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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Oscar grüßte die Frauen unbeholfen und betrat die leeren Gänge des Hochsicherheitstrakts.
    Er suchte nach einem Ort, wo er sich verstecken konnte. Ein Geräteschrank wäre ideal. Er musste nur noch eine Sache klären, bevor er sich entspannte und völlig aus dem Leim ging. Er brauchte seinen Laptop. Dieser Gedanke hatte etwas ausgesprochen Tröstliches: sich mit einem Laptop in einen abgeschlossenen Schrank zurückziehen. Dies war eine instinktive Reaktion auf eine unerträgliche Krise: so hatte er es schon im Alter von sechs Jahren gehalten.
    In Gretas Labor hatte er einen Ersatzlaptop deponiert. Er schlich sich hinein. Das ehemalige Streikzentrum, einstmals steril und jungfräulich, war nun gezeichnet von politischen Winkelzügen – es war schmutzig, voller verstreuter Papiere, Nahrungsreste, Flaschen, Abfall. Der ganze Raum stank nach Panik. Oscar fand den Laptop, halb unter einem Stapel Videobänder und Kataloge vergraben. Er zog ihn hervor und klemmte ihn sich unter den Arm. Gott sei Dank.
    Sein Telefon läutete. Reflexhaft meldete er sich. »Ja?«
    »Welch ein Glück! Gleich beim ersten Versuch ist der Seifenverkäufer dran! Wie geht’s denn so, Soapy? Alles unter Kontrolle?«
    Es war Green Huey. Oscars Herz setzte einen Schlag aus, als er jäh wieder munter wurde. »Ja, danke der Nachfrage, Gouverneur.«
    Wie in aller Welt war es Huey gelungen, ins interne Telefonsystem einzudringen? Kevin hatte ihm versichert, die Verschlüsselung sei nicht zu knacken.
    »Es macht Ihnen doch hoffentlich nichts aus, dass ich so spät noch anrufe, mon ami.«
    Oscar setzte sich langsam auf den Laborboden, lehnte sich mit dem Rücken an einen Metallschrank. »Keineswegs, Euer Exzellenz. Stets zu Diensten.«
    »Das ist gut für Sie, Soapy! Ich will Ihnen mal sagen, wo ich im Moment gerade bin. Ich fliege in einem gottverdammten Helikopter über dem Sabine River und sehe mir die Folgen eines gottverdammten Luftangriffs an.«
    »Was Sie nicht sagen, Sir.«
    »Ja, ICH SAGE ES!« kreischte Huey. »Diese Hurensöhne haben meine Leute plattgemacht! Schwarze Hubschrauber mit Raketen und Automatikwaffen, die am Boden befindliche amerikanische Zivilisten ermorden! Das war ein gottverdammtes Massaker!«
    »Gab es viele Tote, Gouverneur? Ich meine, abgesehen von Ihrem unglückseligen französischen U-Boot?«
    »ZUM TEUFEL, ja, es gab Tote!« brüllte Huey. »Wie sollte es keine geben? Im Wald beiderseits der Flussufer hat es von Regulatoren gewimmelt. Lauter Totalausfälle! Zu viele Agenten verderben den Brei! Ein absoluter Fehlschlag! Verdammt noch mal, ich habe niemals angeordnet, dass diese Bürohengste Sie und das geniale Frauenzimmer in einen gottverdammten Krankenwagen stecken sollen!«
    »Wirklich nicht, Euer Exzellenz?«
    »Zum Teufel, nein! Die sollten geduldig warten und Sie ergreifen, wenn Sie sich beide zu einem heißen Date aus dem Labor geschlichen hätten. In diesem Zusammenhang hätte eine Entführung Sinn gemacht. Das Problem bei den Nomaden ist, dass man sie nicht unter Kontrolle hat. Das habe ich nicht gewollt, mein Junge, das war nicht meine Absicht! Ich wollte Ihnen bloß was zeigen, mehr nicht. Wir drei, Sie und ich und Ihr Liebchen, hätten die Füße hochlegen und uns an Cocktails mit bunten Schirmchen drin laben können. Wir hätten einen Wissenschaftsgipfel veranstalten, wir hätten alle Probleme ausbügeln sollen.«
    Oscar kniff seine brennenden, geröteten Augen zusammen. »Dem Entführungsteam passierte unterwegs jedoch ein Missgeschick. Sie kamen zu spät zum Treffpunkt. Das Empfangskomitee war nervös geworden. Als die Regierungsstreitmacht eintraf, kam es zu einem heftigen Schlagabtausch.«
    Huey schwieg.
    Oscars Stimme schwang sich empor; die Worte prasselten wie Maschinengewehrfeuer auf Huey nieder. »Gouverneur, ich hoffe, Sie glauben mir, wenn ich sage, dass ich den Vorfall mehr bedaure als Sie. Ich sehe ein, dass es für Sie politisch vorteilhaft gewesen wäre, wenn Ihre Agenten uns bei einem skandalträchtigen Rendezvous ergriffen hätten. Uns wären kaum Möglichkeiten geblieben, und der Schachzug hätte sehr positive Auswirkungen für Sie gehabt. Aber sehen wir den Tatsachen ins Gesicht. Sie können eine Labordirektorin und einen Senatsangestellten nicht einfach entführen. Das ist gegen die Spielregeln. Kommandounternehmen sind politisch töricht. Selbst im realen Leben zahlen sie sich nur selten aus.«
    »Ha! Also, Sie waren mit Ihrem Kommandounternehmen anscheinend erfolgreich.«
    »Gouverneur,

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