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Bretonische Verhältnisse

Bretonische Verhältnisse

Titel: Bretonische Verhältnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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Kopie geben könnte?«
    »Nein. Niemals.«
    »Und Pierre-Louis Pennec? Hat er je etwas von einer Kopie erzählt?«
    »Nein.«
    »Wie kommt es zu dieser Kopie hier?«
    »Da kann ich nur spekulieren, Monsieur le Commissaire. Als Gauguin endgültig Pont Aven verließ und ganz in die Südsee übersiedelte, war es ja keineswegs das Ende der Schule von Pont Aven . Viele Maler blieben jahrelang hier, so auch Sonnheim. Natürlich waren es mehr und mehr unbedeutende Künstler, die blieben. Vielleicht hat Marie-Jeanne bei Sonnheim die Kopie selbst in Auftrag gegeben. Das wäre nichts Ungewöhnliches. Sie hatte ja Bilder vieler Künstler unten im Restaurant hängen, zunächst Originale, dann aber hat sie sie, wie Mademoiselle Julia in ihrem Hotel, nach und nach durch Kopien ersetzt. Marie-Jeanne hatte vielleicht vor, das Original irgendwo sicher zu verwahren. Aber das alles, ich möchte es noch einmal betonen, ist reine Spekulation.«
    »Dann ist diese Kopie auch über hundert Jahre alt, fast so alt wie das Bild selbst?«
    »Ohne Zweifel.«
    »Wo hat sie sich die ganze Zeit über befunden?«
    »Auch das vermag ich Ihnen nicht zu sagen. Pierre-Louis könnte sie geerbt haben, mit dem Original. Neben seinem Zimmer im Hotel gibt es ja den kleinen Raum mit dem Fotoarchiv, dort bewahrte Pierre-Louis einige Kopien auf, die im Restaurant keinen Platz gefunden hatten; wir haben ein paarmal über diese Kopien gesprochen, er hatte überlegt, sie dem Museum zu vermachen. Er sprach immer von einem Dutzend; ich habe sie nie gesehen, aber vielleicht hat er diese Kopie auch dort aufbewahrt. Oder sie war gar nicht im Hotel – und jemand anders hatte sie?«
    Beauvois machte eine Pause.
    »Vielleicht, auch das ist ja vorstellbar, wusste er selbst nichts von dieser Kopie. Wer weiß?«
    »Ja, wer weiß. Aber jemand hat sie besessen – oder wusste von ihr und konnte sie sich beschaffen.«
    Dupin sprach jetzt mit gereizter Entschiedenheit.
    »Der Mörder muss das echte Bild direkt in der Nacht seiner Tat ausgetauscht haben.« Beauvois war noch mitten in seinem Gedankengang.
    Dupin war sich sicher, dass Beauvois recht hatte. So musste es gewesen sein. Sauré hatte am Tag zuvor noch das Original im Restaurant hängen gesehen, da, wo es über hundert Jahre seinen festen Platz gehabt hatte. Von der Tatnacht an war es dann immer nur um Kopien gegangen.
    »Was hatten Sie mit dem Bild vor, Monsieur Beauvois?«
    Beauvois Stimme schwang sich wieder pathetisch auf.
    »Es wäre dem Museum und dem Verein zugutegekommen – ganz und gar.«
    Er zögerte einen kurzen Augenblick.
    »Ich denke, ich muss nicht hinzufügen, dass nichts davon für mich gewesen wäre, für meine persönlichen Zwecke. Man hätte mit diesem Geld etwas Großes anfangen können. Eine wirkliche Erweiterung des Museums. Ein neues Zentrum für neue Malerei. So viel! Pierre-Louis Pennec wollte nicht, dass das Bild an seinen Sohn und seine Schwiegertochter ging. Pierre-Louis Pennec hatte vor, das Bild dem Musée d’Orsay zu übergeben, als Schenkung.«
    Den letzten Satz sprach er aus wie einen Trumpf.
    »Wir wissen davon, Monsieur Beauvois.«
    »Natürlich. Darüber hatte er schon lange nachgedacht, ohne es konkret zu verfolgen. Letzte Woche hat er mich dann gefragt, wie er vorgehen solle. Auf einmal, ganz plötzlich. Er war sehr entschieden. Und er wollte es schnell abwickeln. Ich habe ihm Monsieur Sauré empfohlen, ein brillanter Mann, der Leiter der Sammlung des Museums.«
    »Sie haben Monsieur Pennec an Charles Sauré vermittelt?«
    »Er hatte keine Idee, wie er vorgehen sollte. Er hat sich in diesen Dingen immer auf mich verlassen.«
    »Und haben Sie auch mit Monsieur Sauré gesprochen?«
    »Nein, ich habe ihm lediglich den Namen und die Nummer gegeben; ich hatte es ihm angeboten, aber er wollte es selbst machen.«
    »Wussten Sie, dass Sauré und er sich gesehen haben – dass Sauré im Hotel war und das Bild gesehen hat?«
    Beauvois blickte überrascht.
    »Nein, wann war Monsieur Sauré hier in Pont Aven?«
    »Mittwoch.«
    »Hm.«
    »Was meinen Sie?«
    »Nichts. Gar nichts.«
    »Wo haben Sie sich letzten Donnerstagabend aufgehalten, Monsieur Beauvois? Und gestern Abend?«
    »Ich?«
    »Ja, Sie.«
    Beauvois schnellte hoch, setzte sich ganz aufrecht, sein Tonfall wechselte abrupt. Er sprach scharf, dabei immer noch ganz selbstgefällig.
    »Das ist grotesk, Monsieur. Sie werden mich nicht verdächtigen. Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen.«
    Dupin erinnerte sich an das kurze

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