Brennendes Wasser
werden uns aber selbst auf die Suche machen.«
Der Schmerz in Pauls Blick wich einer stählernen Entschlossenheit. »Ich komme mit«, sagte er und schwang die langen Beine aus dem Bett. Die quälende Anstrengung ließ ihn schwindlig werden, und er musste innehalten, weil sein Magen ein paar Sekunden lang verrückt spielte. Dann rüttelte er an dem Tropf, dessen Kanüle in seinem Arm steckte. »Hierbei brauche ich vielleicht ein wenig Hilfe, Jungs. Und versucht nicht, mir die Sache auszureden«, fügte er hinzu, als ihm Austins beunruhigte Miene auffiel. »Holt mich lieber hier raus. Hoffentlich versteht ihr euch mit der Stationsschwester.«
Austin kannte Paul gut genug, um zu begreifen, dass dieser notfalls auf allen vieren aus der Klinik kriechen würde. Er schaute zu Zavala. Joe lächelte. Von ihm konnte Kurt in diesem Punkt keine Unterstützung erwarten.
»Mal sehen, was ich tun kann.« Er zuckte die Achseln. »In der Zwischenzeit könntest du unserem Freund vielleicht etwas Sittsameres zum Anziehen besorgen als dieses Krankenhausnachthemd, Joe«, sagte er. Dann drehte er sich um und begab sich auf den Weg zum Schwesternzimmer.
33
Die Stimmung im neunten Stock des NUMA-Gebäudes war gedrückt wie auf einem Bestatterkongress. In Anbetracht der unheilvollen Nachrichten aus dem Krankenhaus hatte Admiral Sandecker nicht damit gerechnet, anlässlich der Krisensitzung auch Trout im Konferenzraum vorzufinden. Der hoch aufgeschossene Tiefseegeologe sah furchtbar aus, aber Sandecker behielt seine Gedanken für sich. Er würde Paul unter keinen Umständen davon abhalten können, an der Suche nach Gamay und Francesca teilzunehmen.
Sandecker lächelte Trout aufmunternd zu und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Zu beiden Seiten von Paul saßen seine Kollegen Austin und Zavala, so dass er nicht vom Stuhl fallen konnte. Die vierte Person am Tisch, ein schlanker, schmalschultriger Mann, dessen dicke Hornbrille ihm ein professorenhaftes Aussehen verlieh, war Rudi Gunn, der Einsatzleiter und stellvertretende Chef der NUMA.
Der Admiral sah auf die Uhr. »Wo bleibt Yaeger?« Er klang etwas ungeduldig.
Yaegers überragende Computerkenntnisse gestatteten ihm einige Freiheiten im Hinblick auf die Kleidungsvorschriften der NUMA, aber nicht einmal der Präsident würde es wagen, zu spät zu einem Treffen mit Sandecker zu erscheinen. Vor allem nicht in einem so dringenden Fall.
»Er kommt in ein paar Minuten«, erklärte Austin. »Ich habe Hiram gebeten, einige Einzelheiten zu überprüfen, die für unser Gespräch von Bedeutung sein könnten.«
Schon seit längerer Zeit hatte Austin eine diffuse innere Unruhe verspürt, ohne den Grund dafür je richtig zu erfassen. Nach der Rückkehr aus Alaska war er für einige Stunden zu Bett gegangen. Diese Ruhepause musste den Ausschlag gegeben haben, denn kurz nachdem er sich in seinen Wagen gesetzt hatte, wurde ihm endlich klar, was ihn beschäftigte. Wenige Sekunden später sprach er über sein Mobiltelefon mit Yaeger. Der Computer-Experte war ebenfalls gerade erst von zu Hause aufgebrochen.
Er wohnte mit seiner Frau, die als Künstlerin arbeitete, und den beiden Teenager-Töchtern in einem eleganten Vorort der Hauptstadt. Austin schilderte sein Anliegen und bat Yaeger, entsprechende Nachforschungen anzustellen. Er würde ihn solange beim Admiral entschuldigen.
Sandecker kam ohne Umschweife zur Sache. »Gentlemen, wir sehen uns einem Geheimnis gegenüber. Unbekannte Angreifer haben zwei Leute entführt und einen dritten niedergestochen.
Kurt, würden Sie uns bitte über den letzten Stand der Dinge unterrichten?«
Austin nickte. »Die Polizei verfolgt gegenwärtig alle denkbaren Spuren. In der Nähe des Washington Monument wurde ein Kleinlaster mit der gefälschten Aufschrift der Stadtverwaltung gefunden. Wie Paul inzwischen bestätigt hat, stand der Wagen eine Zeit lang vor seinem Haus geparkt. Das Fahrzeug war seit einer Weile als gestohlen gemeldet, aber leider ließen sich keinerlei Fingerabdrücke feststellen. Alle Flughäfen und Bahnhöfe werden überwacht. Mit Pauls Hilfe wurde beim FBI ein Phantombild des Anführers der Gruppe erstellt und sofort an Interpol weitergeleitet.«
»Ich befürchte, das alles wird nichts nutzen«, sagte Sandecker. »Wir haben es hier mit Profis zu tun. Es dürfte uns selbst überlassen bleiben, Gamay und Dr. Cabral aufzuspüren. Wie Sie wissen, ist Rudi ein paar Tage im Ausland gewesen. Ich habe ihn so gut wie möglich auf dem Laufenden
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