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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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ausbreitenden schillernden Ölfilm umgeben.
    Bis zu den Knien mit Schlamm bespritzt, kletterte Oscar die Uferböschung hoch. Als er sich der Ambulanz näherte, bemerkte er, dass viele Glasscherben der explodierten Windschutzscheibe blutverschmiert waren. Kein Mensch war zu sehen. Der regenfeuchte Feldweg war von zahlreichen Motorradspuren durchfurcht.
    Plötzlich war aus dem Innern der zerstörten Ambulanz das gedämpfte Knattern von Deweys Motorsäge zu vernehmen. Oscar stapfte zum Heck und blickte hinein. Dewey hatte es aufgegeben, die Handfesseln durchtrennen zu wollen, und sägte stattdessen das angenietete Standbein der Trage durch. Er bog den Metallrahmen und schob die Handschellen durch die Lücke.
    Oscar half ihm, Greta ins Freie zu schaffen. Ihre Hände waren bläulich und die Handgelenke aufgeschürft, doch sie atmete noch kräftig.
    Sie war zweimal mit Gas betäubt worden und hatte einen Autounfall und ein Feuergefecht überlebt. Dann war sie in einer verschlossenen, gepanzerten Zelle eingesperrt gewesen. Greta musste dringend ins Krankenhaus. In ein hübsches, sicheres Krankenhaus. Ein Krankenhaus war für sie beide eine gute Idee.
    »Dewey, wie weit ist es von hier bis nach Buna?«
    »Nach Buna? Luftlinie etwa dreißig Meilen«, antwortete Dewey.
    »Ich gebe Ihnen dreihundert Dollar, wenn Sie mich auf der Stelle nach Buna bringen.«
    Dewey musste nicht lange überlegen. »Steigen Sie ein«, sagte er.
     
    So weit von Buna entfernt fand Oscars Handy keine Relaisstation. An einem Lebensmittelladen im Dörfchen Calvary hielten sie an, und Oscar kaufte Verbandszeug und probierte ein Münztelefon aus, kam allerdings nicht bis zum Labor durch. Nicht einmal das Hotel in Buna konnte er erreichen. Mittels behutsamer Schläfenmassage und einer Büchse Mineralwasser gelang es ihm, Greta wieder aufzuwecken, doch sie hatte Kopfschmerzen, und ihr war übel. Sie musste ganz still liegen, und dafür kam nur die Ladefläche von Deweys Pickup infrage, auf der bereits das geborgene Motorradwrack untergebracht war.
    In angespanntem Schweigen glitt Meile um Meile vorbei. Die verschlafene Landschaft des texanischen Ostens hatte er noch nie gemocht. Pinien, Sumpfland, kleine Flüsse, noch mehr Pinien, noch mehr Sumpfland, ein weiteres Flüsschen; hier war nie etwas passiert, und es würde auch nichts passieren. Gleichwohl war nun doch etwas Bedeutsames geschehen. Nun knisterte die ländliche Ödnis vor lautloser Bedrohung.
    Vier Meilen vor Buna begegnete ihnen ein verrosteter Mietwagen. Der Wagen raste an ihnen vorbei. Dann hielt er mit quietschenden Bremsen, wendete und schloss wild hupend zu ihnen auf.
    Dewey, der die ganze Zeit über an einer steinharten Stange Zuckerrohr gekaut hatte, hielt mit Kauen inne und spuckte gelbe Fasern durchs Ausstellfenster. »Kennen Sie den Kerl?« fragte er.
    »Funktioniert die Flinte?« entgegnete Oscar.
    »Mann, klar funktioniert die Flinte, aber für dreihundert Dollar knall ich niemanden ab.«
    Der Verfolger streckte den Kopf aus dem Fenster und winkte. Es war Kevin Hamilton.
    »Halten Sie«, sagte Oscar. »Der gehört zu mir.«
    Oscar stieg aus. Er sah kurz nach Greta, die zusammengekrümmt auf der Ladefläche lag und gegen die Übelkeit ankämpfte. Dann ging er zu Kevin hinüber, der die Wagentür geöffnet hatte und heftig winkte.
    »Fahren Sie nicht nach Buna rein!« rief ihm Kevin entgegen. »Da ist die Hölle los.«
    »Schön, Sie zu sehen, Kevin. Können Sie mir helfen, Greta zu holen? Sie liegt auf der Ladefläche. Sie ist schwer angeschlagen.«
    »Ist gut«, sagte Kevin. Er warf einen Blick zum Pickup. Dewey war soeben ausgestiegen, die Flinte hatte er sich unter den Arm geklemmt. Kevin langte unter den Fahrersitz und holte einen riesigen verchromten Revolver hervor.
    »Ruhig Blut!« meinte Oscar. »Der Bursche steht auf meiner Gehaltsliste.« Er blickte bestürzt auf die Schusswaffe. Er hätte nie gedacht, dass Kevin dergleichen besaß. Der Besitz von Schusswaffen war streng verboten und machte nur Ärger.
    Kevin packte die Waffe wortlos wieder weg, dann stieg er unbeholfen aus. Sie hoben Greta von der Ladefläche und legten sie auf den Rücksitz von Kevins schäbigem, übelriechendem Mietwagen. Dewey wartete geduldig neben seinem Pickup und kaute Zuckerrohr.
    »Was soll die Waffe, Kevin? Wir haben auch so schon genug Probleme.«
    »Ich bin auf der Flucht«, erklärte Kevin. »Im Labor hat eine Gegenrevolution stattgefunden – die wollen uns alle einsperren. Ich lasse mich doch

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