Brennendes Wasser
ein ganzes Jahresgehalt in die Küche investiert. Neben den Eichenschränken und einem professionellen Herd stellte ein begehbarer Kühlraum die größte Neuerung dar. Die Decke dort drinnen war hoch genug, dass Paul nicht mit dem Kopf anstieß.
Da ihm nichts Besseres einfiel, schlüpfte er in den Kühlraum und ließ die Tür ungefähr fünfzehn Zentimeter weit offen stehen. Er schraubte die Glühlampe aus der Fassung, legte sie unmittelbar hinter die Schwelle und zwängte sich in eine Nische direkt neben der schweren Tür. Gerade noch rechtzeitig. Durch das Milchglas sah er den Mann mit der Waffe im Anschlag die Küche betreten. Der Fremde blieb stehen und sah sich um. Die angelehnte Tür erweckte seine Neugier. Vorsichtig kam er näher, schob sie mit dem Ellbogen auf und trat ein. Dabei stieß er mit der Schuhspitze gegen die Glühlampe, die daraufhin klirrend über den Holzboden rollte. Der Lauf der Waffe schwang herum.
Der Finger des Mannes legte sich um den Abzug. Dann fiel ihm plötzlich die Decke auf den Kopf. Seine Knie wurden weich, und er brach bewusstlos zusammen.
Trout legte den gefrorenen Räucherschinken beiseite, der ihm als Keule gedient hatte, nahm die Maschinenpistole und trat in die Küche. Die Frauen und er befanden sich noch längst nicht in Sicherheit. Zuerst überprüfte er die Treppe, die aus der Küche nach oben führte. Er konnte den anderen Mann im ersten Stock hören. Sobald Gamay und Francesca gerettet waren, würde er sich darum kümmern. Jetzt schlich er langsam auf den Flur. Die Maschinenpistole war kein besonders gutes Druckmittel. Aufgrund der großen Streuung würde es schwierig sein, die Geiseln nicht zu gefährden.
Als er den Korridor betrat, sah er, wie die beiden Männer sich über die reglosen Körper der zwei Frauen beugten. Er vergaß alle Vorsicht und hob die Waffe. Dabei war er dermaßen auf die Situation am Eingang konzentriert, dass er den Mann hinter sich gar nicht bemerkte.
Auf einmal spürte er, dass die kalte Klinge eines Messers zwischen seine Rippen drang. Er wollte sich zu dem Gegner umwenden, doch seine Beine gehorchten ihm nicht. Paul stürzte bäuchlings zu Boden, landete mit dem Gesicht auf dem Teppich und brach sich die Nase.
Melo hatte den Hinterausgang überwacht und Trout aus dem Kühlraum auftauchen sehen. Jetzt betrachtete er die Blutlache, die unter dem Körper seines Opfers hervorquoll, stieg über Paul hinweg und ging zu seinem Bruder, um ihm auf die Schulter zu klopfen.
»Dein Vorschlag, die Rückseite zu sichern, war eine gute Idee, Bruder.«
»Sieht ganz so aus«, erwiderte der andere Zwilling und schaute zu der leblosen Gestalt. »Was sollen wir mit ihm machen?«
»Wir lassen ihn verbluten.«
»Einverstanden. Wenn wir mit den Frauen durch den Hinterausgang verschwinden, wird uns niemand bemerken.«
Er rief den Mann aus der oberen Etage herbei. Dann trugen sie die bewusstlosen Frauen zu einem wartenden Mercedes-Geländewagen, verfrachteten sie in den Laderaum und fuhren los, wenig später gefolgt von dem Kleinlaster mit der gefälschten Aufschrift. Pauls anfänglicher Schock ließ nach, und die Stichwunde begann zu schmerzen, so dass er vorübergehend wieder zu Bewusstsein kam. Unter Aufbietung aller Kräfte schleppte er sich ins Arbeitszimmer und rief über sein Mobiltelefon Hilfe herbei. Dann kam er erst wieder im Krankenhausbett zu sich.
Die Selbstvorwürfe strengten ihn an, und so schlief er abermals ein. Als er aufwachte, war jemand bei ihm im Zimmer. Die beiden Gestalten verschwammen vor seinen Augen. Er lächelte matt.
»Wieso habt ihr so verflucht lange gebraucht?«
»Wir haben uns von zwei Kampfflugzeugen aus der Elendorf Air Force Base mitnehmen lassen und sind so schnell wie möglich hergekommen«, sagte Austin. »Wie geht’s dir?«
»Die rechte Seite meines Körpers ist eigentlich ganz in Ordnung, aber die linke fühlt sich so an, als würde sie mit einer rot glühenden Zange bearbeitet. Und meine Nase war auch schon mal in besserem Zustand.«
»Das Messer hat deine Lunge so knapp verfehlt«, sagte Austin und legte Daumen und Zeigefinger aneinander. »Die Muskeln werden eine Weile benötigen, um zu heilen. Zum Glück bist du kein Linkshänder.«
»Glück ist das richtige Wort. Habt ihr etwas von Gamay und Francesca gehört?«, fragte er besorgt.
»Wir glauben, dass sie noch am Leben sind. Man hat sie vermutlich entführt.«
»Die Polizei behält die Flughäfen und Bahnhöfe im Blick, wie üblich«, sagte Zavala. »Wir
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