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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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verspeiste, hatte Oscar sich sein Essen bringen lassen. Seit sein Team das Labor übernommen hatte, überließen sie das Hotel notgedrungen einer neuen texanischen Mannschaft. In Anbetracht der flauen Wirtschaftslage in Buna war es nicht schwer gewesen, neue Leute zu finden.
    Kevin hörte auf, in den elektronischen Innereien eines Telefons herumzustochern, klappte das Gehäuse zu und reichte das Gerät Oscar. Bald darauf unterhielt sich Oscar mit dem in Washington befindlichen Leon Sosik, ohne Mithörer fürchten zu müssen.
    »Ich brauche Poster der russischen Konstruktivisten«, meinte er zu Sosik. »Alcotts Bostoner Mannschaft soll sich für mich mal im Museum umsehen. Ich brauche alles, was sie aus der Anfangszeit der Kommunistenära auftreiben können.«
    »Oscar, es freut mich, dass Sie im Labor Spaß haben, aber vergessen Sie diese große Schneekugel. Sie werden hier in DC gebraucht, und zwar sofort. Unsere Anti-Huey-Kampagne ist soeben geplatzt und ausgebrannt.«
    »Was? Warum? Ich brauche nicht nach Washington zu fliegen, um mich mit Huey zu befehden. Ich habe Huey hier am Wickel. Wir haben alle seine Spezis im Labor ausfindig gemacht. Die Streikposten lassen sie nicht mehr an ihren Arbeitsplatz. Geben Sie mir noch eine Woche Zeit, dann säubern wir auch noch die Polizei. Wenn diese Clowns erst mal von der Bildfläche verschwunden sind, kann ich mich hier ernsthafteren Themen zuwenden.«
    »Oscar, bleiben Sie doch bitte beim Thema. Das Labor ist bloß ein lokaler Nebenschauplatz. Wir haben hier eine nationale Sicherheitskrise. Huey hat ein Radarloch.«
    »Was soll das heißen?«
    »Es geht um die nordamerikanische Radarsicherung. Um das militärische Radar der Air Force. Ein Teil des amerikanischen Grenzradars wurde von dem Luftwaffenstützpunkt in Louisiana aus gemanagt. Jetzt ist das Radar ausgefallen, und zwischen Texas und Georgia fehlt eine Überlappung. Die Bayous sind ein schwarzes Loch. Dort findet keine militärische Überwachung mehr statt.«
    Oscar legte die Gabel weg. »Was, zum Teufel, soll das nun wieder heißen? Ich kann’s einfach nicht glauben. Wie ist das überhaupt möglich? Kein Radar? Ein zehnjähriges Kind kann mit einer Radaranlage umgehen!« Er holte tief Luft. »Also, die überwachen doch bestimmt noch den Luftverkehr. Ohne Radarüberwachung würde der Luftverkehr in New Orleans in kürzester Zeit zusammenbrechen. Kann die Air Force nicht das zivile Radar benutzen?«
    »Der Gedanke liegt nahe, aber so funktioniert das nicht. Man hat mir gesagt, es gehe da um Softwareprobleme. Das zivile Radar wird mit Tausenden dezentralen Zellen betrieben. Es handelt sich um verteiltes Radar, um kleine Netzwerke. Damit kann die Air Force nichts anfangen. Das Militär hat eine hierarchische Systemarchitektur.«
    Oscar überlegte rasch. »Wieso ist das ein politisches Problem? Das ist doch ein technisches Thema. Die Air Force soll sich drum kümmern.«
    »Das geht nicht. Das sind alte staatliche Flugwarnsysteme, die stammen noch aus der Zeit des Ersten Kalten Krieges! Diese Militärhardware läuft mit einem antiquierten Programmcode. Das System ist einfach nicht flexibel – wir können von Glück sagen, dass es überhaupt noch läuft! Jedenfalls gibt es in Louisiana keine staatliche Radarüberwachung mehr. Und das bedeutet, dass feindliche Flugzeuge ungehindert in den Luftraum der Vereinigten Staaten eindringen können! An jeder Stelle südlich von Baton Rouge!«
    »Aber ich bitte Sie, Leon. So schlimm wird es schon nicht sein«, sagte Oscar. »Ein so schwerwiegendes Problem kann dem Militär nicht entgangen sein. Da gibt es doch bestimmt Notfallpläne. Wer, zum Teufel, war eigentlich dafür verantwortlich?«
    »Das weiß anscheinend niemand«, meinte Sosik düster. »Als die Notstandsausschüsse die Schließung der Basis beschlossen haben, ging das Radarproblem in den konkurrierenden Zuständigkeiten verloren.«
    »Typisch«, brummte Oscar.
    »Typisch, in der Tat. Äußerst typisch. Das ist einfach alles zu viel. Es gibt keine klaren Zuständigkeiten mehr. Große, lebenswichtige Themen fallen einfach durchs Raster. So kommen wir nicht weiter.«
    Es bestürzte Oscar, dass Sosik so verzagt klang. Sosik hatte anscheinend zu viel Zeit am Krankenbett des Senators verbracht. Je mehr ihm die Realität entglitt, desto beredter und unwiderstehlicher wurde Bambakias. »Na schön, Leon. Ich schließe mich Ihrer Diagnose an, ich verstehe Ihren Standpunkt. Ich bin ganz einer Meinung mit Ihnen. Aber sehen wir

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