Brennendes Wasser
woraufhin die Türflügel geräuschlos aufschwangen. Kinkaid trat ein und hielt beeindruckt den Atem an. Hinter ihm schloss sich die Tür. Er befand sich in einem riesigen, hohen Saal, der durch das Feuer eines mächtigen Kamins und unzählige lodernde Fackeln erhellt wurde, die in Wandhalterungen steckten. Dazwischen hingen bunt verzierte Schilde und Wimpel, Speere, Streitäxte, Schwerter und andere Mordinstrumente, die an eine Zeit gemahnten, in der Krieg noch gleichbedeutend mit blutigen Nahkämpfen war.
Doch selbst die prächtigen Waffen verblassten neben dem Objekt, das die Mitte des Raums ausfüllte. Es handelte sich um ein Wikingerschiff von mehr als zwanzig Metern Länge, dessen Eichenplanken jeweils in einem hochgezogenen Vorder- und Achtersteven endeten. Das Rahsegel aus Tierhaut schien sich in der nächstbesten Brise blähen zu wollen. Über eine Gangway in der Nähe des Hecks gelangte man auf Deck, wo sich zu beiden Seiten des Mastes und parallel zum Rumpf ein langer Tisch erstreckte.
Kinkaid hatte früher bei den Marines gedient und Kampfeinsätze in Vietnam absolviert, so dass er nicht so leicht einzuschüchtern war. Er biss die Zähne zusammen, durchquerte mit unverkennbar entschlossener Miene den Saal und stieg die Gangway hinauf. Rund um den Tisch saßen etwa zwei Dutzend Männer, die jetzt verstummten und ihm neugierig entgegenblickten. Er nahm auf dem letzten freien Stuhl Platz und musterte die anderen Anwesenden. Gerade als er den Mann zu seiner Rechten ansprechen wollte, öffnete sich die Flügeltür am Ende der Halle.
Eine Frau trat ein und ging im flackernden Schein der Fackeln auf das Schiff zu. Ihre langen Beine durchschritten den Baum mit erstaunlicher Geschwindigkeit, und der eng anliegende Overall betonte deutlich ihre athletische Figur, doch vor allem beeindruckte die Fremde durch ihre Größe: Sie maß ungefähr zwei Meter zehn.
Zwar waren Körper und Gesicht der Frau makellos, doch glich ihre Schönheit der eines Eisbergs. Sie wirkte dermaßen kalt und abweisend, als wäre sie soeben den Tiefen der Arktis entstiegen. Ihr flachsblondes Haar hatte sie im Nacken zu einem Knoten verschlungen und brachte dadurch ihren marmornen Teint und die großen gletscherblauen Augen voll zur Geltung.
Sie betrat das Schiff und ging um den Tisch herum. Mit überraschend sanfter Stimme begrüßte sie jeden der Männer mit Namen und bedankte sich für sein Kommen. Als der Kongressabgeordnete an die Reihe kam, hielt sie kurz inne, richtete den durchdringenden Blick ihrer bemerkenswerten Augen auf sein markantes Gesicht und schüttelte ihm mit festem Griff die Hand.
Dann nahm sie auf dem hochlehnigen Stuhl am Bug-Ende des Tisches Platz. Ihr Lächeln war frostig und verführerisch zugleich.
»Guten Tag, Gentlemen«, sagte sie, derweil ihre Stimme den nachdrücklichen Tonfall einer geübten Rednerin annahm. »Mein Name ist Brynhild Sigurd. Zweifellos fragen sie sich, an was für einem Ort sie sich derzeit befinden. Walhalla ist sowohl mein Zuhause als auch der Sitz meines Unternehmens. Zudem stellt es eine Reminiszenz an meine skandinavischen Wurzeln dar.
Das Hauptgebäude entspricht einem überdimensionierten Langhaus der Wikinger. Die Seitenflügel dienen verschiedenen Zwecken. So sind dort Büros, Gästezimmer, ein Trainingsraum sowie ein Museum für meine Sammlung norwegischer Altertümer untergebracht.«
Sie zog eine Augenbraue hoch. »Ich hoffe, Sie werden nicht so leicht seekrank.« Als das höfliche Gelächter sich gelegt hatte, fuhr sie fort. »Dieses Schiff ist die Nachbildung des berühmten Wikingerboots von Gogstad. Es stellt mehr als eine bloße Kulisse dar; es steht für meinen Glauben an die Machbarkeit des Unmöglichen. Ich habe es bauen lassen, weil ich die funktionelle Schönheit der Form bewundere, aber auch als stetige Erinnerung daran, dass die Wikinger niemals den Ozean überquert hätten, wären sie nicht von Abenteuerlust und Wagemut erfüllt gewesen. Vielleicht kann der Geist meiner Vorfahren die Entscheidungen beflügeln, die hier getroffen werden sollen.« Sie legte eine kurze Pause ein. »Vermutlich wundern Sie sich, weshalb ich Sie eingeladen habe.«
Eine raue Stimme fiel ihr ins Wort. »Ich möchte behaupten, Ihr Angebot, uns fünfzigtausend Dollar zu zahlen oder diese Summe einer Wohlfahrtseinrichtung unserer Wahl zu stiften, dürfte maßgeblich für unser Erscheinen hier verantwortlich sein«, sagte der Abgeordnete Kinkaid. »Ich habe das Geld an eine
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