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Brennender Stahl (von Hassel)

Brennender Stahl (von Hassel)

Titel: Brennender Stahl (von Hassel) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Brendt
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hatten, würde es noch ein paar Tage so weitergehen.
    Von Hassel spürte es am eigenen Leib. Bei diesem Teufelstanz kamen die Männer kaum zur Ruhe. Alles im Boot war feucht. Dazu kam, dass viele der neuen Männer seekrank waren. Aber selbst die erfahrenen Männer würden bei diesem Sturm kaum Ruhe finden. Wer konnte schon schlafen bei diesem Tohuwabohu?
    Mit einem Fluch schälte er sich aus der muffigen Decke und schwang die Beine aus der Koje. Er jedenfalls fand keine Ruhe. Unentschlossen sah er sich um. Er konnte nicht schon wieder in die Zentrale gehen und einen Blick auf die Karte werfen. Sie konnten ja in der vergangenen Stunde kaum weitergekommen sein. Also würde er den Männern damit nur zeigen, wie unruhig er wirklich war. Aber irgendetwas musste er sich einfallen lassen.
     
    In der Zentrale klammerte sich Walter Franke mit einer Hand an den Rand des Kartentisches und versuchte, mit der anderen Hand einen Schiffsort in der Karte abzustecken. Irgendwie bekam er es hin, während das Boot für Sekunden auf dem Kamm eines Brechers tanzte. Bevor es wieder abwärts ging, klammerte er sich schon wieder an seinen Kartentisch. Seine Navigation konnte er sowieso vergessen. Seit gestern hatte keiner mehr die Sonne gesehen, geschweige denn einen Stern in der Nacht, und alles beruhte nur auf Koppelnavigation. Ein Verfahren, das von Navigatoren als Schätzung mit Gottes Hilfe bezeichnet wurde, auch wenn erfahrene Steuerleute damit überraschend gute Positionen errechneten. Aber bei diesem Sturm wusste auch nur Gott allein, wohin sie versetzt wurden. Wenn alles stimmte, dann mochten sie etwa hundert Seemeilen nördlich von den Orkneys stehen. Es konnten nach Lage der Dinge achtzig oder hundertzwanzig sein. Er wusste es nicht, und wenn es plötzlich aufklaren würde, dann machte es für Flugzeuge auch keinen großen Unterschied.
    Er fuhr erschrocken herum, als mit lautem Poltern etwas umfiel. Sofort verlor er den Halt und segelte durch die Zentrale, um auf der anderen Seite schmerzhaft vom Sehrohr gestoppt zu werden, bevor er endgültig zwischen einigen Äpfeln an den Ventilkontrollen zum Stillstand kam. Stöhnend rieb er sich den angeschlagenen Schädel.
    »Autsch, Herr Steuermann, alles in Ordnung?« Das besorgte Gesicht des Zentralemaaten tauchte in seinem Sichtfeld auf, der anscheinend wie ein Affe an den Druckrohren an der Decke hangelte. Nur, dass seine Beine auf den Boden reichten. Ein irrer Anblick, der Franke seine Schmerzen etwas vergessen ließ.
    »Weiß nicht, ist das Sehrohr noch ganz?«
    Bootsmann Volkert nutzte die Bootsbewegungen aus, um elegant durch das Mannloch zu jumpen. Er hatte den Trick raus, die Schiffsbewegungen für sich zu nutzen. Nicht, dass ihm das nicht auch ab und zu ein paar Beulen eingebracht hätte, aber immerhin weniger, als den meisten anderen von der Besatzung. Sicher an den Schottrahmen verankert sah er sich die Bescherung an: »Na, da hast du dir aber ein Horn gezogen, das wächst zu Weihnachten noch.« Er hangelte sich an den Rohren entlang zu Franke: »Das blutet etwas zu heftig! Scheint 'ne Platzwunde zu sein. Schau mal beim Rückert vorbei, Walter!«
    »Wie schlimm ist es?« Vorsichtig betastete Franke die Wunde und spürte etwas Feuchtigkeit. »Verdammte Scheiße! Ich blute ja wirklich!«
    Volkert nickte grinsend: »Bist nicht der erste bei dem Wetter. Der Funker hat alle Hände voll zu tun! Da wirst du dich hinten anstellen müssen.«
    »Wo ist er denn?«, fragte Franke und spähte suchend am Schmadding vorbei zum Funkschapp. Aber dort saß nur einer der Funkgasten und lauschte gelangweilt in den Äther.
    Volkert grinste: »Ich hab ihm gesagt, er soll in der Feldwebelmesse die Leute versorgen. Ich nehme an, da findste hin?«
    »Danke Fremder ...«, Walter Franke verzog das Gesicht zu einer Grimasse, »... aber da wohne ich.« Mit einem leichten Stöhnen richtete er sich auf und zog sich mit der nächsten Bootsbewegung empor. Einen Augenblick lang kämpfte er unsicher um Halt, während das Boot sich hart auf die Steuerbordseite legte und das Vorschiff sich gleichzeitig anhob. Dann nutzte er die nächste Talfahrt, um durch das Mannloch nach vorne zu verschwinden. Volkert sah ihm nach, sicher an einem Rohr vertäut, und schüttelte den Kopf: »Manchmal erwischt es einfach jeden.« Mit einer geschickten Bewegung fischte er einen Apfel vom Stahldeck, der an ihm vorbeirollen wollte, und deutete auf die Reste der Apfelkiste, die irgendwo am Fuß des Christbaumes zerschellt war: »Nu

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