Brennende Sehnsucht
werde Seiner Lordschaft sagen, dass Ihr indisponiert seid.«
»Ihr seid ein Engel, Fortescue. Und jetzt geht!«
»Ja, Miss. Einen angenehmen Urlaub, Miss.«
Hier war sie also, in der Dunkelheit und Stille und Einsamkeit, nach der sie sich so sehr gesehnt hatte. Sie sollte diese Zeit nutzen, um ihre Flitterwochen zu planen oder die Namen der Dienstboten zu lernen oder darüber nachzudenken, bei welchen Wohltätigkeitsvereinen sich Lady Brookhaven engagieren sollte – aber in ihrem Hirn war nur Platz für einen einzigen Gedanken.
Drei Tage – und es war ihr nicht gelungen, auch nur an einem einzigen davon ihre Hände von Marbrook zu lassen. Sie wusste nicht, wie sie elf weitere aushalten sollte.
Vor dem Wäscheschrank betrachtete Fortescue nachdenklich die Tür, hinter der die zukünftige Lady Brookhaven kauerte.
Sie war eine reizende junge Dame, so unschuldig und bescheiden.
Das arme Ding würde von der feinen Gesellschaft in Stücke gerissen werden. Wenn Ihre Lordschaften das nicht vorher bereits erledigten.
Ein nahes, freundliches Lachen ließ eine Gänsehaut seinen Rücken hochkriechen. Er drehte sich nicht um. »Guten Tag, Patricia.«
Leichte Schritte näherten sich ihm. »Guten Tag, Sir.« Sie trat neben ihn – natürlich nicht zu nah, aber das machte keinen Unterschied. Er konnte trotzdem ihren warmen, zimtartigen Geruch wahrnehmen.
»Was meint Ihr, Sir, wird sie bald herauskommen?« Das Lachen in Patricias Stimme war sanft, nicht höhnisch. »Ich müsste dringend ein Tafeltuch holen.«
Fortescue atmete vorsichtig ein, und es gelang ihm, nicht die Augen zu schließen und vor Freude zu seufzen. »Ich denke, Miss Millbury erholt sich ein wenig von der Anspannung der Hochzeitsvorbereitungen.«
»Aye.« Patricia wurde ernst. »Aber hat sie sich für einen entschieden?«
Fortescue schluckte. »Wir tratschen nicht über unsere Herrschaft.«
Patricia schüttelte den Kopf, und mehr von ihrem aphrodisischen Geruch hüllte ihn ein.
»Sie tut mir leid, Sir. Sie ist eine echte Dame, auch wenn sie so einfach ist. Es gefällt mir gar nicht, sie so traurig zu sehen.«
Seine irische Blume war also nicht nur reizend, sondern auch warmherzig. Die Flammen drohten ihn bei lebendigem Leib zu verschlingen.
»Es ist gut, dass Ihr Verständnis mit ihr habt, Sir«, fuhr Patricia fort, und die Anerkennung machte ihre Stimme
noch sanfter. »Die meisten Männer würden sie für dämlich halten, dass sie sich zwischen den Servietten versteckt.«
Er spürte eine Berührung an seinem Ärmel. »Ihr seid ein guter Mann, Mr Fortescue.«
Niemand berührte ihn. Niemals.
Sein Arm fühlte sich kalt an, als sie wieder gegangen war.
Einunddreißigstes Kapitel
R afe hielt es nicht länger aus. Er hatte den größten Teil des gestrigen Tages damit verbracht, auf und ab zu gehen, außer wenn er nicht dem Verlangen widerstehen konnte, sich im Haus herumzutreiben, um einen Blick auf Phoebe zu erhaschen, die ihn offensichtlich mied. So war es am besten.
Er hasste es.
Ein ganzer Tag ohne sie verursachte einen derart tiefen Schmerz, dass es ihn erschreckte. Und überzeugte. Die Leere, die er fühlte, wenn sie nicht in seiner Nähe war – als würde sein Leben auf immer so oberflächlich und einsam bleiben, wie es jetzt war.
Es gab keinen Ausweg. Er musste gehen. Jetzt. Calder würde den Grund dafür wissen wollen. Hoffentlich würde Rafe etwas Überzeugendes einfallen, seinen plötzlichen Drang, weit weg zu sein, zu erklären.
Rafe fand seinen Bruder an seinem Schreibtisch stehen, wo er Schriftstücke in einen Lederordner steckte. Calder trug Reisekleidung.
»Willst du weg?«
Calder schaute nicht einmal auf. »Ja. Es gibt ein Problem in der Porzellanfabrik. Einer der Brennofen hat ein Feuer verursacht. Ich will den Schaden begutachten.«
Rafe verschränkte die Arme. Er verstand Calders Faszination für die Produktion nicht, vor allem nicht, da Brookhaven dringend mehr von der Aufmerksamkeit seines Bruders bedurft hätte. »Hast du nicht Angestellte, die diese Sachen für dich erledigen?«
Calder schnaubte und verschnürte den Aktenordner. »Soll ich tagelang warten, bis unbefriedigende Nachrichten von hier nach da und wieder zurück gewandert sind? Es ist viel effizienter, einfach hinzugehen und meine Entscheidungen vor Ort umsetzen zu lassen.«
»Und was ist mit Ph- Miss Millbury?«
»Was soll mit ihr sein? Meine geschäftlichen Angelegenheiten gehen sie nichts an.«
Du würdest das tun, nicht wahr, Bruder? Du
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