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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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bevor er überhaupt nach Washington kam.«
    »Alcott ist anderen stets einen Kopf voraus.« Oscar nickte. »Er ist ein Visionär.«
    Sosik warf ihm einen gereizten Blick zu. »Weshalb sind Sie ausgerechnet auf den armen Kerl verfallen? Er ist kein normaler Politiker. Lag es an seiner Frau? Hatte sie etwas mit ihnen vor? Lag es an ihrem persönlichen Problem?«
    »Normale Politiker kommen mit dem Job nicht mehr zu Rande, Leon. Das sind keine normalen Zeiten. Amerika ist kein normales Land. Wir haben unseren Vorrat an Normalität aufgebraucht. Es ist nichts mehr davon übrig.«
    »Sie sind nicht normal. Was tun Sie eigentlich in der Politik?«
    Oscar zuckte die Achseln. »Irgendjemand muss sich schließlich mit Ihrem dreißigjährigen Vermächtnis an soliden, professionellen Errungenschaften befassen, Leon.«
    Sosik verzog das Gesicht. »Also, er hat sein Bestes gegeben. Und jetzt spinnt er.«
    »Er spinnt nicht. Er ist schlicht und einfach verrückt.«
    »Das ist doch das Gleiche. Okay?«
    »Nein, ist es nicht. Es stimmt – er hatte einen Nervenzusammenbruch. Das ist ein Problem. Ein Imageproblem. Ein so schwerwiegendes Problem kann man nicht unter den Teppich kehren. Man muss mit dem Scheinwerfer drauf leuchten. Es geht um folgendes Problem: er hat sich aus ernst gemeintem Protest beinahe zu Tode gehungert, und jetzt hat er den Verstand verloren. Aber unser Schlüsselwort ist nicht ›verrückt‹. Unsere Schlüsselwörter sind ›ernst gemeint‹ und ›Protest‹.«
    Sosik stellte den Mantelkragen auf. »Also, das können Sie nicht machen. Damit kommen Sie nicht durch.«
    »Doch, Leon, ich kann. Aber wie steht’s mit Ihnen?«
    »Ein Senator, der non compos mentis ist, ist ein Ding der Unmöglichkeit! Wie, zum Teufel, soll er jemals ein Gesetz durchkriegen?«
    »Alcott war noch nie ein Gesetzestechniker. Von diesen Korinthenkackern haben wir eh genug. Alcott ist ein Charismatiker, ein moralischer Führer. Er kann das Volk aufwecken, er kann es leiten und ihm den Berggipfel zeigen. Er muss bloß Beachtung bei ihm finden und es dazu bringen, ihm zu glauben. Und jetzt hat er es endlich geschafft.«
    Sosik ließ sich das durch den Kopf gehen. »Mann, wenn Sie das hinbekämen und es würde tatsächlich funktionieren, dann wäre das der Beweis, dass das ganze Land verrückt geworden ist.«
    Oscar schwieg.
    »Wie genau wollen Sie das drehen?« fragte Sosik schließlich.
    »Wir müssen Huey auf der Patriotismusschiene dämonisieren, während wir das medizinische Problem lösen. Berichte aus dem Krankenzimmer, wann immer Al einen hellen Moment hat. Winston Churchill war manisch depressiv. Abraham Lincoln war depressiv. Wir lassen die jungen Dinger von den Demokraten herkommen, wir zeigen, dass die Partei an seiner Seite ist. Wir fliegen seine Frau ein, die ist eine Kämpferin und steht loyal zu ihm. Sympathiemail von der Basis, und zwar tonnenweise. Ich halte das für machbar.«
    »Wenn das machbar ist, dann habe ich den Anschluss verloren. Das ist nicht mehr das Amerika, das ich kenne. Dafür habe ich nicht den Nerv. Ich müsste zurücktreten. Dann wären Sie der Stabschef.«
    »Nein, Leon, Sie müssen Stabschef bleiben. Sie sind der gestandene Profi, Sie genießen Vertrauen in der Vorstadt, während ich… Also, ich darf da nicht in Erscheinung treten. Mit meinem persönlichen Background kann ich unmöglich eine große medizinische PR-Kampagne leiten.«
    »Ich weiß, Sie wollen meinen Job.«
    »Ich habe jetzt schon alle Hände voll zu tun.«
    Sosik schnaubte. »Reden Sie keinen Scheiß.«
    »Also gut«, sagte Oscar. »Ich gebe zu, ich hätte gern Ihren Job, aber im Moment muss ich mich um meinen eigenen Kram kümmern. Und zwar um Greta, verstehen Sie.«
    »Um wen?«
    »Die Wissenschaftlerin, verdammt noch mal! Dr. Penninger.«
    Sosik war verblüfft. »Was? Die? Die geht auf die vierzig zu und hat ein Gesicht wie ein Kriegsbeil! Was ist los mit Ihnen, Mann? Es ist noch keine zwei Monate her, da hing ihnen die Hose wegen einer Wahlkampfjournalistin auf den Knöcheln. Sie konnten heilfroh sein, dass man Sie deswegen nicht geoutet hat. Und jetzt die?«
    »Ja. Stimmt genau. Die.«
    Sosik rieb sich das Kinn. »Ich habe ganz vergessen, wie schwer es einen jungen Kerl erwischen kann… Ist es wirklich so gut?«
    »Nein, so gut ist es nicht«, erwiderte Oscar. »Es ist überhaupt nicht gut, es ist schlimm. Es ist richtig schlimm. Es ist schlimmer, als Sie sich vorstellen können, es ist grauenhaft. Sollten man uns ertappen,

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