Brennendes Wasser
rotgesichtiger Mann. Er wirkte wie ein ehemaliger Türsteher, der im Laufe der Jahre erheblich in die Breite gegangen war. Sein Name sei Hanley, sagte er und ließ sie auf zwei Empirestühlen Platz nehmen. Er selbst setzte sich hinter einen großen Mahagonischreibtisch, lehnte sich auf seinem gepolsterten Drehstuhl zurück, legte die Fingerspitzen aneinander und musterte die beiden Männer nachdenklich mit dem Blick eines Wolfs, der gierig zwei angepflockte Ziegen betrachtete.
Nach ihrer Rückkehr aus Tijuana hatte Austin in Hanleys Kanzlei angerufen und um eine Besprechung gebeten. Er trug mächtig dick auf und behauptete, er und sein Partner hätten »ein paar Millionen an der Börse« verdient und suchten nach einer guten Investitionsmöglichkeit. Sie erhielten sofort einen Termin.
Das begehrliche Funkeln in den hellgrünen Augen des Anwalts ließ darauf schließen, dass der Köder seine Funktion vortrefflich erfüllt hatte. Hanleys Blick wanderte vom einen zum anderen.
»Ich bin dafür, immer gleich zur Sache zu kommen«, sagte er.
»Wenn ich Sie am Telefon richtig verstanden habe, interessieren Sie sich für Anlagemöglichkeiten im Ausland.«
»In erster Linie interessieren wir uns für Mexiko«, erklärte Zavala.
Der Anwalt trug einen teuren, haifischgrauen Anzug und hatte seine fleischigen Hände mit so viel Gold und Diamanten bestückt, dass es für drei gereicht hätte. Allerdings wäre kein Schneider der Welt in der Lage gewesen, die Schlägerstatur des Mannes zu kaschieren, und selbst noch so viel Schmuck konnte nicht darüber hinwegtäuschen, wie ungehobelt Hanley sprach und sich bewegte. Kurt und Joe trugen Jeans, T-Shirts und Windjacken. Die lässige Kleidung war wohl überlegt. In Kalifornien sieht nur der nach einem Millionär aus, der garantiert keiner ist.
Zavalas lateinamerikanisches Äußeres entging dem Anwalt durchaus nicht. »Da haben Sie in mir genau den richtigen Ansprechpartner gefunden«, rief er überschwänglich. Er versuchte, ein freundliches Lächeln aufzusetzen, aber der V-förmige Mund in dem feisten Gesicht ließ ihn wie einen fetten Geier aussehen.
»Schwebt Ihnen schon eine bestimmte Branche vor?«
»Wir mögen Tortillas«, sagte Austin und verzog dabei keine Miene.
Hanleys rote Visage starrte ihn verständnislos an. »Wie bitte?«, fragte er, weil er glaubte, sich verhört zu haben.
»Tortillas, Sie wissen schon«, wiederholte Austin und deutete mit den Fingern einen Kreis an. »Wir haben gehört, das sei ein Markt mit Zukunft.«
Der Anwalt gewann seine Fassung schnell wieder zurück. »Ja, ganz recht«, erwiderte er. »Ein überaus florierender Sektor der stetig wachsenden Nahrungsmittelindustrie.«
Austin war überzeugt, Hanley hätte ihnen für jeden x-beliebigen Vorschlag eine vergleichbare Prognose gestellt. Zavala und er hatten beschlossen, genauso direkt wie bei Pedralez vorzugehen, und hofften, eine ebenso starke Reaktion zu erzielen.
»Wir haben von einer Tortilla-Fabrik auf der Baja California gehört, nicht weit entfernt von Ensenada, die eventuell günstig zum Verkauf steht«, sagte Joe grinsend.
Hanleys vorstehende Augenbrauen zogen sich zusammen.
»Wo genau haben Sie davon gehört?«
»Ach, es ist nur so ein Gerücht.« Zavalas Mundwinkel hoben sich zu einem geheimnisvollen Lächeln.
»Tut mir Leid, Gentlemen. Ich kenne keine Tortilla-Fabriken auf der Baja.«
»Er behauptet, er kennt sie nicht«, sagte Joe zu Kurt.
Austin zuckte die Achseln. »Das überrascht uns aber. Laut Enrico Pedralez sind Sie sehr wohl mit der entsprechenden Anlage vertraut. Er hat uns Ihren Namen genannt und gesagt, Sie hätten das Geschäft für ihn eingefädelt.«
Der Name des mexikanischen Gangsterbosses ließ bei Hanley sämtliche Alarmglocken schrillen. Er war sich nicht sicher, was er gegenüber diesen beiden Fremden zugeben durfte und was nicht. In Gedanken spielte er alle möglichen Bedrohungen durch: Polizei, Steuerfahndung, Staatsbehörden. Die Männer schienen in keine dieser Schubladen zu passen. Er beschloss, zum Angriff überzugehen.
»Würden Sie sich bitte ausweisen?«
»Das dürfte nicht nötig sein«, sagte Austin.
»In dem Fall möchte ich Sie bitten, umgehend mein Büro zu verlassen. Andernfalls werfe ich Sie eigenhändig hinaus.«
Austin machte keine Anstalten, sich zu erheben. »Das könnten Sie natürlich versuchen«, sagte er in frostigem Tonfall, »aber ich würde es Ihnen nicht raten. Ebenso nutzlos wäre es, Ihre mexikanischen Kumpel
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