Brian Lumleys Necroscope Buch 3: Blutmesse (German Edition)
Helligkeit, aber allein schon die absolute Klarheit ihrer Oberfläche irritierte ihn. Es kam ihm vor, als blickte er in einen Fernseher, auf dem kein Programm lief. Der Saturnring um die Kugel lag jetzt hinter ihm, und Jazz ging über den schmalen Holzsteg. Verschmorte Balken unter seinen Füßen verrieten ihm, dass er jetzt an der Stelle angekommen war, an der der Krieger gestorben war, und es schien ihm, als höre er wieder den Schrei des Wesens: Wamphyri!
Und dann waren sie an der Kugel angekommen. Jazz blieb stehen und streckte eine Hand nach vorn. Seine Finger drangen problemlos in das Licht ein, es gab keinen Widerstand. Erst als er die Hand wieder zurückzog, spürte er einen seltsamen Widerstand, er fühlte, wie die Kugel an ihm zog. Sie wollte ihn nicht wieder gehen lassen, nicht einmal nach dieser kurzen Berührung. Er zog seine Hand wieder heraus, aber es kostete ihn Mühe.
»Stopp«, meinte Vyotsky direkt hinter ihm. »Sei nicht so ungeduldig, Engländer! Du brauchst das hier noch.« Er befestigte einen zylinderförmigen Aluminiumbehälter an dem Rucksack auf Jazz’ Rücken: Treibstoff für den Flammenwerfer. »Umdrehen!«, befahl er.
Jazz gehorchte. Vyotsky grinste ihn an. »Du bist ganz schön blass, Engländer! Mulmiges Gefühl, was?«
»Ein bisschen«, antwortete Jazz wahrheitsgemäß. Jetzt, wo es unabänderlich war, fühlte er sich ein wenig merkwürdig. Es würde noch viel schlimmer werden, aber im Augenblick konzentrierte er sich nicht auf seine Gefühle, sondern auf etwas ganz anderes.
Vyotsky musterte sein Gesicht einen Moment lang. »Ich weiß nicht, ob du ein Held bist oder einfach nur verdammt dumm! Egal, das hier gehört dir.« Er nahm das Magazin aus der Maschinenpistole und reichte ihm die Waffe. Dann sagte er vergnügt: »Willst du das hier auch noch haben, Engländer?« Er schüttelte das Magazin in seiner Hand, bis es klapperte. »Das würde dir jetzt viel gelegener kommen als die anderen, die du da im Rucksack hast, nicht wahr?«
Das hagere Gesicht des britischen Agenten war voll konzentriert, zeigte aber keinerlei Gefühlsregung. Plötzlich dachte Vyotsky: Hier stimmt etwas nicht! Er hörte auf zu grinsen und trat einen Schritt zurück.
Jazz’ rechte Hand fuhr in eine Tasche seines einteiligen Kampfanzugs und kam mit einem rostigen, aber brauchbaren Magazin wieder zum Vorschein. In einer einzigen gleitenden Bewegung klickte er das Magazin an seinen Platz und entsicherte die Waffe. »Stehen geblieben!«, fauchte er Vyotsky an.
Vyotsky erstarrte. Jazz schob sich nah an ihn heran und drückte die Mündung der Waffe unter sein Kinn. Er knurrte: »Komisch, aber du bist ein bisschen blass um die Nase, Ivan. Stimmt was nicht?«
Khuv rannte von der Saturnringplattform auf sie zu. »Nicht schießen!«, schrie er – nicht an Jazz gerichtet, sondern an die Soldaten auf dem Rundgang, die alle ihre Waffen auf den britischen Agenten gerichtet hatten. Als Khuv schliddernd stehenblieb, war er noch ungefähr drei Meter weit weg. »Michael«, keuchte er, »was haben Sie vor?«
»Ist das nicht offensichtlich?« Jazz genoss die Sache beinahe. »Ivan der Schreckliche hier kommt mit mir.« Er griff hart in Vyotskys Bart, drückte die Maschinenpistole fester gegen das Kinn des Russen und wich langsam zurück.
Vyotsky war blass wie der Tod. »Nein«, gurgelte er, aber er wagte es nicht, sich zu wehren; er konnte nicht riskieren, dass der Finger des Engländers einen zu großen Druck auf den Abzug ausübte.
»Oh doch, Ivan, du kommst mit – oder du stirbst sofort hier!«, erklärte Jazz ihm. »Mir ist das einerlei, ich habe nichts mehr zu verlieren.« Er spürte, wie die Außenhaut der Kugel an ihm zerrte.
Khuv kam näher, und Jazz hatte eine noch bessere Idee. »Sie kommen auch mit, Major. Oder ich erschieße Sie direkt durch diesen Mistkerl hindurch!«
Khuv reagierte schnell, Jazz hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da ließ er sich schon flach auf den Steg fallen und schrie: »Feuer! Feuer! Feuer!«
Jazz warf sich rückwärts in die Kugel und zerrte den stolpernden Vyotsky hinter sich her. Es war weiß dort drinnen. Ein reines Weiß, ein einheitlicher weißer Hintergrund, auf dem Jazz und Vyotsky die einzigen Fremdkörper bildeten. Sie rollten über einen anscheinend festen Boden, der unsichtbar war, weil er weiß war, wie alles andere. Schüsse fegten über sie hinweg in einem ohrenbetäubenden Donnergrollen, das einen Moment später verklang, als Khuvs Stimme, zu einem fast
Weitere Kostenlose Bücher