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Bretonische Verhältnisse

Bretonische Verhältnisse

Titel: Bretonische Verhältnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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ja recht. Es war an sich eine gute Idee.
    Delon blickte jetzt sehr ernst.
    »Das hätte er früher tun sollen. Das mit der Schenkung. Unbedingt. Ich hatte immer Angst, dass noch mehr Menschen von dem Bild erfahren würden. Wenn mehr als zwei etwas wissen, wissen es irgendwann alle.«
    »Sie haben recht.«
    »Pennec hatte nie Angst. Das war merkwürdig. Vor gar nichts hatte er Angst.«
    »Sehen Sie bei einer Person ein besonderes Motiv – ich meine, ein besonders starkes Motiv?«
    »Bei so viel Geld gibt es immer ein besonderes Motiv, bei jedem.«
    Alle Sätze Delons heute Abend hätte er selbst sagen können, dachte Dupin.
    »Wie haben Sie das Verhältnis von Vater und Sohn wahrgenommen?«
    »Das mit seinem Sohn war eine Tragödie.«
    Delon füllte noch einmal Wein nach.
    »Eine große Tragödie. Alles. Die Geschichte der beiden. Jetzt der Tod. Das war ein trauriges Leben.«
    »Was meinen …«
    Dupins Handy schrillte in voller Lautstärke. Es war fürchterlich. Riwals Nummer. Widerstrebend nahm er ab.
    »Monsieur le Commissaire?«
    »Ja?«
    »Sie sollten sofort kommen und sich das ansehen.«
    Riwals Stimme überschlug sich fast vor Aufregung.
    »Was ist passiert?«
    »Wir haben das Bild aus dem Rahmen geholt, Madame Cassel und ich. Sie hat – spezielle Geräte mitgebracht. Wir haben eine Signatur gefunden auf der Kopie.«
    »Ja?«
    »Frédéric Beauvois.«
    »Beauvois?«
    »Ja. Genau.«
    »Er hat das Bild gemalt? Er hat es kopiert?«
    »Ja. Wir haben die Signatur im Baum gefunden, in den Ästen, sehr verborgen, aber eindeutig. Wir haben die Unterschrift mit der auf einigen Rechnungen verglichen, die er Pierre-Louis Pennec geschrieben hatte. Es besteht kein Zweifel.«
    »Malt er denn?«
    »Anscheinend. Madame Cassel meint, es sei eine ganz ausgezeichnete Arbeit.«
    »Ich weiß.«
    »Mir scheint das – ich meine, ich habe kein gutes Gefühl.«
    »Sind Sie sich ganz sicher?«
    »Mit meinem Gefühl?«
    »Dass es Beauvois ist?«
    »Mit der Signatur? Ja. Madame Cassel ist sich ganz sicher. Frédéric Beauvois ist der Kopist dieses Bildes.«
    »Ich komme. Wir treffen uns am Hotel.«
    Dupin überlegte kurz.
    »Nein. Wir gehen direkt zu Beauvois. Ich gehe sofort los. Wir sehen uns dort.«
    »Gut.«
    Delon hatte während des Telefonates in aller Ruhe weitergegessen, er war vollkommen unbeeindruckt geblieben.
    »Ich muss gehen, Monsieur Delon.«
    »Habe ich mir gedacht.«
    Dupin stand auf.
    »Bleiben Sie sitzen.«
    »Nein, nein.«
    Delon stand auf und begleitete Dupin die wenigen Meter zur Tür.
    »Ich danke Ihnen für das sehr gute Essen. Ich meine, natürlich auch für das Gespräch.«
    »Sie haben nicht viel gegessen.«
    »Nächstes Mal.«
    » Au revoir. «
    Dupin versuchte sich zu orientieren. Es konnte nicht weit sein zu Beauvois, aber die kleinen Straßen und Gässchen der Altstadt waren auch hier unübersichtlich eng und verwinkelt. Dupin beschloss, die Hauptstraße hinunterzugehen. Er brauchte fünf Minuten. Als er ankam, stand Riwal ein paar Meter vom Haus entfernt und wartete schon. Das Tor zum Vorgarten war geschlossen.
    »Klingeln wir.«
    Nichts geschah. Riwal klingelte ein zweites und drittes Mal.
    »Gehen wir zum Museum.«
    »Wissen Sie, dass er da ist?«
    »Wir versuchen es einfach. Wo ist Madame Cassel?«
    »Im Hotel. Ich habe sie gebeten, im Hotel zu warten.« Dupin musste lächeln. Riwal sah ihn etwas verwundert an.
    »Ist etwas, Monsieur le Commissaire?«
    »Nein, nein. Gar nichts.«
    Sie gingen schnellen Schrittes den Weg zurück, am Central und am Place Gauguin vorbei die Straße zum Museum hoch. Es waren vom Hotel nicht mehr als hundert Meter. Der Eingang lag im modernen Teil des Gebäudes, einer ambitionierten, hässlichen, weiß gestrichenen Beton-Stahl-Glas-Konstruktion, die an das alte Hotel Julia angebaut worden war.
    Die Tür war verschlossen. Riwal klopfte sehr vernehmlich. Nichts geschah. Er klopfte ein zweites Mal, noch rabiater. Es gab keine Klingel. Wieder geschah nichts, Riwal trat ein paar Meter zurück. Links vom Museum lag eine Kunstgalerie und eröffnete einen ganzen Kunstgalerien-Reigen – eine Galerie neben der nächsten, vielleicht zehn, fünfzehn auf engstem Raum, die ganze kleine Straße entlang. Ein paar Schritte rechts von dem Eingang war in einer tristen Betonnische eine weitere Tür zu sehen, mächtig und aus Stahl, die aussah, als würde sie zu den technischen Installationen des Museums führen.
    »Ich versuche es hier.«
    Direkt neben der Tür war – seltsam weit unten –

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