Bretonische Brandung
eben fertig geworden mit den Befragungen und Listen hier im Quatre Vents.«
»Das hat so lange gedauert?«
»Es waren dreißig Menschen und eine Vielzahl an Fragen und Nachfragen. Wir haben der Gründlichkeit hohe Priorität eingeräumt. Ich denke, das war in Ihrem Sinne. Was man am Anfang versäumt, holt man nicht mehr auf. Nun haben wir eine ernst zu nehmende Liste.«
Kadeg wirkte immer noch vollkommen wach und tatendurstig.
»Und das Tauchzentrum und die Segelschule?«
»Ich habe gerade mit der Leiterin des Tauchzentrums gesprochen, Madame Barrault. Ich habe sie nachdrücklich gebeten, uns eine vollständige Liste aller Teilnehmer der aktuellen Kurse zu erstellen und zu erfragen, wer davon gestern Abend im Quatre Vents war. Wir werden sie morgen früh haben. Madame Barrault war übrigens gestern selbst auch im Quatre Vents«, Kadeg machte eine unmotiviert wirkende Kunstpause, »sie ist erst später gekommen, nach der Arbeit.«
»Die Tauchlehrerin war auch da?«
Weder Solenn Nuz noch Muriel Lefort hatten sie erwähnt. Muriel Lefort konnte sie natürlich knapp verfehlt haben.
»Wir haben etwas ungenaue, widersprüchliche Angaben zum Zeitpunkt. Sie selbst meint, sie sei gegen Viertel vor neun gekommen. Die Töchter von Solenn Nuz haben Viertel nach acht ausgesagt. Auf alle Fälle ist sie während des Gewitters geblieben, bis Mitternacht. Bis das Schlimmste vorüber war. – Riwal wird die Liste der Segelschüler von Madame Menez bekommen, der Assistentin von …«
»Ich bin im Bilde. Wo ist eigentlich Goulch?«
»Er hat vergeblich versucht, Sie zu erreichen. Sie sind nicht ans Telefon …«
»Sehr richtig, Kadeg.«
»Goulch und seine Leute haben das Boot ein weiteres Mal in Augenschein genommen. Sie sind dann hierher nach Saint-Nicolas gekommen und müssten jetzt am Hafen liegen. Er wollte noch alles für die sofortige Bergung morgen früh organisieren. Die Luc’hed ist nach vergeblichen Tauchgängen an den Méaban zurück ans Festland, sie haben nichts gefunden, abgesehen von ein paar weiteren Kanistern. Goulch hatte das eigenmächtig entschieden, nachdem er Sie nicht …«
»Ich verstehe. Gut.«
Kadeg würde das noch mehrere Male auf die eine oder andere Weise ansprechen.
»Wie viele der Gäste von heute Abend waren auch gestern Abend da?«
»Wir haben zwölf ermittelt.«
Das waren einige.
»Wir haben die Leute vor einer Viertelstunde gehen lassen, bei vielen herrschte bereits starker Unmut.«
»Sie haben was?«
Das war nicht abgesprochen gewesen. Dupin lagen heftige Worte auf der Zunge.
»Wir hatten objektiv keinerlei Grund und ebenso keine polizeiliche Handhabe, sie weiter hier festzuhalten. Natürlich haben wir sämtliche Personalien aufgenommen.«
Dupin musste nachgeben, so wenig es ihm passte – und so gern er noch selbst mit einigen Gästen gesprochen und sich bei solchen Dingen um keinerlei polizeiliche Bestimmungen geschert hätte. Aber Kadeg hatte richtig gehandelt.
»Hat denn irgendjemand irgendetwas Verdächtiges wahrgenommen?«
»Fehlanzeige bisher. Der Bürgermeister von Fouesnant, Monsieur Du Marhallac’h, wollte Sie übrigens unbedingt sprechen. Er war gestern und heute Abend da.«
»Was wollte er?«
»Er wollte wissen, wie der Stand der Ermittlungen ist.«
Dupin war nicht mehr weit vom Quatre Vents entfernt.
»Wir werden uns noch einmal zusammensetzen, Riwal, Sie und ich. Ich bin gleich da.«
»Ich denke, das sollten wir.«
»Wer ist noch im Quatre Vents? «
»Madame Nuz, Riwal und ich.«
»Gut. Eine Sache nur: Konan ist vor ein paar Jahren mit dem ehemaligen Bürgermeister aneinandergeraten, es ging um Bergungsrechte. An einem Schiff, vermute ich. Sprechen Sie«, Dupin blätterte in seinem Notizbuch und fand, was er suchte, »mal mit diesem Taucher, Monsieur Tanguy. Und mit jemandem in der Mairie. Ich will wissen, worum es dabei ging.«
»Im Übrigen hat der Präfekt versucht, Sie zu erreichen. Er war erneut höchst ungehalten.«
»Lassen Sie das meine Sorge sein. Es ist vollkommen unangemessen, sich in die – völlig intakte Kommunikation zwischen dem Präfekten und dem leitenden Kommissar einzumischen.«
»Er hat mir …«
Dupin hatte keine Nerven mehr. Er legte auf. Und seufzte tief.
Er wusste, er würde um ein baldiges Gespräch mit dem Präfekten nicht herumkommen. Sosehr er sich auch dagegen sträubte. Er blieb kurz stehen und wählte Nolwenns Handynummer. Es dauerte keine Sekunde, und Nolwenn war am Apparat.
»Monsieur le Commissaire?«
»Alles in
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