Brennender Stahl (von Hassel)
graublau und der Wind war angenehm, auch wenn er im ersten Moment irgendwie seltsam roch, fand jedenfalls Wegener.
»Der Leitende! Welch seltener Besuch!«, griente der Alte.
Wegener wandte sich um. Von Hassel trug die Mütze verwegen schief und sozusagen schon traditionell verknautscht. Das Gesicht wurde von einem struppigen Bart verdeckt, aber offensichtlich war der Kommandant guter Laune. Schade, fand Wegener, dass er ihm die verderben musste.
»Wir haben ein Problem, Herr Kaleun!«, er verzog das Gesicht.
Von Hassels Gesicht wurde eine Spur starrer. »Was für eines, LI?«
»Der Steuerborddiesel macht ein Geräusch!«
Der Kommandant sah ihn verdutzt an: »Na, LI, das hoffe ich doch. Oder meinen Sie, ein Geräusch, dass er nicht machen sollte?«
Der Steuermann, der die Wache hatte, griente, stupste aber zwei Seeleute, die sich grinsend ansahen, warnend an. Gehorsam hoben sie wieder die Gläser.
Oberleutnant Wegener sah sich um. Trotz des dünnen Kesselanzuges fror er hier oben auf dem Turm nicht. Der Himmel war blau und die Luft angenehm warm. Auch das Meer sah anders aus als beim letzten Mal, als er hier oben gewesen war. Er runzelte die Stirn. So vor acht oder neun Tagen musste das gewesen sein, kurz nach der Sache mit dem Geleitzug. Verblüfft wandte er sich an den Kommandanten: »Schönes Wetter haben Sie hier oben!«
»Ja ...«, der Kommandant ließ den Blick kurz schweifen, »..., Sie sollten öfter mal rauf kommen. Natürlich nur, falls die frische Luft Sie nicht um Jahre zurückwirft.« Er kratzte sich im Bart. »Also, was ist mit dem Steuerborddiesel?«
Der Leitende Ingenieur zuckte mit den Schultern. »Entweder, es ist ein Pleuellager oder es ist das erste Wellenlager hinter der Kupplung. Schwer zu sagen. Aber es verändert sich auch nicht, wenn ich die Drehzahl verändere.«
Der Kommandant brachte zwar relativ viel Verständnis für die Techniker auf, aber genauso wenig Verständnis für die Technik an sich. Es war etwas, dass man benutzte. Natürlich war ihm klar, was ein Lager war, und er hatte auch eine gewisse unklare Vorstellung, wo das Wellenlager sein musste, aber im ersten Augenblick sah er den LI trotzdem nur unsicher an. »Also? Was bedeutet das?«
»Wir müssen den Steuerborddiesel stoppen, Herr Kaleun!«
Von Hassel sah ihn an. »Wann? Sofort?«
»So schnell wie möglich, Herr Kaleun, oder ich kann für nichts garantieren!«
»Aber wir können mit dem anderen weiterlaufen?«
Der LI zuckte mit den Schultern. »Es wird einige Zeit dauern, Herr Kaleun. Und mit einer Maschine machen wir noch etwa 6 Knoten, sonst wird’s knapp mit dem Brennstoff.«
Ergeben sah der Kommandant ihn an: »Also gut, aber beeilen Sie sich, LI!« Erneut kratzte er sich im Bart. »Das fehlte gerade noch. Ich will in drei Tagen am Treffpunkt sein.«
22.Seetag – Der Versorger
Das Wetter wurde zuerst wärmer, dann regelrecht heiß. Es war erst Anfang April, aber immerhin näherten sie sich mehr und mehr dem Äquator, auch wenn ihr befohlenes Operationsgebiet immer noch nördlich der Linie lag. Aber das reichte auch aus.
Die dicken Lederpäckchen verschwanden und stattdessen tauchten kurze Hosen und Unterhemden auf. Abgesehen von den Schiffchen, die immer noch von den meisten Männern getragen wurden, meist verwegen schief und wirklich knapp bis zwei Finger über die Nasenwurzel hinunter geschoben, erinnerte nichts mehr an Uniformen. Und da sie sich weit ab der Schifffahrtslinien und außerhalb der Reichweite eines jeden britischen Flugplatzes befanden, wurde die Erlaubnis an Deck zu gehen, recht großzügig gehandhabt.
Das sommerliche Wetter und der Anblick einiger fliegender Fische trug erheblich dazu bei, die Männer wieder aus ihrer Erstarrung zu reißen. Angeblich, aber dabei handelte es sich um ein unbestätigtes Gerücht, sollen sogar vereinzelt Heizer ihre schützende Stahlröhre verlassen haben und sich das Tageslicht angesehen haben. Immerhin ein Gerücht, dass zu einigem kameradschaftlichen Spott Anlass gab.
Doch so schön diese Veränderungen für die Seeleute auch war, für die Heizer bedeutete es eine zusätzliche Belastung. Das Boot, das in nördlichen Gewässern meistens kalt und feucht war, wurde nun heiß und nass. Kondenswasser sammelte sich in schier unglaublicher Menge. Es tropfte in großen schweren Tropfen von der Decke, es sammelte sich auf den Armaturen der Druckmesser, und es lief in regelrechten Strömen an den gerundeten Bootswänden hinab um unter den Stahlplatten
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