Brian Lumleys Necroscope Buch 3: Blutmesse (German Edition)
einzigen menschlichen Bewohner. Vergiss nicht, die Wamphyri sind menschlich. Nur der Vampir in ihnen macht aus ihnen diese fremdartigen Wesen, und Karens Vampir beherrschte sie noch nicht ganz. Also waren wir die einzigen Menschen dort oben; allerdings gab es da noch eine der Kampfkreaturen. Es war ein kleiner Vertreter dieser Sorte, höchstens so groß wie ein Schützenpanzer und genauso tödlich. Er bewachte das Treppenhaus zum daruntergelegenen Stock. So sehr vertraute Karen ihren Untergebenen!
Und dann befanden sich noch diese Wasserbeförderungsgeschöpfe in dem versteckten Raum oben. Aber das war alles.
In regelmäßigen Abständen – ich fand später heraus, dass es etwa alle vierundzwanzig Stunden stattfand – hielt Karen eine Lagebesprechung ab. Sie rief ihre Offiziere herauf, alle sieben, von denen keiner ein Ei in sich trug, hörte ihre Berichte an und gab Befehle aus. Sie berichteten, wie sie Karens Aufträge ausgeführt hatten, ob es irgendwelche Abweichungen vom normalen Leben in der Felsenburg gab, empfahlen Maßnahmen und dergleichen mehr. Beinahe wie beim Militär. Karen machte eine sehr gute Figur dabei. Das waren übrigens die einzigen Gelegenheiten, bei denen ich Karens Männer ohne die Kampfhandschuhe zu sehen bekam. Ihr Krieger hatte den telepathischen Befehl von ihr erhalten, jeden zu zermalmen, der mit einem Kampfhandschuh ihr Stockwerk betreten wollte.
Aber lass dich von alledem, was ich dir über sie erzählt habe, nicht täuschen! Begehe nicht den Fehler, sie für schwach oder verwundbar zu halten! Denn das war sie zumindest physisch nicht. Sie war schließlich eine Wamphyri, und das war auch ihren Untergebenen stets bewusst. Sie wirkte – und vielleicht dachte sie auch noch so – wie eine junge Frau, doch das war nur äußerlich. In sich trug sie einen Vampir, und seine Kraft wuchs täglich. Sie wollte nicht ständig von ihren Leuten belauert werden, ob sie Anzeichen von Schwäche zeigte, und sie wollte auch nicht gezwungen sein, sie zu bestrafen, wie es im Falle von Corlis notwendig gewesen war. Dann hätte sie das Ungeheuer in ihrem Körper zu Hilfe rufen müssen, was sie nicht wollte. Sie fürchtete, wenn der Vampir einmal in ihr Überhand gewann, würde es für immer so bleiben. Das stimmt natürlich, denn es liegt in der Natur der Vampire. Karen ist dazu verflucht, sich irgendwann zu verwandeln, die gleiche Metamorphose zu durchlaufen, wie die anderen vor ihr.
Ich erinnere mich, dass ich Karen gegen Ende meiner Gefangenschaft in ihrer Festung einmal gefragt habe, was Corlis getan hatte, dass sie ihn in das Höllenland verbannen wollte. Da ich wohl die Einzige war, der sie vertraute und mit der sie sprechen konnte, hat sie mir die ganze Geschichte erzählt.
Corlis war der Größte unter Karens Männern gewesen, sowohl was die physische Seite betraf, wie auch in der Rangordnung innerhalb der Festung. Er war ewig mürrisch und ziemlich aufsässig – wohl das Wamphyri-Gegenstück zu einem Macho ... Selbst als Traveller war er berüchtigt gewesen, vierzig Jahre zuvor! Dann war er bei einem Überfall gefangen genommen worden und seither hatte er Dramal gedient, falls dienen die richtige Bezeichnung dafür ist. Weiß der Himmel, warum Dramal ihn um sich geduldet hat, aber bei den Wamphyri kann man so was nie genau sagen. Vielleicht hatte Dramal beabsichtigt, sein Ei an Corlis weiterzugeben. Doch das ist nur eine Vermutung.
Corlis war also kein echter Wamphyri, aber wenn je ein Mann das verdient gehabt hätte, dann er! Und das war ihm bewusst.
Die meisten Menschen würden davor zurückschrecken, aber Corlis nicht. Er wollte ein Ei haben und die Macht, die es mit sich brachte. Er wollte zum Lord unter den Wamphyri aufsteigen und die Festung beherrschen. Nichts hätte ihm besser gefallen, als auf dem Rücken eines der Flugtiere in den Kampf zu fliegen und dabei seine Krieger zu befehligen. Doch während sich seine Kameraden als Wamphyri bezeichneten, wussten sie doch, dass sie lediglich untote Diener ihrer Vampirherrin waren. Und das war der Stachel in seinem Fleisch.
Er hatte Lady Karen dazu aufgefordert, ihn zum Truppenführer der Festung zu ernennen. Daraufhin hatte sie ihm erklärt, sie benötige keinen Truppenführer, weil sie keinen Krieg führe. Er wollte im Rang über den anderen stehen, musste sich jedoch sagen lassen, dass er dazu kein Recht habe. In einer Felsenburg konnte es nur einen Herrn – oder in diesem Fall eine Herrin – geben, und das war nun einmal sie . Dann
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