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Bretonische Brandung

Bretonische Brandung

Titel: Bretonische Brandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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Hubschrauber?«
    Dupin wollte gerade das Telefon vom Ohr nehmen, um es direkt vor den Mund zu halten und die Erklärung hineinzuschreien, als ihm Nolwenn zuvorkam.
    »Natürlich. Die Küstenwache.«
    Der Hubschrauber machte keine Anstalten weiterzufliegen. Im Gegenteil, jetzt war deutlich zu erkennen, dass er sank. Zuerst langsam, dann immer rascher. Er würde landen. Der Lärm war noch dröhnender geworden, es war vollkommen unmöglich, sich zu verständigen.
    »Ich lege jetzt auf.«
    Dupin hatte keine Ahnung, ob Nolwenn ihn verstanden hatte.
    Der Hubschrauber konnte höchstens noch ein paar Meter über dem Boden sein, er war aus Dupins Sichtfeld verschwunden. Dupin überlegte, was er tun sollte. Ob er nachsehen musste? Er blieb sitzen. Es dauerte weitere ein, zwei Minuten, dann stoppte der Pilot den Motor, und sofort war die große, tiefe Stille zurück, die auf dem Archipel herrschte. Noch bevor Dupin erleichtert seufzen konnte, schrillte sein Telefon erneut. Diesmal war es nicht Nolwenn, sondern Riwal.
    »Was gibt es?«
    »Der eine Hubschrauber der Küstenwache müsste gerade bei Ihnen gelandet sein.«
    Dupin sah sich außerstande, darauf etwas zu antworten.
    »Wir haben Sie nicht erreichen können, bei Ihnen war dauernd besetzt. Im Meer wurden Gegenstände gesichtet. Vielleicht von einem Boot. Bei einer kleinen Felsengruppe, Les Méaban – drei Seemeilen östlich des Archipels. Sie gehört aber noch zu den Glénan, irgendwie. Der andere Hubschrauber ist noch dort und sucht weiter.«
    Zu dem jahrhundertealten Streit, aus wie vielen Inseln, Inselchen und Felsengruppen bei welchen Gezeiten der Archipel nun tatsächlich bestand, hatte sich immer auch ein anderer gesellt: Welche Insel, Inselchen und Felsengruppen, die erkennbar nicht unmittelbar zum Archipel gehörten, zählte man dennoch hinzu? Wenn es sein musste, auch nur geologisch, erdgeschichtlich. Gern wurde landläufig alles den Glénan zugeordnet, was irgendwie vor der Küste zwischen Trévignon, Concarneau und Guilvinec lag, so wurden sie immer größer.
    »Könnten die Toten von dort bis hierher getrieben worden sein? Was meint Goulch?«, fragte Dupin.
    »Durchaus, meint er. Aber er sagt auch, dass das im Augenblick reine Spekulation sei.«
    »Was will der Hubschrauber hier auf Saint-Nicolas?«
    »Wir haben – Sie nicht erreicht.«
    »Er ist meinetwegen hier?«
    »Der – der Präfekt hat – angeordnet, dass er Sie zur Felsengruppe fliegt, um das persönlich in Augenschein zu nehmen.«
    Offensichtlich war es Riwal sehr schwergefallen, das wiederzugeben. Am ersten Teil des Satzes hatte er eine gefühlte Minute herumgedruckst, durch den zweiten war er im Bruchteil einer Sekunde gerast.
    »Hinfliegen? Angeordnet? «
    Dupin spürte, wie er in Rage geriet, ganz gegen seinen Willen, denn es war sein fester Vorsatz, in allem, was den Präfekten betraf, ruhig zu bleiben und sich nicht provozieren zu lassen – und das, obgleich er sich nur an wenige Dinge, Sätze und Vorgänge im Zusammenhang mit dem Präfekten erinnerte, die nicht irgendeine Art von Provokation gewesen wären.
    »Und warum sollte ich da hinfliegen?«
    »Ich sollte Ihnen nur ausrichten, was er gesagt hat. Und er sprach wiederholt von ›Anordnung‹.«
    Riwal war anzuhören, dass er sich am liebsten in Luft aufgelöst hätte.
    »Hat er Sie direkt angerufen?«
    »Ja, zwei Mal bereits in den letzten zehn Minuten, er hatte es bei Ihnen versucht, aber, wie gesagt, da war besetzt. Er hat auch gesagt«, Riwal klang nun restlos verzweifelt, »ich solle Sie unbedingt daran erinnern, die Anklopffunktion Ihres Telefons zu aktivieren, er habe Ihnen auch das bereits einige Male gesagt, er könne Sie nie erreichen, wenn es darauf ankomme. Er lande immer nur bei Nolwenn.«
    »Anklopffunktion?«
    Das war ein abstruses Gespräch.
    »Das bedeutet, dass …«
    »Ich werde nirgendwohin fliegen. Was sollte ich aus der Luft erkennen? – – – So ein Blödsinn. Die Kollegen werden das gewissenhaft inspizieren. Wichtiger ist, dass wir eines der Boote dorthin schicken.«
    »Die Bir ist bereits unterwegs. Sie haben Tauchausrüstungen an Bord. Sollen wir Sie mit dem zweiten Boot abholen?«
    »Ich bleibe hier.«
    »Und der Präf…«
    »Lassen Sie das meine Sorge sein, Riwal. Sagen Sie dem Piloten, er kann zurückfliegen. Wohin auch immer. Melden Sie sich, wenn es Neuigkeiten gibt.«
    »Aber …«
    Dupin legte auf. Riwal würde ihn verstehen. Er kannte ihn, wenn er in einer solchen Stimmung war. Dupin lehnte sich

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