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Bretonische Verhältnisse

Bretonische Verhältnisse

Titel: Bretonische Verhältnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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Central genommen, sondern war durch die Galerienstraße gegangen, dann rechts, über die Treppen und die schmalen Wege, den Hügel ganz hochgelaufen. Er hatte beim Gehen wieder und wieder in seinem Clairefontaine geblättert und wäre ein paar Mal fast böse gestolpert. Es war ihm nichts ins Auge gesprungen, das seine vage Unrast erhellt hätte, gar nichts. Er hatte dann Kadeg angerufen und erklärt, was vorgefallen war (Kadeg war durch Vorfälle dieser Art nicht zu beeindrucken). Sie hatten Riwal einen Wagen aus Pont Aven geschickt; Bonnec war gefahren. Beauvois war auf dem Weg nach Quimper, da würde er vielleicht reden.
    Kadeg hatte knapp von den letzten Ergebnissen berichtet. Madame Lajoux hatte Sauré als den Mann identifiziert, den sie vor dem Hotel in einem Gespräch mit Pennec gesehen hatte. André Pennec hatte sich, so rigoros Kadeg darauf gedrängt hatte – und in so etwas war er gut –, auf keine Uhrzeit festlegen lassen, zu der er heute Nacht aus Rennes zurück sein würde. »Berufliche Verpflichtungen«. Kadeg hatte ihm daraufhin angekündigt, dass sie im Hotel auf ihn warten würden und davon ausgingen, dass er noch vor Mitternacht eintreffen werde. Dupin hatte Kadeg damit beauftragt, sich am nächsten Tag Pennecs Aufenthalt in Rennes überall penibel bestätigen zu lassen und seinen Tag auf die Minute genau zu rekonstruieren. Und Madame Cassel wollte Dupin noch einmal sprechen. Kadeg wusste nicht, worum es ging.
    Dupin hatte noch etwas allein sein wollen und ein paar Minuten bewegungslos unten am Hafen gestanden, auf die Boote gestarrt, aber gar nicht viel von ihnen gesehen. Dann war er zum Hotel gelaufen, hatte kurz noch einmal mit Kadeg gesprochen und war die Treppe in den ersten Stock hinaufgegangen. Madame Cassel saß im Frühstücksraum, an dem Platz, wo sie heute Morgen schon gesessen hatte; Dupin kam es vor, als sei es mehrere Tage her.
    »Bonsoir Madame Cassel – wir sind Ihnen sehr dankbar für Ihre Hilfe, Sie haben uns einen entscheidenden Hinweis gegeben. Wir haben den Einbruch in den Tatort letzte Nacht aufklären können.«
    »Wirklich? Das freut mich. Was ist passiert?«
    Dupin zögerte.
    »Entschuldigen Sie meine neugierige Frage. Das unterliegt natürlich der polizeilichen Diskretion.«
    »Ich …«
    »Das verstehe ich. Wirklich. Ich freue mich, dass ich helfen konnte.«
    Madame Cassel sah müde aus, auch für sie waren das jetzt vierundzwanzig Stunden »Einsatz« gewesen.
    »Ach – wissen Sie, ich – Sie sollten es wissen, Sie könnten uns …«
    Dupin hatte das Gefühl, ihr ein paar Erklärungen schuldig zu sein. Marie Morgane Cassel blickte den Kommissar amüsiert an.
    »Haben Sie Hunger, Monsieur Dupin? Ich habe einen Bärenhunger.«
    »Hunger? Ehrlich gesagt, ja. Sehr. Ich bin heute nicht zum Essen gekommen, ich … Ich muss ohnehin auf eine Person warten, die nicht vor Mitternacht eintreffen wird«, er schaute auf seine Uhr, »das sind jetzt noch eineinhalb Stunden.«
    »Ich wollte Ihnen noch etwas sagen, zu dem Bild und Charles Sauré.«
    »Umso besser, dann haben wir ein dienstliches Gespräch und essen etwas dabei.«
    »Sehr gut. Sie wissen sicher, wo wir hier hingehen können.«
    Dupin dachte nach.
    »Wissen Sie was? Kennen Sie Kerdruc? Das sind nur zwei, drei Kilometer den Fluss hinunter, fünf Minuten mit dem Wagen. Das ist ein hübscher kleiner Hafen und ein wunderbares, ganz einfaches Restaurant; man sitzt direkt am Fluss.«
    Madame Cassel schien ein wenig überrascht von Dupins Elan. Dupin hatte nicht die geringste Lust, den Fuß noch einmal in eins der touristischen Restaurants zu setzen und ebenso wenig, in Beauvois’ Mühle zu gehen. Er wollte raus.
    »Sehr gerne. Lange kann ich nicht, ich habe morgen früh eine Vorlesung, um neun schon. Aber etwas essen wäre wirklich gut. Und das klingt schön. Kerdruc.«
    »Wir nehmen meinen Wagen.«
    Marie Morgane Cassel stand auf. Gemeinsam gingen sie zur Treppe.
    Kadeg stand an der Rezeption.
    »Sie gehen noch einmal weg?«
    »Wir müssen noch etwas besprechen, Madame Cassel und ich – rufen Sie mich an, sobald André Pennec hier eintrifft.«
    Kadeg blickte verdrießlich.
    »André Pennec könnte auch schon früher kommen, Monsieur le Commissaire.«
    »Dann rufen Sie mich an, wenn er da ist.«
    Die Landschaft wurde immer verwunschener, die schmalen Sträßchen hinter Pont Aven führten in dichte Wälder, von Misteln und Efeu schwer beladene Bäume, verwachsen und vermoost. Zuweilen waren die Bäume oben wieder

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