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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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aber wenn sie sich nun dagegen entscheiden? Vielleicht würde ihnen die Anlage ja gefallen. Vielleicht würden sie darauf achtgeben. Vielleicht würden sie sie sogar ausbauen.«
    Oscar zögerte. Den Bauaspekt hatte er bislang übersehen. Mit dem Bauaspekt war er bislang immer gut gefahren. Der Bauaspekt war der beste politische Joker, den er je gehabt hatte. Die meisten Politiker konnten allein mit Software und Schweiß keine Luxushotels errichten, aber die, welche dazu in der Lage waren, besaßen einen unschätzbaren Vorteil. Im Moment befand er sich gerade in einem solchen Bauvorhaben, und alles lief hervorragend. »Wie viel größer?«
    »Wie groß sollte die Anlage denn werden?« fragte Pelicanos.
    »Und wie viele Nomadenprolos würden sich unserem Bautrupp anschließen?«
    »Soll ich eine Tabellenkalkulation laden?« fragte Kevin.
    »Vergessen Sie’s, das wäre zu schön, um wahr zu sein«, meinte Pelicanos. »Klar, vielleicht könnten wir die verteilte Realisierung bis zu diesem Maßstab aufblasen. Aber wir könnten den Nomaden niemals vertrauen. Die stecken doch alle mit Huey unter einer Decke.«
    Kevin schnaubte. »Die Regulatoren stecken mit Huey unter einer Decke, aber, Mann, die Louisiana-Prolos sind nicht die einzigen. Ihr habt zu viel Zeit in Boston verbracht. Wyoming stand in Flammen, Mann! Dort sind Prolos und Dissidenten aus ganz Amerika versammelt. Millionen von Prolos.«
    Oscar zwang sich dazu, Kevins Vorschlag ernsthaft in Erwägung zu ziehen. »Ein Heer arbeitsloser Nomaden, die riesige, intelligente Kuppeln errichten… Wissen Sie, die Vorstellung ist ausgesprochen reizvoll. Ich will den Vorschlag nicht einfach von der Hand weisen. Das ist so modern und fotogen und nichtlinear. Das hat etwas damit zu tun, den Krieg in die Reihen des Feindes zu tragen.«
    Pelicanos machte die Augen schmal. »Kevin, welches ist der fähigste Prolomob, den Sie kennen?«
    »Na ja, die Regulatoren sind die fähigsten. Sie genießen Hueys Unterstützung und haben soeben einen Luftwaffenstützpunkt auseinandergenommen. Dann müssen sie wohl die schlagkräftigste Gruppe sein – das weiß inzwischen jeder. Aber dann gibt es da noch die Moderatoren. Die Moderatoren sind stark. Außerdem hassen sie die Regulatoren bis aufs Blut.«
    »Wie kommt das?« Oscar beugte sich wie elektrisiert vor.
    Kevin zuckte die Achseln. »Warum können sich verschiedene Prologruppen nicht ausstehen? Einer hat dem anderen die Freundin ausgespannt, jemand hat die Telefone gehackt. So sind die Prolos eben. Sie haben keine Gesetze. Auf einmal bricht eine Fehde aus. Das ist typisch für Stämme. Stämme verhalten sich immer so.«
    Pelicanos kratzte sich am Kinn. »Weißt du was, Oscar, das Laboratorium ist eigentlich viel attraktiver als ein heruntergekommener Luftwaffenstützpunkt.«
    »Da hast du unbedingt Recht, Yosh. Die Kuppel hat wirklich Ausstrahlung. Und es besteht echte Nachfrage.«
    Es entstand ein langes, nachdenkliches Schweigen.
    »Zeit für den Kaffee«, verkündete Oscar und ging welchen holen. »Wenden wir uns mal den Realitäten zu, Leute. Vergesst mal die hochfliegenden Pläne – was steht an? Unsere Aufgabe ist es, die Herrschenden ein wenig in Verlegenheit zu bringen, damit sie den staatlich angestellten Forschern mehr Leine lassen. Am Ende wird der Kongress dieser Einrichtung die Hälfte der Vorjahresmittel bewilligen. Im Gegenzug bekommen die Laborleute mehr Macht. Daher werden wir einen vernünftigen Kompromiss aushandeln. Wir führen die Forschungsarbeit fort, aber ohne Förderung und ohne Mauscheleien. Das wäre ein bemerkenswerter Fortschritt. Darauf könnten wir alle stolz sein.«
    Er trank einen Schluck Kaffee. »Wenn wir hingegen Kevins Vorschlag folgen und zulassen würden, dass die Lage außer Kontrolle gerät… Nun, ich glaube, das wäre möglich. Hueys Umgang mit der Luftwaffenbasis beweist, dass es möglich ist. Aber es ist nicht machbar, weil es keine Bremsen gibt. Und es gibt deshalb keine Bremsen, weil ich die Entwicklung nicht steuern kann. Dazu fehlt es mir an der nötigen Autorität! Ich bin bloß ein Senatsangestellter!«
    »Bis jetzt haben wir uns daran nicht gestört«, erklärte Kevin.
    »Nun, da haben Sie Recht, Kevin, aber… Also, mir gefällt der Vorschlag nicht, weil er ideologisch unkorrekt ist. Ich bin Demokrat. Die Demokraten sind eine ernsthafte Reformpartei. Wir sind keine revolutionäre Vorhut, wir können die Arbeit nicht von sich selbst ausgrenzenden, gewalttätigen Verrückten erledigen

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