Brennender Stahl (von Hassel)
in der Bilge zu verschwinden.
Wenn die Sonne morgens aufging, dann dauerte es nicht lange, bis sie anfing, den stählernen Rumpf aufzuheizen. Am Nachmittag, zur wärmsten Zeit des Tages, konnte es leicht sein, dass in der Zentrale vierzig Grad und mehr herrschten. Aber vierzig Grad in der Zentrale waren weit über fünfzig im Dieselraum. Doch vierzig und fünfzig Grad bedeuten nicht immer das Selbe. Im Hochsommer, in der freien Natur ist es heiß. Es bedeutet, dass man sich kaum noch bewegen kann oder mag. In einer Wüste ist es eine trockene Hitze und es ist noch schwieriger, den Wasserverlust durch Trinken auszugleichen. Wer eine Wüste durchquert hat, der zählt als harter Mann.
Im Maschinenraum eines U-Bootes vereinten sich Hitze, Feuchtigkeit, Öldunst und Enge zu etwas Neuem. Die Männer mussten viel trinken, um überhaupt auf den Beinen zu bleiben. Dazu kamen die ständige Belastung durch den Lärm und die saunaartigen Bedingungen. Es war nicht an der Grenze des Erträglichen, es war weit darüber hinaus. Es war härter als ein Wüstenmarsch und es war gar nicht vergleichbar mit europäischem Hochsommer. Es war eine einzige ausgesuchte Qual, eine Qual, die über Stunden hinweg anhielt, und dann, wenn die Männer bei Wachwechsel endlich durch das Schott taumelten, auch nur notdürftig gelindert wurde. Denn auch wenn ihnen die vierzig Grad im Bugraum im ersten Moment beinahe frisch erschienen, es war immer noch höllisch warm. Und gleichgültig, wie viel sie von dem mehr als lauwarmen Kujambelwasser auch trinken mochten, nie schien es den brennenden Durst zu löschen.
Menschen brauchen Schlaf. Das ist eine altbekannte Regel. Auf einem U-Boot bedeutete das, in dickstem Mief, bei ständiger Geräuschkulisse in eine enge Koje gezwängt, etwas Ruhe zu finden. Nun jedoch kam noch die Wärme hinzu. Alles klebte vor Schweiß und Fett. Die Haut juckte, denn es gab keine Möglichkeit, mal eben zu duschen. Die letzte Dusche hatte es vor dem Auslaufen gegeben. Doch der Gedanke an ein kühles Bad im Meer, was ja ohnehin nur für die des Schwimmens kundigen Männer möglich gewesen wäre, schwand schnell wieder, wenn sie an die dreieckigen Rückenflossen dachten, die dem Boot folgten. Natürlich wurden die Haie von den über Bord geworfenen Abfällen angelockt. Es war nichts Neues, schließlich folgten diese Räuber auch Überwasserschiffen und aus den gleichen Gründen. Aber sicher war, dass sie einen über Bord gegangenen Schwimmer auch nicht verschmäht hätten. Also war es wieder mal Essig mit einem kühlen Bad.
Doch das Schicksal hatte noch immer etwas parat, um die Leiden zu steigern. In diesem Fall die Lager des Steuerborddiesels, die gewechselt werden mussten. Der Verdacht des Werftingenieurs schien sich zu bestätigen, denn nach drei Wochen Dauerbetriebes zeigte sich eine Vibration und die geübten Ohren der Techniker hörten aus dem Wirrwarr unterschiedlicher Geräusche das Pfeifen der Welle deutlich heraus.
Das war kritisch. Denn wenn die Welle sich festfraß, dann konnte das nur eine Werft reparieren und die nächste Werft, in der man nicht gleich auf sie schießen würde, war Tausende von Meilen entfernt. Also blieb nur eine Wahl. Den Diesel stoppen, den ganzen Kram ausbauen und das Lager tauschen. Zum Glück hatte ja der Leitende auf genügend Ersatzteilen bestanden.
Doch was sich so einfach anhörte, war in der Praxis ein Drama. Der Backborddiesel musste weiter laufen, also wurde es auch nicht kühler. Aber nun kam die Arbeit mit den schweren Teilen und schwerem Werkzeug hinzu. Es gab kaum genügend Platz, um sich zu drehen, geschweige denn, um den vorderen Teil der Welle mitsamt der Klauenkupplung anzuheben. An das Lager heranzukommen erforderte bereits die Geschicklichkeit eines Taschendiebes und die Kraft eines Herkules. Sie schafften es, auch wenn keiner der Männer länger als eine Stunde daran arbeiten konnte. Zwei der Heizer wurden mit Kreislaufzusammenbruch aus dem Dieselraum getragen, aber die anderen gingen wieder an die Arbeit. Zäh, verbissen und abgesehen von kurzen Kommentaren und hervor gepressten Flüchen, wortlos. Aber nach sieben Stunden konnten sie den Diesel wieder anwerfen und das Boot nahm höhere Fahrt auf, um die verlorene Zeit wieder einzuholen.
»Dampferfahne, Herr Kaleun!«, Oberleutnant Hentrich deutete auf den Horizont.
Von Hassel versuchte die blendende Wasserfläche zu ignorieren. Die Sonne spiegelte sich auf den kleinen gekräuselten Wellen und warf Tausende und
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