Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
leicht beeinflussen. Sie wäre eine Katastrophe.«
    »Eigentlich fände ich sie gar nicht so schlecht.«
    »Nein, sie ist besser dort aufgehoben, wo sie auch hingehört – nämlich im Labor. Wir sollten sie behutsam aus dem Verwaltungsrat entfernen, damit sie wieder ihre angestammte Rolle in der Forschung einnehmen kann, dann wird sich alles perfekt fügen.«
    »Damit Sie Ihre Affäre fortführen können, ohne dass jemand Anstoß nimmt.«
    Oscar schwieg.
    »Wohingegen sie als Direktorin im Rampenlicht stünde. Dann könnten Sie ihre schmutzige kleine Affäre nicht mehr fortführen.«
    Oscar bewegte sich unruhig. »Das hätte ich wirklich nicht von Ihnen erwartet. Das steht Ihnen nicht gut zu Gesicht. Das ist eines Gentleman und Gelehrten unwürdig.«
    »Haben Sie etwa gedacht, ich wüsste nicht Bescheid? Nun, ich bin nicht der hilflose Hanswurst, für den Sie mich halten! Penninger wird meine Nachfolgerin. Sie und Ihr hundsgemeines Team können sich meinetwegen wieder nach Washington davonstehlen. Ich verlasse dieses Büro – nein, nicht deshalb, weil Sie mich dazu zwingen, sondern weil mir der Job bis zum Hals steht!«
    Felzian schlug auf den Schreibtisch. »Es ist jetzt wirklich schlimm hier. Seit wir die Unterstützung des Senats verloren haben, ist die Lage geradezu ausweglos. Das ist eine unerträgliche Farce! Ich will mit Ihnen und Washington und allem, wofür Sie stehen, nichts mehr zu tun haben. Und merken Sie sich eines, junger Mann. Wenn Penninger im Amt ist, dann können Sie mich nicht outen, ohne dass ich Sie oute. Sie können mich in Verlegenheit bringen – sogar erniedrigen. Aber sollten Sie es versuchen, dann stelle ich Sie und die neue Direktorin bloß. Ich breche Sie in der Öffentlichkeit entzwei wie zwei Streichhölzer.«

8
     
    Der abrupte Weggang von Dr. Felzian eröffnete Oscar ein weites Feld von Möglichkeiten. Da Bambakias ausgefallen war, musste er allein zurechtkommen. Er musste die Initiative ergreifen. Sie waren nur wenige, ihre Mittel waren beschränkt, von einem Budget konnte keine Rede sein. Unverfrorenheit war angesagt.
    An Gretas erstem Tag als Direktorin gründeten ihre Anhänger ein Streikkomitee und besetzten den Hochsicherheitstrakt. Die Streikenden bewachten Tag und Nacht die Schleusen, knackten sämtliche von der Polizei installierte Sicherheitssperren und gaben brandneue Passierkarten aus. Die Besetzung des Hochsicherheitstrakts war ein ausgezeichneter strategischer Schachzug, denn der gewaltige Keramikturm beherrschte die Kuppel. Der Hochsicherheitstrakt war eine natürliche Festung.
    Jetzt, da sie einen sicheren Zufluchtsort hatten, folgte der zweite Schritt: die Eroberung der Informationsmittel. Die Rechner des Hochsicherheitstrakts wurden einer längst überfälligen Sicherheitsüberprüfung unterzogen. Dabei kamen eine erschreckende Anzahl von Hintertürchen der Polizei, zahlreiche unregistrierte Benutzer sowie Unmengen von Bespitzelungssoftware zum Vorschein. Die heimlichen Lauscher wurden sogleich eliminiert.
    Das laborinterne Telefonsystem wurde nach wie vor von der Polizei kontrolliert. Die kleine Polizeitruppe des Labors war an und für sich ein lächerlicher Haufen, jedoch seit langem von Huey bestochen. Sie stellte die größte hiesige Bedrohung für Gretas gerade flügge werdende Verwaltung dar. Das Telefonsystem war mit Abhörvorrichtungen gespickt und konnte nicht wiederhergestellt werden.
    Daher verzichteten die Streikenden vollständig auf das Telefonsystem und ersetzten es durch ein neu installiertes Netzwerk spottbilliger Nomadenhandys. Diese halblegalen Geräte waren über Relais verbunden, die an Wänden, Decken, Dächern und (im Verlauf einer besonders waghalsigen nächtlichen Aktion) an der Innenseite der Kuppel angebracht wurden.
    Gretas erste offizielle Handlung als Direktorin bestand darin, die PR-Abteilung aufzulösen. Dies bewerkstelligte sie mittels der todsicheren Taktik, das PR-Budget einfach auf Null zu setzen. Die frei werdenden Mittel erstattete sie dem Kongress zurück. In Anbetracht der gegenwärtigen Krise der Staatsfinanzen war dieser Schachzug politisch kaum zu konterkarieren.
    Im Labor selbst traf die Auflösung der PR-Abteilung auf große Zustimmung. Endlich brauchten sich die Angestellten nicht mehr durch das lästige Geschwätz der verhassten populärwissenschaftlichen Propagandaabteilung irritieren zu lassen. Keine kumpelhafte Anmache von oben herab mehr, keine obligatorischen Fortbildungsvideos, nichts als Stille und Zeit zum

Weitere Kostenlose Bücher