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Brezeltango

Brezeltango

Titel: Brezeltango Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Kabatek
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und küsste mich auf die Wange. Seine Lippen blieben etwas länger dort liegen als normalerweise üblich.
    Ich sah zu, wie Tariks Wagen in der Nacht verschwand. Dann hüpfte ich übermütig auf und ab. Der absolute Wahnsinn! Ich war eine Muse! Ich hatte einen berühmten Künstler inspiriert! Im Geiste sah ich Tarik, wie er auf der nächsten Documenta ein Interview für
Arte
gab: »Natürlich freut es mich sehr, dass die Installation mit den Tango tanzenden Würsten als das herausragendste Kunstwerk dieser Documenta gehandelt wird. Ohne meine Muse Pipeline Praetorius würde es die Installation übrigens nicht geben. Ich weiß gar nicht, wie ich früher ohne sie arbeiten konnte!«
    Beschwingt öffnete ich die Tür. Im Haus war alles dunkel und still. Kein Wunder, es war ja schon nach Mitternacht und Lila musste früh raus. Rasch putzte ich meine Zähne und schlich ohne Schuhe die Treppe hinauf, um Lila nicht zu wecken. Leise schloss ich meine Zimmertür.
    »Schnürpf-pffff.«
    Ich schrie auf und fuhr herum. Jemand lag in meinem Bett. Leon. Leon, den mein Aufschrei geweckt hatte und der mich jetzt verschlafen anblickte.
    »Hallo, mein Sonnenschein«, sagte er schlaftrunken.
    »Leon! Du hast mich fürchterlich erschreckt!«
    »Ich hatte solche Sehnsucht nach dir. Und weil morgen sowieso nicht mehr viel passiert wäre außer Frühstück, habe ich Sören überredet, heute Abend zu fahren. Ich wollte dich überraschen. Freust du dich denn gar nicht?«
    »Doch, natürlich«, rief ich aufgeregt. »Ich ... ich bin nur fürchterlich erschrocken. Ich habe ja überhaupt nicht mit dir gerechnet!«
    Wieso hatte ich so ein schlechtes Gewissen? Es war doch überhaupt nichts passiert zwischen Tarik und mir. Trotzdem. Es wäre mir lieber gewesen, eine Nacht Abstand zu haben, bevor ich Leon wieder traf.
    »Dann komm doch her«, sagte Leon sanft und streckte die Hände nach mir aus.
    Ich ging zum Bett und ließ mich in seine Arme fallen, angezogen, wie ich war. Leons Arme waren so vertraut. Und seine Küsse auch. Leon schnupperte. Dann schob er mich ein Stück von sich.
    »Du riechst ... nach Aftershave«, sagte er langsam. »Einem sehr aufdringlichen Aftershave. Wo kommst du überhaupt her, so spät? Lila hatte keine Ahnung, wo du steckst.«
    »Ich habe deine Geranien gegossen«, sagte ich hastig.
    »Du meinst das, was von ihnen übrig war. Außerdem war mein Bosch-T-Shirt im Müll, total verdreckt und nach Hund stinkend. Line, gibt es irgendetwas, das ich wissen sollte?« Er sah mich beunruhigt an.
    Ich löste mich aus seinen Armen und setzte mich auf die Bettkante. »Das mit dem T-Shirt war ein kleiner Jogging-Unfall«, sagte ich betreten. »Ich wollte dich mit meiner großartigen Form überraschen. Ich ersetze es dir natürlich.«
    Leon grinste, wie ich erleichtert zur Kenntnis nahm.
    »Und heute Abend? Das Blumengießen ist doch schon ewig her.«
    »Ich war tanzen«, sagte ich.
    »Aha«, sagte Leon.
    »In der Reinsburgstraße war zufällig eine Vernissage. Ich habe den Künstler kennengelernt und wir sind tanzen gegangen. Das ist alles.«
    »Aha«, sagte Leon wieder. Dann schwieg er.
    »Leon, es ist überhaupt nichts passiert«, sagte ich ärgerlich. »Wir haben Tango getanzt, nichts weiter.«
    »Tango. Ich wusste nicht, dass du Tango tanzt. Ich wusste auch nicht, dass du zu Vernissagen gehst.«
    »Ich gehe auch nicht zu Vernissagen, und ich tanze keinen Tango.«
    »Aha.«
    »Was soll das heißen, dieses blöde Aha?!«
    »Aha soll heißen, du denkst, ich komme erst morgen, und gehst mit einem anderen Mann Tango tanzen, obwohl du gar nicht tanzen kannst. Findest du das nicht seltsam?«
    »Nein, das finde ich nicht seltsam!«, rief ich aufgebracht. »Wir führen doch schließlich eine moderne Beziehung! Ich werfe dir ja auch nicht vor, dass deine Exfreundin auf dem Handyfoto war und du mit keinem Wort erwähnt hast, dass sie mit zum Mountainbiken geht!«
    Irrte ich mich, oder wurde Leon rot?
    »Was spielt das für eine Rolle?«, rief er ärgerlich. »Wenn ich was zu verbergen hätte, hätte ich dich dann gefragt, ob du mit in den Schwarzwald kommst? Hätte ich dir ein Foto geschickt, auf dem Yvette mit drauf ist? Findest du nicht, du könntest ein bisschen mehr Vertrauen zu mir haben? Und außerdem fand Yvette es richtig schade, dass du nicht dabei warst!«
    Falsche Schlange. Ich konnte mir die Situation lebhaft ausmalen: »Wie schade, dass Lise, äh ... Line nicht mitgekommen ist! Aber sie hätte sich bestimmt nicht wohlgefühlt, so

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