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Brennender Stahl (von Hassel)

Brennender Stahl (von Hassel)

Titel: Brennender Stahl (von Hassel) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Brendt
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weiter von daheim weg gewesen als bis zum Bayerischen Wald, und das war auch schon Jahre her. Immerhin eine ganz schöne Strecke für jemanden, der in Bremen aufgewachsen war. Nun würde er also demnächst Afrika an Steuerbord haben. Ein seltsamer Gedanke. Wahrscheinlich würde er von Afrika auch gar nichts zu sehen bekommen.
     
    Rudolf Braunert betrachtete nachdenklich den jungen Lauer. Der Bursche war nicht verkehrt, aber Braunert, dem Seemann, der auch nichts anderes kannte als Seefahrt und vor allem U-Boote, war der Junge manchmal nicht ganz geheuer. Er dachte zuviel, das konnte nicht gut sein. So wie jetzt zum Beispiel. Mochte der Teufel wissen, was dem Burschen im Hirn rumspukte.
    Braunert räusperte sich: »Na, Jens, und du sitzt da ganz still? Was hältst du vom Süden oder vom Norden?«
    »Da ich Turmwache gehe, klingt Süden für mich besser, es ist nur ...«, Lauer biss sich auf die Lippen.
    Dörfler, der stämmige Bayer sah ihn neugierig an: »Woas nur?«
    Lauer zuckte mit den Schultern: »Na ja, das sind, wenn ich mich richtig an Erdkunde erinnere, so um die fünfeinhalbtausend Meilen einfacher Weg.«
    »Woas mein'st denn da damit?«, Dörfler sah den Jungen verständnislos an.
    Daniel Berger, der Maschinengefreite, beugte sich vor und umklammerte die Mug mit dem Kujambelwasser fester. »Ich verstehe, was er meint. Elftausend Meilen. Wir schaffen zwölftausend bei sparsamer Fahrt. Aber egal, selbst wenn wir unterwegs irgendwoher Sprit kriegen, elftausend Meilen sind elfhundert Fahrtstunden ...« Er zögerte, obwohl er das Ergebnis schon kannte. Er hatte selbst schon ausgerechnet, was Lauer meinte. »Das sind so rund und bummelig fünfundvierzig Seetage! Ohne Jagd und Umwege!«
    Fünfundvierzig Tage, wahrscheinlich mehr! Schweigen machte sich im Bugraum breit. Viele der älteren hatten, auch wenn sie es nicht ausgerechnet hatten, mit einer langen Feindfahrt gerechnet. Sie nahmen es mit einem gewissen Fatalismus hin, der dem einfachen Seemann zu eigen ist. Abgesehen vom Wetter und vielleicht den Gefahren, die in dem einen oder anderen Seegebiet größer oder kleiner sein mochten, war es ihnen herzlich egal, wo sie rumschipperten. Seefahrt auf einem U-Boot im Krieg hieß, sie würden ohnehin nur Wasser, Wasser und nochmals Wasser sehen, während sie in einem scheinbar unendlichem Rhythmus ihre Wachen gingen. Alles andere würde sie schwer wundern. Also, was machte es aus? Ein paar Tage mehr oder weniger, sie würden es überstehen. Weil sie es überstehen mussten.
    Für die Jüngeren unter ihnen war es ein neuer Gedanke. Während der Ausbildung oder an der Agru-Front waren sie vielleicht mal eine Woche draußen gewesen. Nun wurde ihnen klar, dass die Zeit eher nach Monaten gerechnet werden musste. Es war die plötzliche Erkenntnis, dass sie weit weg von zu Hause sein würden und ihnen fehlte noch der Fatalismus der älteren Seeleute.
    Aber für einen kurzen Moment schwiegen alle. Sie dachten an Freundinnen oder Mütter, an den letzten Landgang oder auch in einigen wenigen Fällen, an Verlobte oder Ehefrauen. Und um ehrlich zu sein, sie dachten auch an eine lange Zeit in einer engen stinkenden Stahlröhre, in der sie nicht einmal eine Frau zu sehen bekommen würden. Oder, wie es Dörfler ausdrückte: »Scheiße! I hätt doch no a moal ins Puff gehn solln!«
    Gelächter zerriss die Stille bevor sie zu lastend werden konnte. Es war vorbei, für dieses Mal. Grinsend schlug Henke dem Bayern auf die Schulter: »Hät'ste wohl gern gekonnt, alter Angeber!«
    Dörfler erwiderte das Grinsen: »G'konnt scho, aber I woar pleite!« Und damit fegte das brüllende Gelächter endgültig die schweren Gedanken beiseite.
     
    Im Feldwebelraum saßen Volkert, der Schmadding, Franke, der Steuermann und Rückert, der Funker, beisammen. Da es hier vier Kojen gab, aber weiter vorne der Platz eng war, hauste der Funker, obwohl eigentlich noch kein Funkmeister, im Feldwebelraum. Es war eine gute Lösung, da er hier auch einen Spind hatte, in dem er verschiedene Sachen verstauen konnte. Nicht alles an Geheimmaterial lag im Funkraum, denn da hatte ja zumindest jeder Funker ebenfalls Zugang. Nicht, dass Rückert ein allzu misstrauischer Mensch gewesen wäre, aber der Kommandant war es, jedenfalls was den Umgang mit Geheiminformationen anging. Als ob auf einem U-Boot etwas lange geheim bleiben konnte!
    Aber so waren Offiziere nun einmal. Rückert wusste, dass er sich auf seine Funkenpuster verlassen konnte, auf Henke genauso wie auf

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