Brennendes Land
er auf dem Boden eines riesigen Sarges lag, mit Greta lang hingestreckt auf seiner Brust. Er bewegte sich, schob mühsam ihre Beine beiseite, was einen stechenden Schmerz hinter den Augäpfeln zur Folge hatte.
Nachdem er ein paarmal tief die frische Luft eingeatmet hatte, begriff Oscar, wo er sich befand. Sie lagen noch immer in der Ambulanz, das Fahrzeug war jedoch umgestürzt. Jetzt lag er flach auf der schmalen Seitenwand. Greta hing über ihm, noch immer mit den Händen an die Holme der Trage gefesselt, die nun Teil der Decke waren.
Weitere dumpfe Schläge und das Kreischen von Metall. Auf einmal sprangen die Hintertüren auf und fielen auf den Boden.
Ein junger Mann in Overalls und mit Bürstenschnitt schaute herein, in der Hand eine Brechstange. »Hey«, sagte er. »Sie leben ja!«
»Ja. Wer sind Sie?«
»Hey, niemand! Ich meine… äh… Dewey.«
Oscar setzte sich auf. »Was geht hier vor, Dewey?«
»Keine Ahnung, aber Sie hatten wirklich Glück, dass Sie da drinnen überlebt haben. Was ist mit der Lady? Ist sie okay?«
Greta hing schlaff an den Handgelenken, den Kopf zurückgeworfen, die Augen zeigten das Weiße. »Helfen Sie uns!« sagte Oscar hustend. »Helfen Sie uns, Dewey. Sie werden es nicht bereuen.«
»Klar«, sagte Dewey. »Ich meine, ganz wie Sie wollen. Kommen Sie raus!«
Oscar kroch aus dem Laderaum der Ambulanz hervor. Dewey packte ihn beim Arm und half ihm auf die Beine. Oscar verspürte jähen Schwindel, dann aber pumpte das Herz Adrenalin durch seinen Körper. Die Welt wurde wieder schmerzhaft klar.
Der demolierte Krankenwagen lag auf einer unbefestigten Straße, gleich neben einem sumpfigen, träge dahinfließenden Fluss. Es war früher Morgen, kalt und dunstig.
Es stank nach verbranntem Polster. Der Wagen war von einem Explosivgeschoss getroffen worden – vielleicht von einer Granate. Die Wucht der Explosion hatte ihn von der Straße geschleudert, worauf er seitlich im roten texanischen Schlamm gelandet war. Der Motor war eine schwarze Masse aus zerfetztem Metall und geschmolzenem Plastik. Die Fahrerkabine war in zwei Teile zerlegt, sodass man die dicke, eingedellte Panzerung der Gefangenenzelle sah.
»Was ist passiert?« fragte Oscar.
Dewey zuckte fröhlich die Achseln. Seine Augen strahlten. »Hey, Mister – sagen Sie’s mir! Da hat heute Nacht offenbar jemand einen Volltreffer gelandet. Mehr kann ich nicht sagen, schätze ich.« Dewey war noch sehr jung, vielleicht siebzehn. Er hatte sich eine einschüssige Flinte auf den Rücken geschnallt. In der Nähe stand ein uralter, verrosteter Pickup mit texanischem Nummernschild. Auf der Ladefläche lag ein kaputtes Motorrad.
»Ist das Ihr Wagen?« fragte Oscar.
»Ja!«
»Haben Sie eine Werkzeugkiste dabei? Irgendwas, womit man Handfesseln durchschneiden kann?«
»Ich hab eine Motorsäge dabei. Bolzenschneider. Eine Abschleppkette. Hey, auf der Farm hat mein Dad sogar ein Schweißgerät!«
»Sie sind ein tüchtiger Bursche, Dewey. Ich würde mir Ihr Werkzeug gern einen Moment leihen, um meine Freundin loszuschneiden.«
Dewey blickte ihn verwirrt und besorgt an. »Sind Sie sicher, Mister, dass mit Ihnen alles in Ordnung ist? Sie bluten ganz schön aus dem Ohr.«
Oscar hustete. »Ein Schluck Wasser. Der wäre jetzt gut.« Er fasste sich an die Wange, berührte eine klebrige Masse aus geronnenem Blut und sah zum Ufer. Es müsste wundervoll sein, den Kopf in kaltes Wasser zu stecken. Das war eine hervorragende Idee. Es war unbedingt notwendig, das Vorhaben hatte allerhöchste Priorität.
Er stolperte durch dichtes braunes Schilf, sank bis zum Knöchel in kalten Schlamm ein. Er fand eine freie Stelle in dem mit Algenschaum bedeckten Wasser und schöpfte sich Wasser über den Kopf. Blut floss aus seinem Haar hervor. Über dem rechten Ohr hatte er eine große, klaffende Platzwunde, die sich mit brennendem Schmerz und Übelkeit erregendem Pochen bemerkbar machte. Er riskierte es, ein paar Schluck vom Flusswasser zu trinken, und blieb vorgebeugt hocken, bis der Schock nachließ. Dann richtete er sich auf.
In zwanzig Metern Entfernung machte er ein zweites Autowrack aus, das im Fluss langsam auf und nieder stieg. Zunächst meinte Oscar, es handele sich um einen halb untergetauchten Tankwagen, doch dann stellte es sich zu seiner Überraschung als kleines U-Boot heraus. Das schwarze Unterwasserfahrzeug war vom Bug bis zum Heck mit daumengroßen Einschusslöchern übersät. Es war im Schlamm gestrandet und von einem sich
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