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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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riss die Hand zurück. »Hör auf, mir den Puls zu fühlen. Du weißt, ich mag das nicht. Hör mal, ich bin labortischnüchtern, wirklich. Ich tu das alles doch für dich, Greta. Es ist mein voller Ernst, wir können morgen schon loslegen. Ein langes Sabbatjahr in Maine, in einem romantischen Blockhaus. Ich sage Lana, sie soll uns eine Blockhütte mieten, die kennt sich dort aus.«
    Greta riss die Augen auf. »Was? Morgen schon? Lana? In der Wildnis? Wir können die romantische Clare und das Kamasutra-Girl Lana Ramachandran doch nicht einfach im Stich lassen.«
    Oscar starrte sie an. »Was hast du gesagt?«
    »Tut mir Leid. Ich hätte das mit Lana nicht sagen sollen. Lana kann nichts für ihre Gefühle. Aber das mit Clare bedaure ich nicht. Du hast dich mit ihr betrunken! Kevin hat’s mir erzählt.«
    Oscar war verblüfft. »Wie sind wir auf das Thema gekommen?«
    Gretas Hals überzog sich mit hässlicher Röte. »Ich denke immer daran – ich hab’s bloß nie ausgesprochen! Clare und Lana und die Frau des Senators und Moira, all diese aufgedonnerten, aufgemotzten Glamour-Frauen mit ihren langen Krallen…«
    »Greta, hör auf. Vertrau mir! Ich bitte dich, mich zu heiraten. Moira! Kapier das endlich. Das ist echt, das ist dauerhaft und wahr. Sag mir ein für allemal, willst du Moira heiraten?«
    »Was? Moira gehört doch du deinem Team, nicht wahr? Sie ist hergekommen, um Wiedergutmachung zu leisten.«
    »Aber Moira arbeitet für Huey! Wann hast du dich mit ihr getroffen?«
    »Moira war in meinem Büro. Sie hat mir einen neuen Luftfilter mitgebracht. Sie war ganz reizend.«
    Oscar starrte entsetzt den Luftfilter auf dem Tisch an. Er hatte sich mittlerweile daran gewöhnt. Sie waren überall und wirkten so harmlos. Sie filterten das trojanische Giftgas aus der Luft. »Ach, Greta. Wie konntest du von dieser Frau nur ein Geschenk annehmen?«
    »Sie meinte, das Geschenk sei von dir. Es hat nach Rosen geduftet.« Sie tätschelte das Gerät, dann blickte sie auf einmal mit gequälter, verwirrter Miene auf. Allmählich dämmerte ihr die grauenhafte Erkenntnis. »Ach, Lieber, ich dachte, du wüsstest Bescheid. Ich dachte, du wüsstest alles.«
     
    Das Labor war natürlich dafür ausgerüstet, mit biologischer Kontamination fertig zu werden. Das ganze Verwaltungsgebäude wurde hermetisch abgeriegelt. Das Gas aus dem präparierten Luftfilter war besonders heimtückisch; es handelte sich um Mikropartikel von der Größe und Form von Jakobskrautpollen. Die Partikel hafteten wie eine schmerzlose Linie Kokain an der Nasenschleimhaut, wo ihr Inhalt in die Blutbahn einsickerte und mysteriöse Dinge anstellte.
    Nachdem sich Oscar und Greta mühsam in Schutzanzüge gezwängt hatten, geleitete man die beiden taumelnden Vergifteten, deren Gesichter sich gerötet hatten, in die Krankenstation des Hochsicherheitstrakts. Man schrubbte sie rituell ab und unterzog sie einer behutsamen Untersuchung. Die gute Nachricht lautete: sie würden nicht sterben. Die schlechte Nachricht ließ etwas länger auf sich warten. Sie hatten erhöhten Blutdruck, Blutandrang im Kopf und Gleichgewichtsstörungen und litten an seltsamen Sprachstörungen. Die PET-Untersuchungen ergab eine abnorm hohe Aktivität der kognitiven Prozesse, zwei wandernde Aktivitätszentren, wo sich im normalen Gehirn bloß eines hätte befinden sollen. Der Grundrhythmus der Gehirnwellen wies ausgeprägte Störungen auf.
    Während Oscar die Rede seines Lebens gehalten hatte, war er ganz allmählich vergiftet worden. Diese Erkenntnis versetzte ihn in einen Zustand animalischer Raserei. Dabei kam allerdings noch eine andere bemerkenswerte Eigenschaft seines vergifteten Gehirns zum Vorschein. Er konnte tatsächlich zwei Gedanken gleichzeitig verfolgen; die Anstrengung war allerdings so groß, dass er den Vorgang kaum kontrollieren konnte.
    Eine Krankenschwester schlug ein Sedativum vor. Oscar räumte bereitwillig ein, dass er ein wenig hyperaktiv sei, und untermauerte dies, indem er Beleidigungen brüllte und wiederholt gegen die Wand trat. Dies führte zur Verabreichung eines Beruhigungsmittels. Gespaltene Bewusstlosigkeit war die Folge.
    Gegen Mittag kam Oscar wieder zu sich. Er fühlte sich benommen und gleichzeitig aufgekratzt. Er besuchte Greta in ihrer separaten Dekontaminationszelle. Greta hatte eine ruhige Nacht verbracht. Sie saß kerzengerade im Krankenbett, die Beine über Kreuz, die Hände im Schoß, und blickte ins Leere. Sie sagte nichts, nahm ihn nicht einmal wahr. Sie

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