine Jungen, die auf der Dorfstraße spielen?«
Sophie zuckte die Achseln. »Die Köchin verhandelt mit dem Schlachter, und wir haben keine Pferde, und kleine Jungen rennen üblicherweise weg, wenn sie mich kommen sehen.«
»Eine Welt ohne Männer«, seufzte Deirdre. »Ich weiß nicht, ob ich bestürzt oder neidisch sein soll.«
Phoebe zog eine Grimasse. »Ich bin von beidem ein bisschen, glaube ich.« Wie schön könnte ihr Leben sein ohne den tagtäglichen Tadel des Vikars.
Aber diese Zeit war vorbei, oder? Sie war wieder die geliebte Tochter ihres Vaters. Von diesem Gedanken ermuntert, klatschte sie geschäftig in die Hände. »Deirdre, steh auf. Sophie, nimm dir das Buch dort vom Tisch.«
Bald hatte sie Deirdre so weit, dass sie ruhig im Zimmer auf und ab schritt und das klassische Kunststück damenhafter Eleganz demonstrierte, wenngleich Sophie offensichtlich um nichts auf der Welt verstehen wollte, welchen Sinn es haben sollte, ein Buch auf dem Kopf balancieren zu können.
»Das sieht lächerlich aus.«
Phoebe stemmte die Hände in die Hüften. »Nun, es ist das Einzige, was ich während meines kurzen und bitteren Zusammenseins mit einer Gouvernante gelernt habe. Wenn du das kannst, musst du nie mehr Angst haben, dich vor einem Mann ungeschickt zu verhalten. Versuch es einfach mal.«
Deirdre ging hin und her, die personifizierte Eleganz. Sie setzte sich hin, stand auf, knickste, ja, sie tanzte sogar, während das Buch die ganze Zeit auf ihrem Scheitel liegen blieb, als sei es dort festgenagelt. Phoebe musste ihr applaudieren. Deirdre duckte sich unter dem Buch weg, fing es mit einer Hand auf, und verneigte sich theatralisch, wobei sie das
Buch wie einen großen Federhut nach hinten reckte. »Eins muss man Tessa lassen: Sie ist eine unnachgiebige Lehrerin«, sagte sie und verzog das Gesicht.
Sophies offensichtlicher Zweifel wuchs nur noch mehr. »Ich werde niemals in der Lage sein, so etwas zu tun. Allein wenn ich daran denke, dass ich damit sprechen soll. Himmel, ihr werdet doch nicht von mir verlangen, dass ich tanze.« Sie breitete verzweifelt die Arme aus.
Da stürzte eine Vase aus Bleikristall polternd zu Boden, während Sophie wie ein dummes Kind danebenstand und zusah.
Phoebe schaute sie merkwürdig an. Deirdre feuerte das Buch auf ein Seitentischchen und stützte die Hände in die Hüften. »Ehrlich, Sophie, wie willst du jemals einen Mann heiraten, wenn du nicht mal an einen denken kannst, ohne dabei spontan etwas Wertvolles kaputt zu machen?
Sophie wurde blass, dann rot. Die Scherben der Vase lagen hämisch glitzernd auf dem Teppich. In diesem Augenblick wurde die Tür aufgestoßen, und Tessa stolzierte mit gerafften Röcken herein.
»Um Himmels willen! Was ist mit
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