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Bretonische Brandung

Bretonische Brandung

Titel: Bretonische Brandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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Jahr hat ein Taucher eine Truhe aus dem 17. Jahrhundert gefunden, in der sich eine halbe Tonne gut erhaltene Silbermünzen befanden. Es geht um alles, was wertvoll ist. Schmuck, Edelsteine, Münzen aus Gold, Silber, Bronze. Alte Waffen, sogar Kanonen. Kunsthandwerk. – Der archäologischen Abteilung geht es natürlich um wissenschaftliche Aspekte.«
    Dupin wusste immer noch nicht, wie er mit dieser Information umgehen sollte; das klang nach Seemannsgarn.
    »Sie sagten, niemand spricht darüber?«
    »Niemand würde eine heiße Spur preisgeben.«
    »Aber die Schätze – ich meine, eventuell entdeckte und geborgene Gegenstände von gesunkenen Schiffen gehören doch dem Staat, nicht einem privaten Finder.«
    »Zehn Prozent des Wertes stehen dem Finder zu, allein das kann attraktiv sein. – Was meinen Sie, wie viele wertvolle Dinge hier im Geheimen geborgen worden sind. Das kriegt niemand mit.«
    »Und Ihr Bruder war auch ein Schatzsucher?«
    »Oh ja.«
    Sie sagte das, als wäre es das Natürlichste der Welt.
    »Schon als Kind hat ihn das fasziniert. Ein paar Schiffe hat er bereits entdeckt. Aber nichts von Wert. Soweit man weiß. – Wie gesagt, hier auf dem Archipel und in den umliegenden Gewässern ist das sehr populär. Sie sollten mal mit Anjela Barrault, der Leiterin des Tauchzentrums, sprechen. Und mit Monsieur Tanguy, der ist selbst Hobbyarchäologe.«
    Dupin war immer noch geneigt, das Thema als fantastisch abzutun.
    »Welchen Wert hatte diese Truhe? Die mit dem Silber?«
    »Über eine halbe Million.«
    Das war eine signifikante Summe. Und sehr real.
    »Vor einigen Jahren hat sich auch Konan einmal mit dem ehemaligen Bürgermeister angelegt, es ging um irgendwelche Bergungsrechte.«
    »Bitte?«
    Muriel Lefort hatte wieder diesen beiläufigen Ton angeschlagen.
    »Ich erinnere mich nur vage. Kilian Tanguy hat das erzählt.«
    »Mehr wissen Sie nicht?«
    »Nein.«
    »Und das ist Ihnen gerade wieder eingefallen?«
    Madame Lefort, der ihre Erschöpfung nun wieder anzumerken war, schaute ihn fragend an.
    »Ich habe Sie in dieser Situation über Gebühr beansprucht. Sie sollten sich ausruhen.«
    »Ja, das wäre gut. Ich bin wirklich erschöpft.«
    »Ich melde mich morgen im Laufe des Vormittags. Ein paar Fragen habe ich noch.«
    »Natürlich. Melden Sie sich, ich werde im Büro sein.«
    Muriel Lefort stand noch vor dem Kommissar auf, Dupin folgte ihr.
    »Bonne nuit, Madame Lefort.«
    »Bonne nuit.«
    Geräuschlos schloss sie die Tür hinter ihm.
    Es war tatsächlich wie in einem wunderlichen Traum. Madame Lefort hatte mit der Vollmondnacht nicht übertrieben. Es war eine ganz neue Welt, die dieses andersartige Licht mit seinen fremden Farben hervorbrachte. Eine Welt in einem fernen Universum, mit anderen Gesetzen und Gegebenheiten. Der Mond schien mit einer silberweißlichen Kraft, die Dupin, da war er sich sicher, noch nie erlebt hatte. Wie am Tag das Sonnenlicht wurde jetzt das Mondlicht vom Meer reflektiert. Es war hell, richtig hell. Aber es war nicht die Helligkeit des Tages. Die ganze Welt sah verändert aus: die Felsen, der Strand, die kleine Steinmauer vor Muriel Leforts Garten. Das Licht warf diffuse Schatten, die sich an den Rändern verbanden. Die Mondwelt und die Dinge in ihr glänzten matt, ein Glänzen zwischen Geheimnis, Schönheit und Unheimlichem. Das Verrückteste war das Meer: eine vollkommen bewegungslose, wie eingefrorene quecksilbrige Fläche, in die hinein sich die bizarren schwarzen Formen der Insel schoben. Es war eine perfekte mystische Szenerie. Wenn man Groac’h, die Hexe der Schiffsuntergänge hier und jetzt über das Wasser hin zu ihrem sagenhaften Palast schweben sähe, es würde ganz natürlich wirken.
    Dupin war ein paar Meter gegangen, hatte bereits das Handy am Ohr gehabt und war dann unwillkürlich stehen geblieben. Alles schien unendlich – auch die Stille, die jetzt noch mächtiger war als am Tag. Selbst das Meer war nur ein stetiges, gleichförmiges und harmonisches Rauschen.
    Dupin schüttelte sich. Jetzt war es übermäßig »frisch«. Auch wenn es spät war und er deutlich merkte, dass er seit dem Hummer nichts gegessen und dafür eine, für einen fast nüchternen Magen, beträchtliche Menge Cognac getrunken hatte und es überhaupt ein ausgesprochen anstrengender Tag gewesen war – er musste sich noch einmal aufraffen und konzentrieren.
    Er versuchte, Riwal und Kadeg erreichen.
    Bei Riwal war besetzt.
    »Kadeg?«
    »Monsieur le Commissaire.«
    »Wo sind Sie?«
    »Wir sind

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