Brennendes Land
gekidnapped. So einfach war das. Sie hatte jemandem zu viel Ärger gemacht und die Geduld eines abgrundtief bösen Spielers erschöpft. Jetzt waren sie unterwegs zu einem Mörderfriedhof. Man würde sie foltern, erniedrigen und schließlich mit Kugeln im Hinterkopf verscharren. Oder sie vergasen und anschließend verbrennen. Böse Menschen würden sich das Video ihres langsamen Sterbens anschauen.
Oscar erhob sich von der Trage. Er legte sich mit dem Rücken auf den Boden und trat gegen die vordere Trennwand, Er arbeitete sich durch die Beschichtung aus porösem Plastik durch, hinter der eine Wand aus massivem Metall zum Vorschein kam. Der fahrende Sarg dröhnte jetzt wie eine Trommel. Das war immerhin ein Fortschritt. Oscar trampelte mit erneuerter Anstrengung weiter.
Irgendwo im Laderaum schaltete sich ein Lautsprecher ein. »Würden Sie bitte aufhören, Lärm zu machen?«
»Was bekomme ich dafür?« fragte Oscar.
»Sie wollen doch bestimmt nicht, dass wir grob werden, compadre«, tönte es aus dem Lautsprecher. Es war Willis. »Bloß weil Sie uns nicht sehen können, heißt das noch lange nicht, dass wir Sie nicht sehen können. Wir sehen jeden verdammten Scheiß, den Sie da hinten machen. Und offen gesagt wär’s mir lieber, wenn Sie die Ware nicht begrabschen würden, solange sie bewusstlos ist. Das ist irgendwie abstoßend.«
»Sie glauben, ich wäre hier hilflos – aber ich habe immer noch Optionen. Ich könnte sie erwürgen. Ich könnte behaupten, Sie hätten das getan.«
Willis lachte. »Mann, hör sich einer diesen Typen an. Hören Sie, vato – wenn Sie Dummheiten machen, stellen wir einfach das Betäubungsgas an. Würden Sie sich bitte beruhigen? Wir sind nicht das Problem. Wir werden Ihnen nichts tun. Wir sind bloß der Lieferservice.«
»Ich habe eine Menge Geld«, sagte Oscar. »Ich wette, Sie könnten was gebrauchen.«
Keine Antwort.
Er wandte sich wieder Greta zu. Er durchsuchte ihre Taschen, fand aber nichts, womit er sich durch massives Metall hätte hindurcharbeiten können. Er versuchte, sie bequemer zu betten. Er legte ihre Füße hoch, rieb ihre gefesselten Handgelenke, massierte ihr die Schläfen.
Nach einer halben Stunde begann sie zu stöhnen und kam zu sich.
»Mir ist so schwindelig«, krächzte sie.
»Ich weiß.«
Sie regte sich. Sirrend spannte sich die Plastikfessel.
»Wir wurden gekidnapped. Das ist eine Entführung.«
»Oh. Verstehe. Jetzt erinnere ich mich wieder.« Greta orientierte sich allmählich. »Man hat mir gesagt, du hättest dich verletzt und ich sollte zu dir ins Hotel kommen. Und als ich die Kuppel verlassen hatte, da… haben sie mich einfach gepackt.«
»So ist es auch bei mir gelaufen«, meinte Oscar. »Sie haben uns wechselseitig als Köder benutzt. Ich hätte wohl wachsamer sein sollen. Aber warum? Wie, um Himmels willen, sollte man dann leben? So etwas kann man nicht vorausahnen. Eine Entführung ist vollkommen blödsinnig. Ein beschissenes Spiel.«
»Was werden sie mit uns machen?« fragte Greta.
Oscar bemühte sich, seiner Stimme einen zuversichtlichen Klang zu verleihen. Er hatte sich bereits aus der schwarzen Grube der Verzweiflung herausgearbeitet und wollte unbedingt vermeiden, dass Greta diese Erfahrung mit ihm teilte. »Das kann ich dir nicht sagen, weil ich nicht weiß, wer dahintersteckt. Aber sie haben uns nicht verletzt, und das bedeutet, sie haben noch etwas mit uns vor. Sie haben sich große Mühe gegeben, sich verkleidet, einen Wagen umgebaut und so weiter. Das sind andere Leute als die Verrückten, die es sonst immer auf mich abgesehen haben.« Er hob die Stimme. »Hey! Hallo! Würden Sie uns bitte sagen, was Sie von uns wollen?« Keine Antwort. Damit hatte er auch nicht gerechnet.
»Sie hören jedes Wort mit«, sagte er zu Greta. »Wir werden natürlich abgehört.«
»Können sie uns auch sehen? Es ist stockdunkel.«
»Ja, können sie. Ich glaube, die haben Infrarotkameras.«
Greta ließ das Gehörte einsinken. »Ich habe unheimlichen Durst«, meinte sie schließlich.
»Tut mir Leid.«
»Das ist Wahnsinn«, sagte sie. »Die werden uns umbringen, nicht wahr? Wir sitzen in der Patsche.«
»Greta, das ist reine Spekulation.«
»Das sind Gangster. Sie werden uns abknallen. Ich werde bald sterben.« Sie seufzte. »Ich habe mich immer gefragt, wie ich reagieren würde, wenn ich wüsste, dass ich sterben muss.«
»Tatsächlich?« meinte Oscar. »Darüber habe ich noch nie nachgedacht.«
»Wirklich nicht?« Sie regte sich. »Wie
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