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Brennender Stahl (von Hassel)

Brennender Stahl (von Hassel)

Titel: Brennender Stahl (von Hassel) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Brendt
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Morgenalarm!«
    Unten im Boot rasten wie jeden Morgen die Alarmklingeln und rissen die Freiwächter aus ihrem Schlaf. Es war eine einfache Vorsichtsmaßnahme. Besser man war bereit. Fünf Minuten nach dem Alarm waren alle Männer auf ihren Gefechtsstationen. In der Zentrale hielt sich der LI bereit, das Boot im Schnelltauchmanöver in die schützende Tiefe zu drücken, sollte von oben Alarm gegeben werden.
    Der Kommandant erschien auf der Brücke. Schneider blickte nur kurz über die Schulter bevor er wieder zum Horizont Ausschau hielt. »Guten Morgen, Herr Kaleun!« Nur ein kleiner Teil seines Gehirns registrierte beiläufig, dass der Kommandant müde aussah. Aber das war auf U-Booten normal.
    Von Hassel war wirklich müde. Schlaf war eine Mangelware, für den Kommandanten genauso wie für jeden anderen an Bord. Das war nur natürlich, genauso, wie es natürlich war, dass der Schlaf in einer vor Leben wimmelnden Stahlröhre nicht so erholsam war, wie daheim in einem kuscheligen Bett. Auch von Hassel versuchte immer wieder zwischendurch eine Stunde zu ergattern, in der er sich in die schmierigen Decken wickelte, versuchte den muffigen schweißigen Geruch zu ignorieren und zu schlafen. Ein ohnehin schon schwieriges Unterfangen, wenn man nicht gerade völlig erschöpft war.
    Aber der Kommandant hatte andere Probleme, als die Unbequemlichkeit, den Schmutz und den allgegenwärtigen Schimmel. Immer noch verfolgten ihn die Alpträume. Nicht jede Nacht, aber oft genug. Es würde eine Weile dauern, wie eine Wunde, die erst verheilen musste, das hatten ihm die Ärzte auch gesagt. Aber so etwas brauchte Zeit - Zeit, die man im Krieg nicht mehr hatte. Männer wurden gebraucht um den Menschenhunger der wachsenden U-Bootflotte zu stillen. Vor allem erfahrene Männer. Also hatte man ihn wieder hinausgeschickt und er haderte mit sich selber, dass er sich nicht dagegen gewehrt hatte.
    Er konnte sich später nie genau daran erinnern, was er geträumt hatte. Wenn er schweißgebadet aufwachte, dann waren ein paar Bilder und Eindrücke alles, das zurückblieb. Der Nebel, der große schwarze Bug, der plötzlich aus dem weißen Gewaber auftauchte. Gebrüllte Befehle und der verzweifelte Versuch, das Boot herumzureißen, obwohl es schon zu spät war. Das Reißen des Stahls, als der Bug des anderen Schiffes hinter dem Turm den Druckkörper aufriss und dann unter Wasser drückte. Alles nur Eindrücke, wie auch die Schreie aus dem Sprachrohr. Als dass Boot dann unter seinen Füßen wegsackte und die See die Schreie erstickte, hatte er sich selbst im kalten Wasser wieder gefunden. Später hatte man festgestellt, dass eigentlich eine erstaunlich hohe Anzahl von Männern beim Untergang oder aus der vorderen Abteilung auch später im Notaufstieg, aus dem Boot herausgekommen war. Den Kommandanten hatte keine Schuld getroffen, es war ein Unfall gewesen. Aber trotzdem verfolgten die Alpträume ihn immer noch.
    Von Hassel fragte sich oft, wie die anderen es wegsteckten. Aber darüber wurde nicht gesprochen. Vielleicht war es auch besser so. Probeweise probierte er ein Grinsen. Na wenigstens schrie er im Schlaf nicht. Einmal mehr riss er sich zusammen und konzentrierte sich auf die Umgebung. Viel zu sehen gab es ohnehin nicht.
    Rudi Schneider senkte das Fernglas und mahnte seine Wache: »Nach Osten besonders aufpassen. Wenn hier eine Biene rumschwirrt, dann von da.«
    Zustimmend nickte der Kommandant. Schneider war ein guter Mann. Er war bereits auf seinem alten Boot IIWO gewesen und hatte damals die Turmwache gehabt. Ein weiterer Überlebender, dem man nichts ansah. Er war leider vom Dienstalter her zu jung gewesen, um schon als IWO zu fahren.
    Für einen Augenblick standen die beiden Männer einfach auf dem Turm und genossen die klare Seeluft und den Sonnenaufgang. Dann lächelte der Kommandant plötzlich. »Noch zwei Tage und wir brauchen uns um die Bienen vorerst keine Gedanken mehr zu machen. Klingt doch gut, Herr Leutnant!«
    Schneider gab ein Glucksen von sich: »Ich traue gar nichts, was fliegt. Die Gelatinebubis kennen nicht Freund und nicht Feind, nur lohnende Ziele.«
    Wie die meisten Marineangehörigen wusste von Hassel, worauf der Leutnant anspielte. Auch wenn man die Ursachen geheim halten wollte, aber was ließ sich innerhalb der Marine schon wirklich geheim halten? Gerade nachdem sie die taktische Übung beendet hatten, wurde der Verlust zweier deutscher Zerstörer bekannt gegeben, der Leberecht Maas und der Max Schultz. Was die Sache

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