Brennender Stahl (von Hassel)
drüben!«
Tatsächlich flimmerte wieder ein Licht durch das Grau, ohne dass das Schiff selbst zu erkennen gewesen wäre. Trotzdem machte es keine Mühe, sich die großen Kriegsschiffe vorzustellen, die dort draußen unterwegs waren. Kreuzer, mindestens leichte Kreuzer, die von Kirkwall aus operierten. U-68 hatte die britische Blockade erreicht!
Von Hassel wischte sich über das nasse Gesicht. Drei Knoten über Grund hatte der Steuermann gemeint. Dass ließ ihm nicht gerade viel Spielraum, aber mit ein bisschen Glück genug. Er beugte sich zum Sprachrohr: »Backbord 10, neuer Kurs wird Zwo-Sieben-Null Grad!« Dann richtete er sich wieder auf und versuchte, einen Blick auf die See zu erhaschen, bevor der nächste Brecher wieder gegen den Turm schlug und die Gischtwolke jede Sicht unmöglich machte. Sie liefen im Augenblick zehn Knoten, also das, was die Werft ihnen als ökonomischste Marschfahrt genannt hatte. Nun, da das Boot die Wellen etwas besser schnitt, konnte er theoretisch mit der Fahrt hochgehen. Theoretisch ... aber auf der anderen Seite war das immer noch besser als den Tommies in die Finger zu laufen. Wieder beugte er sich zum Sprachrohr und brüllte hinein: »Beide Maschinen große Fahrt!« Er wartete die Bestätigung ab und spürte, wie das Boot mit stärkerer Kraft in den nächsten Brecher rannte. Halb schoben es die Schrauben hinauf, halb lief der Brocken unter ihm hindurch. Auf dem Gipfel des Wellenberges verharrte das Boot einen winzigen Augenblick, während ein Teil des langen Vorschiffes bereits frei in die Luft ragte und zu beiden Seiten der Tiefenruder lange Gischtfahnen hingen. Dann senkte sich der Netzabweiser und hinunter ging die Rutschpartie, während die Schrauben sekundenlang in die Luft schlugen, bevor sie wieder Wasser griffen.
Verblüfft hielt von Hassel sich am Schanzkleid fest. Das hatte er nicht erwartet! Mit weit aufgerissenen Augen sah er den nächsten Wellenberg auf sie zukommen. Der Bug würde sich doch nie wieder rechtzeitig aufrichten können? Nicht dieses scheinbar endlos lange Vorschiff? Instinktiv tasteten seine Finger nach der Sicherheitsleine, doch er hatte in der Eile vergessen, sein Geschirr anzulegen. Aber noch bevor er noch etwas rufen konnte, sei es ein Hilfeschrei oder ein Fluch, bohrte sich der Netzabweiser in die steile Flanke des nächsten Brechers.
»Festhalten!« In der Stimme des IWO klang Panik mit, als er begriff, was da auf sie zuraste. Der Monsterbrecher, eines jeder Ungeheuer, die in jedem Sturm vorkommen können, rollte über den noch immer abwärts gerichteten Bug und drückte ihn noch tiefer. Dann schlug die Wasserwand über den Turm. Die Männer waren überall umgeben von grünlich schaumigem Wasser und mit beängstigender Geschwindigkeit wurde es dunkel und auch wieder hell. Männer verloren den Halt und wurden, aufgetrieben von der Luft in ihrer Kleidung, ... bis das U-Boot sie auf dem Wege nach oben wieder einholte. Der Ausguck Backbord achtern fand sich plötzlich im Wintergarten bei der Flak vor, Braunert, sein Kamerad auf der Steuerbordseite, konnte es gerade noch vermeiden, auf die falsche Seite des Turmes zu geraten, als sich seine Sicherungsleine irgendwo verhakte.
Oberleutnant Hentrich und der Posten Steuerbord voraus hatten Glück und konnten sich am Wellenabweiser festklammern. Für sie ging es nur darum, die Luft anzuhalten, bis das Boot wieder nach oben kam. Der Kommandant hatte ohne Sicherungsleine keine Chance. Die Wucht der Wassermasse wischte ihn einfach vom Sockel der UZO weg. Jemand griff nach seinen Beinen, aber dann wurden sie beide weggewaschen. Von Hassel glaubte, sein Bein würde ausreißen, als eine Sicherheitsleine die rasende Rutschpartie stoppte.
Tausende von Tonnen Wasser brachen hinter dem Turm auf das schlanke Achterdeck nieder und drückten es in die Tiefe. Die Abgas- und Zuluftklappen schlossen sich sofort, als sie unterschnitten, und die immer noch laufenden Diesel begannen hungrig die Luft aus dem Inneren des Bootes anzusaugen. Die plötzliche Druckveränderung schlug schmerzhaft auf die Ohren der Männer, während Dieselabgase in den Innenraum gelangten, bevor der wachhabende Maschinist die Maschinen einfach abstellte.
In der Zentrale sah Leutnant Rudi Schneider erschrocken, wie der Papenberg plötzlich mehr als zwanzig Meter Tiefe anzeigte. Natürlich über dem Kiel, aber das hieß, der Turm stand auch schon beinahe zehn Meter tief unter Wasser. Er fuhr herum zu den Tiefenrudergängern: »Vorne unten
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