Brennendes Land
Haken ist folgender: Das Laboratorium steckt momentan in einer finanziellen Klemme, deshalb musst du uns einen ganzen Jahresetat vorab überweisen. Könntest du das mit den zuständigen Leuten in Detroit klären, dein Einverständnis vorausgesetzt?«
»Also, das muss ich mit Dad besprechen.«
»Red nur mit hohen Tieren, Ron. Sag Dad und den anderen Aufsichtsratsmitgliedern, wenn sie mein Angebot nicht unverzüglich annehmen, werde ich die ganze Geisteskraft des Labors auf dieses Projekt lenken. Dann liefern wir nächsten Juni die ersten Zuckermotoren aus. Und zwar mit einem gigantischen PR-Aufwand.« Er unterbrach die Verbindung.
»Ist das wirklich Ihr Ernst?« fragte Kevin. Er hatte mit großem Interesse zugehört.
»Ich weiß nicht«, sagte Oscar. »Es ist einfach gut gelaufen. Zufällig wusste ich, auf welche Knöpfe man beim guten alten Ronnie drücken muss, und da hatte ich plötzlich einen Einfall. Das ist ein sehr seltsamer, unorthodoxer Schachzug, aber damit sind wir drei oder vier Probleme auf einmal los. Wir bekommen eine willkommene finanzielle Atempause. Ron ist glücklich, wir sind glücklich, alle außer Chander sind glücklich, und Chan – der war sowieso erledigt. Und zwar weil er mir mit meinen eigenen Methoden Paroli bieten wollte.«
»Sie glauben doch wohl nicht ernsthaft, man könnte die Autoindustrie vor einer grundlegenden wissenschaftlichen Entdeckung wie der einer neuen Energiequelle schützen.«
»Kevin, wachen Sie auf. Sie müssen aufhören, wie ein Techniker zu denken. Wo haben Sie das eigentlich her? Begreifen Sie denn nicht, was das bedeutet? Zum ersten Mal bezahlt uns jemand dafür, dass wir nicht forschen. Das ist eine wahrhaft neue Energiequelle. Zum ersten Mal verfügen die staatlich angestellten Forscher über eine ökonomische Waffe – sie können den Krieg in die Reihen ihrer Gegner tragen. Wer schert sich schon um eine weitere verdammte Batterie? Wahrscheinlich handelt es sich ja eh um heiße Luft. Haben Sie schon mal ein atombetriebenes Auto gesehen? Bloß weil es technisch möglich ist, heißt das noch lange nicht, dass es praktisch machbar wäre.«
»Die Menschen werden trotzdem etwas damit anfangen. Ihr Politiker könnt die Verbreitung des technischen Wissens nicht kontrollieren. Man wird es nutzen, ganz gleich, was die Regierung davon hält.«
»Kevin, das weiß ich. Ich bin der lebende Beweis dafür. Dieses Prinzip hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin.«
Am 20. Januar um zwei Uhr morgens wurde an Oscars Hoteltür geklopft. Es war Fred Dillen, der Hausmeister, der auch für die Wäsche zuständig war. Fred war betrunken – die Mannschaft hatte die lang erwartete Vereidigung von Senator Bambakias gefeiert und zahlreiche patriotische Toasts auf die neue Administration von Präsident Two Feathers ausgebracht. Fred war in Begleitung einer untersetzten Weißen in den Dreißigern, die einen orangefarbenen Erste-Hilfe-Koffer dabei hatte.
»Ist die Party aus dem Ruder gelaufen?« fragte Oscar.
»Oscar, die Dame möchte mit Ihnen reden«, sagte Fred.
»Ich wusste nicht, welches Ihr Zimmer ist«, sagte die Sanitäterin mürrisch. »Musste mich unten durch einen Haufen Betrunkener durcharbeiten.«
»Freut mich, dass Sie mich gefunden haben. Hat es Schwierigkeiten gegeben?« fragte Oscar.
»Ja. Eine Verletzte, Mitte dreißig. Sie hat sich den Knöchel gebrochen. Aber sie meint, sie will nicht ins Krankenhaus. Sie will uns nicht mal ihren Namen und die Ausweisnummer sagen. Sie meint, sie will erst mit Ihnen sprechen.«
»In welches Krankenhaus wollen Sie sie bringen?«
»In die Unfallklinik in Buna. Sie wollte ins Laboratorium, aber dorthin können wir sie nicht bringen. Da gibt es diese riesigen Schleusen und diesen ganzen Sicherheitsscheiß, und außerdem sind wir nicht befugt, in einer staatlichen Einrichtung Erste Hilfe zu leisten.«
»Was ist passiert? Wie kam es zu dem Unfall?«
»Also, sie sagt, sie sei mitten in der Nacht über die Straße gelaufen und über irgendwas gestolpert.« Die Sanitäterin musterte Oscar angewidert. »Hören Sie, das ist alles höchst ungewöhnlich. Die meisten Leute, die sich ein Bein brechen, sind froh, einen Krankenwagen zu sehen. Die Frau aber wollte sich einfach nicht beruhigen. Sie hat mich angefleht, einen Mann namens Valparaiso aufzusuchen, und jetzt habe ich Sie gefunden. Möchten Sie was unternehmen? Sonst sage ich nämlich adi ó s, muchacho.«
»Nein, bitte überstürzen Sie nichts, ich komme mit. Ich danke
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